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Zwischen den Zeilen

Zwischen den Zeilen

Titel: Zwischen den Zeilen
Autoren: Benedikt Altmann , Berthold F. Bauer
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leiblichen jüngeren Bruder einst so grandios gescheitert war.
    »Was hast du da denn für eine Schweinerei auf deiner Backe? Nicolas?!«
    Erst jetzt erkannte auch ich, dass dort wohl jemand auf Nickis linker Backe mit einem breiten Filzschreiber den Schriftzug » Fuck you« hingepinselt hatte. Vielleicht Nickis ganz eigene Art hier gegen das herrschende System zu protestieren, ohne es dabei ganz unmittelbar direkt und offen heraus zu fordern.
    »Weiß nicht, muss mir wohl jemand drauf gemalt haben, als ich heut’ im Unterricht wieder mal eingepennt bin.«
    »Jetzt werd’ hier nicht auch noch frech! Du steckst hier schon genug in Schwierigkeiten. Mach es dir aber sofort nachher unten im Waschraum in eurer Gruppe weg! Sonst werden wir heute ja gar nicht mehr fertig. Draußen warten ja noch weitere zehn Burschen von deiner Sorte.«
    Nicki senke gehorsam seinen Blick.
    »Okay, rechte Hand ausstrecken.«
    Nicki tat es.
    Nun holte Buch ein Jahrzehnte altes, aber immer noch sehr robustes Holzlineal mit Tintenrinne aus seiner Schreibtischschublade hervor, und ich weiß heute noch genau wie damals, dass ich dachte »Oh Mann, Alter, in welchem alten Film bist du denn jetzt hier hineingeraten?«
    Buch prügelte Nickis Hand fünf mal heftig mit dem Holzlineal. Nicki verzog das Gesicht und machte »Mmmmmmmmmhhhhhhhppphhhhh«-Laute dazu. Bei jedem Schlag aufs neue vibrierte sein vorderes Anhängsel. Aber er heulte nicht.
    Buch stoppte kurz.
    »Und noch fünf dazu, wegen deiner viel zu langen Haare und der widerlichen Sauerei da auf deiner Backe. Von Woche zu Woche siehst du immer verwahrloster aus. Fast schon wie ein verlotterter schmuddeliger Junkie.«
    Nicki ertrug es mit Fassung. Bei jeden Schlag, bei jedem Zucken spürte ich immer wieder aufs neue, wie total gern ich ihn hatte. Mein Gott! Was war ich doch nur für ein Schlappschwanz.
    »War’s das jetzt, Herr Buch ?«
    »Ja, mach, dass du raus kommst. So wie ich dich kenne, stehst du nächste Woche ja sowieso wieder hier.«
    Nicki guckte mich an und rieb sich seine Hand .
    Als ich mit ihm hinaus auf den Gang trat, guckte ich ihm in die Augen. »Kommst Du bitte so gegen siebzehn Uhr dann noch mal in mein Büro ?«
    »Ja, mach ich. Darf ich jetzt endlich gehen ?«
    »Ja.«
    Ich machte meine Eintragungen in meiner Liste auf dem Klemmbrett.
     
    »Soooooo, der Nächste ist jetzt Florian aus der Vier.«
    Buch nickte mir zu. Ich machte neuerlich die Tür auf. Nicki war da schon wieder auf dem Weg den Flur runter, seine Jacke in der Hand. Er hatte sich schnell seine Stoffhose angezogen und sein T-Shirt übergezogen. Er drehte sich nicht um, obwohl er sicher genau gehört hatte, dass hinter ihm die Türe abermals geöffnet wurde. Nachher wollte ich in meinem Erzieherbüro nochmal alleine mit ihm reden.
    »Florian ?«
    Der Jugendliche, der sich vorher so beherzt und dabei so völlig verunsichert und irritiert an seinem vorderen Anhängsel festgehalten hatte , guckte mich groß an.
    »Ja. Kommst Du jetzt bitte mit rein ?!« - Ich versuchte freundlich und professionell zu bleiben.
    »Rein mit dir !« brüllte Buch schon.
    Florian kam rein und es gelang ihm natürlich nicht, die sich immer deutlicher festigende Peinlichkeit zwischen seinen Beinen irgendwie zu verbergen.
    Buch grinste etwas.
    »Sag deinen Namen, dein Alter, deine Gruppe, deine Klasse !«
    »Ich bin Florian Freudenberger, bin achtzehn, aus Gruppe Vier, Klasse 11bvon Herrn Zimpel, Fremdsprachenfolge: Englisch, Französisch. Mein Vater ist Landtagsabgeordneter, ich werde ihm ganz genau erzählen, was neuerdings hier so alles abgeht.«
    Buch lachte kurz.
    »Echt süß. Ja, wer kennt ihn nicht den allseits berühmten Dr. Freudenberger? Herr Bauer? Kennen Sie den Typen? «
    Ich schüttelte ehrlich meinen Kopf. Man kann ja schließlich nicht jeden einzelnen Landtagsabgeordneten kennen. Ich wusste schließlich ja eigentlich nicht einmal, aus welchem Bundesland Florian denn überhaupt stammte.
    »Da siehst du’s. Echt süß! Was dein Papa ist, ist mir hier scheißegal und im Übrigen, hat er den Pädagogischen Vertrag für dich hier auch unterschrieben; er weiß ganz genau, was wir hier machen. Außerdem, jetzt sag uns doch mal, warum du heute bestraft wirst !«
    Mit einem Grinsen guckte mich Buch kurz an. Ich hatte echt keine Ahnung. Florian wohl auch nicht.
    »Und stell dich gerade hin, wenn du hier schon Rede und Antwort stehst, Hände an die Seiten !«

    Zunehmend verwirrt nahm Florian seine Hände an die Seiten und sein
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