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Rettungskreuzer Ikarus Band 042 - Gesandtschaften

Rettungskreuzer Ikarus Band 042 - Gesandtschaften

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 042 - Gesandtschaften
Autoren: Sylke Brandt
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Prolog II
     
    Hetty lehnte sich zurück und schloss die Augen in der Stille.
    Sie lächelte, aber die Geste erreichte nicht ihre Lippen. Eine schwere
Mattigkeit erfüllte sie, das Ergebnis langer Stunden voller harter, körperlicher
Arbeit in der Trinkwasseraufbereitung des Schiffes.
    Wobei Trinkwasser ein sehr dehnbarer Begriff war. Sie hatten alle Flüssigkeiten,
die eine ausreichende Haltbarkeit hatten, aus praktischen Gründen miteinander
in den gewaltigen Tanks vermischt. Das Ergebnis war eine hellgelbe, von nicht
zusammen passenden Aromen gesättigte Flüssigkeit, die zudem einen
geringen Teil Alkohol und andere Drogen enthielt.
    Nicht, dass Hetty davon etwas bemerken würde. Sie war sich fast sicher,
dass sie eine Flasche des von ihrem Vater so geliebten Valkos würde
trinken können – obwohl das Zeug fast Löcher in Tischdecken zu
brennen vermochte –, ohne sich auch nur angeheitert zu fühlen.
    Die Erinnerung eines Kicherns stieg in ihr auf und verklang. Nicht die besten
Voraussetzungen für eine dieser glanzvollen Partys, die sie früher
gerne gefeiert hatte. Aber sie hätte ohnehin nichts Passendes mehr anzuziehen
gehabt. Das feste Hemd, das sie jetzt trug, hatte sie von einem anderen Reisenden
geschenkt bekommen, als ihre eigenen Kleider über den Schultern zu reißen
begannen. Es war Arbeitskleidung, der Stoff stabil genug, um damit einen Gleiter
abzuschleppen. Kein Vergleich zu den Koffern voller Seiden und Flitterkram,
die sie früher getragen hatte.
    Hetty zog für einen Moment die Augenbrauen zusammen und überlegte,
wo sie ihr Gepäck verloren hatte, aber sie konnte sich nicht erinnern.
Auch ihr Ehemann war ihr abhanden gekommen. Ob er noch den Koffer trug?
    Wieder streifte Gelächter den Rand ihrer Gedanken, ein Echo früherer
Heiterkeit, die sie nicht mehr brauchte. Sie merkte, dass der Schlaf der Erschöpfung
zu ihr kam und kreuzte die Arme über der Brust, wie um sich zu wärmen.
Sie hatte keine Decke, aber sie vermisste auch keine. Wie viele Tage noch, bis
es so weit war? Es konnte nicht mehr lange dauern, dann würde die Reise
wirklich beginnen.
    Ein Flackern von Aufregung flammte in ihr auf und erlosch unter der Müdigkeit.
Ruhig, fast gelöst glitt sie in tiefe Bewusstlosigkeit ohne Träume
von Gestern oder Morgen, eine effektive Phase der Regeneration, bis ihr nächster
Arbeitseinsatz begann.
    Über ihr, in zwei Dutzend Reihen von Kojenbetten, ging es anderen Reisenden
genauso. Sie ruhten entspannt auf Matratzen, die aus Schaumstoffverkleidungen
zurechtgeschnitten worden waren, ohne dass der infernalische Lärm in dem
umgebauten Frachtraum ihnen bewusst war. Mehr als fünftausend Betten zogen
sich die kahlen Metallwände hinauf und an ihnen entlang, füllten jeden
Winkel der Halle. Mehr als fünftausend Reisende, die mit improvisierten
Leitern die Konstruktionen aus Metallstreben hinauf kletterten zu ihrem Schlafplatz
oder hinunter, um ihre Arbeitsschicht zu beginnen. Schritte, Stimmen, der ferne
Lärm der unablässigen Bauarbeiten, Gerüche nach Maschinen und
Menschen, der Atem der Schlafenden in der stickigen, klammen Luft: All das wob
um Hetty ein dichtes Netz ungekannter Geborgenheit, in dem sie verloren ging.
     

1.
     
    »Plateauschuhe und ausgestopfte Kleidung«, sagte An'ta in so sachlichem
Tonfall, dass Jovin Anande für einen Moment dachte, sie würde einen
ernsthaften Vorschlag machen. Er musterte das Gesicht der Bergungsspezialistin,
doch es war vollkommen ausdruckslos. Dann wanderte sein Blick tiefer, glitt
über die wohlgeformten, doch schmalen Schultern, die sich unter der Uniform
abzeichneten, und strich mit dem gleichen wissenschaftlichen Interesse über
ihre Brust und die schlanke Taille.
    »Und was machen wir dann mit Ihnen?«, erkundigte er sich scheinbar
gelassen, wohl wissend, dass An'ta seine Musterung bemerkt hatte und sie verabscheute.
»Sollen wir Sie kurz erschießen und Sie kommen in Ihrem vorherigen
Körper wieder? Der, der dafür gemacht war, Ihrem Job nachzugehen?«
    Zwei Atemzüge lang gab es keine Luft in der Krankenstation der Ikarus ,
nur eine Mischung aus hochentzündlichen Substanzen, die auf einen Funken
warteten. Der Arzt und die Ceelie starrten sich ausdruckslos an.
    Dann, zu seiner Überraschung, war es An'ta, um deren Mundwinkel ein kurzes
Lächeln zuckte, und die Spannung brach.
    »Fair«, sagte sie nur, dann öffnete sie das Oberteil ihrer
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