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Zwischen den Zeilen

Zwischen den Zeilen

Titel: Zwischen den Zeilen
Autoren: Benedikt Altmann , Berthold F. Bauer
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Professor, Lehrstuhlinhaber oder Institutsdirektor. Und für den Rest dieser Woche sind nun mal leider schon alle Plätze vergeben. Beschweren sie sich doch am besten gleich direkt beim Minister darüber, dass er uns nicht noch mehr Gelder für die Digitalisierung unserer alten Handschriften bewilligt hat. Der nächste Haushaltsplan dafür wird aber leider erst im übernächsten Jahr verhandelt.«
    Dann lächelte sie mich an und öffnete zwei oder auch drei mehr Knöpfe an ihrer Bluse, als für einen Besuch in einer Universitätsbibliothek eigentlich angemessen gewesen wären. »Aber Sie haben da doch ganz bestimmt einen gewissen Ermessensspielraum. Hm? Her Bauer? Jetzt sind Sie halt nicht gar so!? Gibt es denn da gar keine Möglichkeit?«
    Damit war das Maß nun aber endgültig voll. Ich wurde von dieser Frau hier nicht nur gerade belästigt sondern zugleich auch noch diskriminiert. Jeder Angestellten hier, der so etwas passierte, wäre sofort zu ihrer Frauenbeauftragten gerannt und von denen gab es hier gar reichlich. Jede Fakultät hatte ihre eigene Frauenbeauftragte und jede Zentrale Betriebeinheit hatte ihre eigene Frauenbeauftragte, die penibel darüber wachten, dass nur ja keiner Frau hier je ein wie auch immer geartetes Unrecht geschah. Nicht zu vergessen dann auch noch diese fürchterliche, gerade neu installierte Universitätsfrauenbeauftragte, die das Ganze dann auch noch hauptberuflich von ganz oben her beaufsichtigte.
    Ich aber fühlte mich im Stich gelassen und schlug dieser aufsässigen Doktorandin dann auch lautstark und konsequent meine Türe vor der Nase zu. Sollte sie sich doch ruhig unten einen Termin für die kommende Woche geben lassen. Beschweren würde sie sich nach ihrem Auftritt gerade eben aber ganz sicher nicht, diese blöde Kuh. Dessen war ich mir absolut sicher.
     
    In der Stille meines Büros blickte ich dann grinsend auf den morgigen Benutzerplan für den Handschriftenlesesaal. Als einziger Leser war dort Daniel eingetragen. Wieder mal Daniel. Wer denn auch sonst? Ab zehn Uhr vormittags. Ende offen.

 
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Warum ich dies nun alles hier so viele Jahre später noch berichte, hat natürlich einen ganz besonderen Grund. Vor etwa zwei Wochen nahm ich in der Cafeteria gegenüber der Bibliothek wie üblich nach dem Mittagsessen meinen Espresso zu mir, da meinte ich zwei Tische weiter jemanden zu erkennen, ohne zunächst genau zu wissen, wer er war.
    Vertieft in ein Gespräch mit einem Doktoranden saß dort jemand, der tatsächlich genauso aussah wie … wie Herr Buch, dem ich einst vor vielen Jahren auf diese für mich absolut unvergessliche Weise im Internat begegnet war. Und je länger ich hinüber blickte, umso klarer wurde es. Es handelte sich dabei ganz eindeutig um genau eben diesen ganz bestimmten Herrn Buch. Gar kein Zweifel. Ich konnte es zunächst absolut nicht fassen. Er sah noch genau so aus wie früher. Ich hatte ihn zunächst nicht sofort erkannt, weil man im Unterbewussten wohl doch einkalkuliert, dass sich ein Mensch im Laufe all dieser Jahre doch irgendwie verändert. Nicht so Herr Buch. Er wirkte auf mich ebenso schlank und drahtig, ja sogar noch eine Spur dynamischer und frischer, als ich ihn damals kennen gelernt hatte. Dabei müsste er jetzt jedoch schon längst in Pension sein, oder?
    Ohne mein Tablett abzuräumen, taumelte ich unter den bösen Blicken der beschürzten Büffetkräfte hinauf in mein Büro und jagte an meinem Dienst-PC den Suchbegriff » Herr Buch « durch das Universitätsnetz.

 
     
     
     
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    Prof. Heinrich Buch
    Studiendirektor i. R.
    Honorarprofessor für Didaktik der Physik
    Lehrbeauftragter für Didaktik der Mathematik
    Gebäude R05 Zimmer 012
    Sprechzeiten: Mo- Fr 8.00 - 9.30
    Keine Anmeldung erforderlich
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    Als der Bildschirm das anzeigte war ich fassungslos. Seit einigen Wochen wirkte Buch also hier nun nach seiner Pensionierung als Lehrer als Honorarprofessor. Ausgerechnet hier. Ausgerechnet an meiner Universität. Nahm es denn nie ein Ende? Am liebsten wäre ich jetzt laut schreiend draußen auf dem Flur herum gerannt. Aber damit wartete ich dann doch besser zum Ende der Kernarbeitszeit, obwohl verhaltensauffällige Akademiker hier gar nicht so selten waren.
    Denn seit Jahren führten mich nunmehr absolut ungute Träume immer wieder zu jenem Nachmittag zurück, als Buch mich irgendwie dazu gebracht hatte, Florian auf diese so unwürdigende und dabei absolut
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