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Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande
Autoren: Erin Kellison
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wechseln. Jetzt waren sie genauso dunkel wie ihr Schatten.
    Die Frau sah sie noch einmal prüfend an. »Was sagten Sie, wie Sie heißen?«
    Ich habe nichts gesagt .
    Aus dem Augenwinkel sah Talia, wie Mel nach dem Telefon griff. »Mir reicht’s«, verkündete sie laut. »Wenn das irgendein dummer Streich ist … «
    Talia wusste, dass es das nicht war. Ihre schlimmste Befürchtung wurde wahr. Diese schrecklichen Leute wussten, dass sie anders war, und sie würden alles kaputt machen. Sie würde nie einen Ort für sich finden. Keine Universität. Nichts. Nicht einmal, wenn sie nur ihre Nase in Büchern vergraben und niemanden stören wollte.
    Talia sah Melanies Finger 9-1-1 drücken. Es war lächerlich, nach Hilfe zu rufen. Die kreischenden Sirenen konnten nicht rechtzeitig hier sein. Alles jenseits der Wohnungstür war Welten zu weit entfernt.
    Innerhalb eines Wimpernschlags war der breite Mann bei Mel. Er schlug ihr das Telefon aus der Hand, fing den Hörer auf und legte ihn zurück auf die Gabel. Seine andere Hand schoss nach vorn und schloss sich fest um Melanies Hals.
    Sein Mund formte die Worte: »Kommt nicht infrage«, aber seine Stimme ging in dem Lärm unter.
    Melanie trat um sich und fuchtelte mit den Armen, während ihr Gesicht rot anlief.
    Oh, nein. Oh, bitte … Talia stürzte vor und schrie über den ansteigenden Bandlärm hinweg. »Lassen Sie sie los. Ich bin Talia O’Brien.« Sie klammerte sich an das Handgelenk des Mannes, um ihn von Melanies Hals wegzuzerren. Eine heftige Übelkeit stieg in ihr hoch, als würde sich ihr Magen mit heißem Teer füllen. Der Mann fühlte sich widerlich, böse und gemein an.
    Talia drehte den Kopf zu seiner Partnerin herum. »Sagen Sie ihm, dass er aufhören soll.«
    Die Frau lächelte herablassend. »Ms O’Brien. Es ist mir eine Ehre, Ihnen zu dienen. Mein Meister bittet Sie um Vergebung und freut sich darauf, Sie persönlich kennenzulernen.« Sie wandte sich an ihren Begleiter. »Bring das zu Ende, Grady. Wir müssen los.«
    Grady hob Melanie vom Boden hoch.
    »Aufhören!« Der Raum verdunkelte sich, aber Talia konnte nichts tun. »Lassen Sie sie runter!« Melanies Gesichtsfarbe war inzwischen beinahe dunkelrot. »Bitte lassen Sie sie los. Ich werde tun, was immer Sie wollen.«
    »Das werden Sie sowieso«, erwiderte die Frau. »Grady ist hungrig. Wenn er jetzt nichts zu essen bekommt, wird er mich den ganzen Rückweg nerven, damit ich für einen kleinen menschlichen Imbiss anhalte. Das ertrage ich nicht.«
    Melanies Augen flackerten, als erlebte sie bei vollem Bewusstsein eine Tiefschlafphase.
    Talia hing sich an Gradys ausgestreckten Arm und versuchte, ihn mit ihrem Gewicht herunterzudrücken. Er rührte sich nicht und lächelte lediglich über ihren Versuch. Sie trat nach ihm. Er schien aus Fleisch und Blut zu bestehen, fühlte sich aber an wie ein Stein.
    Die Frau packte Talias Schulter und riss überraschend kräftig daran, sodass Talia zurücktaumelte.
    »Sie können ihm nichts anhaben«, erklärte die Frau. »Der Versuch ist zwecklos.«
    Talia wischte sich die Tränen der Verzweiflung weg, die ihren Blick verschleierten. Bitte mach, dass das ein Albtraum ist.
    Dann öffnete Grady den Mund. Weiter und weiter. Absolut nicht menschlich. Er bleckte die Zähne, alle scharf und spitz und seltsam lang, und zog Melanie an sich. Er stülpte seinen Mund über ihren.
    Schockiert hielt Talia die Luft an und erstarrte. Sie spürte ein Ziehen in der Magengegend. Ein Sog, der an Leben und Seele zerrte. Nicht an ihrer, die behaglich in ihrem Körper ruhte. Melanies Sein wurde herausgerissen und ihr Geist derart geschändet, dass Talia den Schmerz in ihrem Kopf und ihrem Herzen spürte.
    Als Talia schrie, breitete sich vollkommene Dunkelheit aus.
    Sie hatte jedoch schon immer auch in der Dunkelheit alles erkennen können. Durch die Schatten wirkten die Farben intensiver, und die Formen erhielten eine zusätzliche Dimension. Die vollkommene Dunkelheit brachte eine sinnliche Welt zum Vorschein, so verführerisch und zugleich einschüchternd, wie man es sich nur in den schillerndsten Fantasien vorstellen konnte.
    Sie konnte also alles sehen.
    Ihren Schrei begleitete eine seltsame Energie, die brennend ihren Hals hinaufkroch, um die Welt zu zerreißen. Diese Energie zerrte an den dunklen Schatten und riss ihren Schutzumhang in Fetzen, die sich wie im Sturm eines wütenden Windes in heftig zitternde Rauchwölkchen auflösten. Aus dem Wind, mitten aus dem Höllensturm, erhob sich
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