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Neobooks - Transalp 9

Neobooks - Transalp 9

Titel: Neobooks - Transalp 9
Autoren: Marc Ritter , CUS
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    BUCH 9
    SONNTAG, 15. JULI 2012
Fedaiasee, 2055 Meter, 6.25 Uhr
    A m Stausee unter der Marmolata fällte Spindler eine Entscheidung, die ihm nicht leicht fiel: Er würde nicht weiter zu Fuß gehen. In diesem Tempo konnte es noch eine knappe Woche bis Venedig dauern. So viel Zeit, das spürte er, hatte er nicht mehr. Außerdem die große Straße ins Tal hinab – zu gefährlich in den Vormittagsstunden. Da könnten sich allerlei zwielichtige Gesellen herumtreiben, denen er lieber nicht begegnen würde. Die dann auch Zugriff auf Autos hätten, was bei ihm nicht der Fall war. Motorisieren wollte sich Spindler aber nicht, das ging gegen seine Ehre und gegen seinen Plan für sein kurzes verbleibendes Leben. Er wollte weiter aus eigener Kraft vorwärtskommen. Das ist das Einzige, was du noch vom Leben hast. Mit dem Auto spürst du nicht, dass du lebst. Wenn die Knie schmerzen und die Oberschenkel ziehen, die Schultern unterm Rucksack scheuern, die Zunge wie ein Löschblatt am Gaumen hängt und dazu die Augen jubeln, das ist Leben.
    Dutzende von Berg- und Rennrädern standen vor den diversen Unterkünften am Stausee aufgereiht. Die Frühaufsteher, die die Hitze des Tages vermeiden wollten, waren bereits zugange. Zehn Minuten später war Spindler mit einem kanariengelben Trikot, schwarzen Radlerhosen, Helm und cooler Radlerbrille ausgerüstet. Wie sich das anfühlte – dahinrollen! Den leichten Rucksack auf dem Rücken spürte er gar nicht. Anstelle der Trinkflasche am Fahrradrahmen hatte er eine Dose mit Sprayfarbe eingesteckt, die vor einem eingerüsteten Ferienhaus gestanden war.
    Boè-Hütte, 7.12 Uhr
    Plank saß bereits beim zweiten Kaffee, als Stephanie Gärtner in die Stube trat. Obwohl sie ausgeschlafen sein musste, sah sie zerknittert aus. Wortlos ging sie zum Tresen und holte sich ihr Frühstück. Genauso wortlos setzte sie sich Plank gegenüber und fing an zu kauen.
    »Guten Morgen, Frau Gärtner«, sagte Plank.
    Sie kaute und sagte immer noch nichts.
    »Nicht so gut geschlafen?«
    Sie nahm einen großen Schluck Kaffee und spülte damit das Brot hinunter. Mit müden Augen schaute sie ihn an. »Zwölf Stunden schlechter Schlaf sind schlimmer als gar keiner, Anselm. Ich Idiotin habe immer noch keine Ohrstöpsel. Im nächsten Dorf kaufe ich mir welche. Sag mal, schnarchen die Leute in der Höhe noch mehr als weiter unten?«
    »Ich hab nix gehört.«
    »Na, Glückwunsch.« Sie kaute weiter lustlos auf dem Weißbrot herum. »Wo gehts heute hin? Ich will mal duschen. Das ist hier ja wohl das Allerletzte. Das Wasser ist so kalt, dass du dich fragst, warum es nicht in Würfeln aus dem Hahn fällt. Und das Außenklo erst …«
    »Ich habe noch kein Rätsel hier herinnen gefunden. Wir werden mal wieder die Umgebung der Hütte absuchen müssen.«
    »Da isses eiskalt.«
    »Ja, aber hilft nichts. Bevor die Menschenhorden ankommen …« Plank stand auf, zog sich die Jacke über, schlüpfte in die Stiefel und ging nach draußen auf die Terrasse. Er hatte keine Lust, sich seine sowieso schon schlechte Laune durch eine miesepetrige, unausgeschlafene Stephanie ganz in den Keller ziehen zu lassen.
    Draußen musste er nicht lange suchen. Er fand das mit Kieseln ausgelegte Rätsel in der Ecke. Er machte zunächst zwei Fotos mit Stephanie Gärtners Smartphone, um es zu sichern.
     
    Außerdem rätselte es sich in der warmen Stube besser als auf dem Hochplateau, auf dem ein zapfiger Wind blies. Er ging wieder in die Hütte und setzte sich zu Stephanie an den Tisch. Er zeigte ihr die beiden Bilder. Auf einem hatte er das Gesamtarrangement des mit Kieseln ausgelegten Winkels, auf dem anderen den flachen Stein abgelichtet.

    »Dann war der diese Nacht da und wir haben da oben gepoft … Wobei, ich hätte auch vor der Hütte Wache schieben können. Das nächste Mal mache ich das.«
    »Großer Einsatzwille, Stephanie, aber ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Da draußen hat es nachts um die null Grad.«
    »Wenn man ein bisschen Gymnastik macht …«
    »Oder sich mit Yoga in Trance versetzt; das macht ihr jungen Frauen doch heutzutage so gerne.«
    »Wir machen das für Beweglichkeit und eine schnittige Figur. Um uns in Trance zu versetzen, ballern wir uns lieber Aperol Sprizz oder Hugo rein.«
    »Hugo? Wer ist das?« Plank wusste, dass das kein Mann aus Fleisch und Blut sein konnte, aber er fühlte doch wieder einen kleinen Eifersuchtsanfall in sich aufwallen.
    »Du mit deinem ewigen Bier. Hugo ist Prosecco mit Holundersirup
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