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Zwischen den Zeilen

Zwischen den Zeilen

Titel: Zwischen den Zeilen
Autoren: Benedikt Altmann , Berthold F. Bauer
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mich dafür entschuldigen, dass ich das jetzt hier so unverblümt und direkt ausspreche, aber es gibt einfach keine andere Möglichkeit, um die Dinge hier einmal ganz klar beim Namen zu nennen. Ein Dreizehner in Zivil kontrolliert das dann. Ist er nicht überzeugt davon, dass diese Anweisung auch wirklich erfüllt wurde, so müssen sie beide sich vor seinen Augen nochmals gegenseitig oder ein jeder für sich erneut einen runter holen.
    Dann betritt irgendwann in der Dunkelheit plötzlich lautstark und unangemeldet ein Kommando aus Dreizehnern in diesen schwarzen Originaluniformen, die jene ganz speziellen, inzwischen aber schon längst pensionierten Lehrkräfte hier einst in den 1960er Jahren zurückgelassen haben, das Zimmer. Und ja, es sind genau diese Uniformen, die mit dem Totenkopfemblem und der roten Armbinde.
    Die beiden erwischten Jugendlichen werden dann vom schwarzen Kommando unter üblen Kommentaren lautstark erst nackt über den Flur und dann hinaus ins stockfinstere Gelände getrieben. Und zwar bei jeder Witterung. Dort geht es dann weiter immer noch nackt auf einen kleinen Hügel hinauf, wo im feurigen Schein mehrerer Fackeln schon eine tiefe Mulde vorbereitet ist. Hier müssen sich nun der Tutor und sein Untergebener zusammen an den Rand hinknien und die Hände hinter dem Kopf verschränken. Das sollte ja kein Problem sein, wenn man vorher im Lauf des Jahres einmal bei Herrn Buch in die Lehre gegangen ist. Dann werden sie jeweils mit einem Schuss von hinten direkt auf die nackte Haut aus einem Paintballgewehr »hingerichtet« und lassen sich »tot« in die ausgehobene Grube hinabfallen, wo sie zunächst alle absolut still liegen zu bleiben haben.
    Die heftigen Blutergüsse, in die die Prellungen durch die Paintballgeschosse dann nach einigen Tagen auf Rücken oder Schultern der Jugendlichen übergehen, werden von ihnen dann meist für den Rest des Schuljahres stolz wie eine Trophäe getragen.
    Das Ganze wiederholt sich nun bei jedem Tutor und seinem ihm anvertrauten Elfer, bis sie alle »mausetot« zusammen auf-, über- und untereinander dort im Graben liegen.
    Dann fängst das schwarze Kommando damit an, die Mulde langsam zu zuschaufeln. Mosert jemand unten rum, wir er gleich noch mal »erschossen«.
    Nach einigen Schaufeln Erde wird diese ganze Aktion jedoch meist vorzeitig beendet. Also wie gesagt: Meistens. Manchmal aber eben auch nicht …. Das kommt ganz auf die Laune des Kommendanten an. Und dann wird es echt hart für die Verurteilten dort unten ….
    Schließlich erheben sich Elfer und Zwölfer, Tutoren und Untergebene dann am Ende dieser Aktion aber letztlich doch gleichsam neugeboren und von jetzt an gleichberechtigt aus ihren Gräbern .
    Danach gehen alle »hingerichteten« Elfer und Zwölfer zusammen gemeinschaftlich in den Umkleidebereich der Sporthalle zum Duschen, bevor dann unten im Arierkeller extrem heftig und bedingungslos lautstark unter den anfänglichen Klängen von » Die Walküre « ( III. Aufzug ) bis zum Morgengrauen gefeiert wird. Die Dreizehner stoßen dann später dazu, jetzt natürlich wieder in Zivil. Es ist eine Besonderheit, dass hier an dieser Schule die Abiturienten aus der Dreizehnten auch wirklich ganz bis zum Schuljahresende bleiben und nicht etwa, wie sonst oft üblich, schon Ende Mai in den weit verbreiteten, oft völlig sinnlosen Abisaufurlaub in der Sonne aufbrechen. Diese Zeit wird dann hier genutzt, um sich schon ganz konkret auf das anstehende Studium im Herbst vorzubereiten, um einmal selbst stundenweise zu unterrichten und damit die Fähigkeit der freien Rede vor Publikum zu verbessern oder ganz einfach um die eigene Schulzeit langsam ausklingen zu lassen und eben gerade nicht schlagartig und abrupt schon sofort nach den Abiklausuren einen scharfen und für viele oft auch sehr ungesunden Bruch zu setzen.

 
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Natürlich sagte ich Nicki, dass ich gerne im Sommer zur Langen Klosternacht kommen würde. Klar. Es würde bestimmt saugeil werden. Das war zwar gelogen, aber er freute sich offenbar schon jetzt so unbändig drauf, er freute sich so sehr auf den Moment, wenn er und Andi zusammen erwischt und dann zur Hinrichtung abgeholt werden würden. Und er wollte es so gerne dann alles mit mir teilen in dieser ganz besonderen Nacht.
    Am Ende dieser Woche ließ ich meinen voll gepackten neuen schwarzen Peugeot 306 am späten Freitag Nachmittag langsam die sanfte Steigung in Richtung Staatsstraße hinunter gleiten. Ich hatte mich
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