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Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande
Autoren: Erin Kellison
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Talia O’Brien. Doktorandin. Nein, vermutlich hat sie inzwischen schon ihren Doktortitel, von der … « Er blätterte zur Titelseite. »… Universität Maryland. Ich nehme an, sie hat ein Angebot erhalten und unterrichtet irgendwo. Ihr Fachgebiet ist – verdammt, sie hat sich beinahe mit allem beschäftigt – , aber versuch es mit Soziologie, Anthropologie, vielleicht Psychiatrie. Finde so viel wie möglich über sie heraus. Nimm dir, was du dazu brauchst.«
    »Ich kümmere mich sofort darum. Interessierst du dich aus einem bestimmten Grund für sie?«
    »In erster Linie, weil ihre Arbeit überragend ist. Du musst ihre Dissertation lesen. Wenn möglich noch heute Abend. Ich lege eine Kopie auf deinen Schreibtisch. Lass mich wissen, wenn du sie gefunden hast.« Adam musste zum Flugzeug. Eine seltsame Energie strömte durch seine Adern.
    »Muss gut sein. So begeistert hast du dich nicht mehr angehört seit … nun, seit Jahren.«
    »Das wird dir genauso gehen. Lies alle Fußnoten, dann wirst du schon sehen.« Adam beendete das Telefonat und bückte sich, um die Akten aufzuheben. Die Kalkulation musste er mitnehmen.
    »Talia O’Brien.« Jacob sprach den Namen gedehnt aus. »Hört sich irgendwie verklemmt an, Bruder. Ist eher mein Typ.«
    Adam blickte auf den Monitor. Jacob war aufgestanden und starrte streitlustig in die Kamera.
    »Ich wüsste, was ich mit ihr mache«, sagte Jacob grinsend. Mit einer übertriebenen Geste, die Lust signalisieren sollte oder Hunger oder beides, strich er mit der Zunge über seine Zähne.
    »Aber ich habe sie zuerst gefunden«, murmelte Adam und wandte sich ab. Er klingelte nach dem Wachmann.
    Der Raum hinter ihm bebte. Adam kannte das Geräusch: Jacob trat gegen die Zellentür. Gott hilf, dass die verstärkte Stahltür hält . Es folgte ein unmenschliches Kreischen. Nach sechs Jahren richteten sich noch immer Adams Nackenhaare auf. Keine Kugel und kein Schwert konnte dieses Monster aufhalten.
    Talia O’Brien.
    Vielleicht konnte sie ihm helfen, seinen Bruder zu töten.



2
    Talia ließ den Stoff der Seidenbluse für das Vorstellungsgespräch mit einem verzückten Seufzer durch ihre Finger gleiten, aber sie hatte keine Zeit herumzutrödeln. Ihr Blick zuckte zu dem Wecker auf ihrem Nachttisch: 16:12 Uhr. In etwas weniger als drei Stunden ging ihr Flug, und sie hatte erst die Hälfte der Sachen von ihrer Vorbereitungsliste gestrichen.
    Weiße Bluse, ja.
    Aus der Nachbarwohnung drang gedämpftes Männerlachen in ihr Schlafzimmer. Dienstagnachmittag. Jeden Augenblick würden die Kerle mit ihrer Bandprobe loslegen. Wie auf Kommando wummerte vorwurfsvoll eine Bassgitarre herüber, bu, dop, bu, dop-do. Eines der Gemälde mit den Märchenlandschaften ihrer Mutter vibrierte in seinem Rahmen. Genauso wie ihre Zähne.
    Nun, das musste sie nicht mehr lange ertragen.
    Talia ließ die Bluse über das Kostüm für das Vorstellungsgespräch gleiten, um es an dem Kleiderhaken in ihrem brandneuen Koffer zu befestigen. Allein der Anblick der Kleidung ließ ihr Herz höher schlagen. Zusammen mit den Schuhen, der Strumpfhose, dem Slip und den zwei aufeinander abgestimmten Blusen hatte sie das Ensemble beinahe einen Monatslohn gekostet. Im Ausverkauf. Aber sie bereute die Ausgabe kein bisschen, nicht wenn sie die Assistenzprofessur an der Universität von Berkeley bekam.
    Bitte, lieber Gott, lass mich diese Stelle bekommen. Seit Talia die Einladung zu dem Vorstellungsgespräch nach Berkeley erhalten hatte, ging ihr dieses stille Gebet ununterbrochen im Kopf herum, und ihr Herz schlug so heftig, dass es ihr beinahe aus der Brust sprang. Bitte, bitte, bitte, lieber Gott. Tu mir nur diesen einen kleinen Gefallen …
    »Klopf, klopf.«
    Talia drehte sich zur Tür herum und fand sich ihrer Mitbewohnerin Melanie gegenüber.
    Oh verdammt. Was jetzt? Eine Auseinandersetzung kurz vor ihrer Abreise war das Letzte, was Talia gebrauchen konnte. Die Anspannung kroch ihr Rückgrat hinauf, während die elektrische Gitarre nebenan eine schnelle Abfolge schriller Töne jaulte.
    Von ihrer glatt zur Seite gekämmten Frisur bis zu ihren hohen Absätzen schaffte es Melanie, mit ihrem Studentenbudget großstädtisch und raffiniert zu wirken. Sie hatte bereits Stellenangebote erhalten, obwohl sie bis zu ihrem Wirtschaftsabschluss noch ein Semester vor sich hatte. Sie hob eine perfekt gezupfte Augenbraue, während sie mit einer Hand eine dicke Tafel Godiva-Haselnussschokolade in die Höhe hielt. Eine himmlische, in goldene
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