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Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande
Autoren: Erin Kellison
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Vielleicht bin ich morgen früh wieder bei dir.«
    »Das bist du nicht.«
    »Das liegt nicht in meiner Macht, Kathleen.« Genauso wenig wie er aufhalten konnte, was da zusammen mit dem von ihr so gepriesenen Leben entstand. Er streichelte zum letzten Mal ihren Arm.
    »Du hast dich über die Gesetze hinweggesetzt. Jetzt lass mich dasselbe tun.«
    »Kathleen … « Er konnte nicht aufhören, ihren Namen auszusprechen, wollte nicht aufhören, ihn laut auszusprechen, während er fühlte, wie er sich in der eisigen Dunkelheit auflöste. Sein Körper verschwand in dem Helldunkel, das in den Zwielichtlanden herrschte, während seine Sinne aus der Schattenwelt nach der Sterblichkeit griffen.
    Nach dem Funken. Nach dem Glück, das in ihr wuchs.
    Und ja, in den Ecken des Raumes hing ein feiner Film aus schwarzer Spucke, der sich auf der Welt ausbreiten und zu einer grausamen Horrorvision anwachsen würde, die es mit ihrem Wunder aufnehmen konnte.
    Einer unvorstellbar grausamen Horrorvision. Kathleen!

1
    Sechsundzwanzig Jahre später …
    Adam Thorne übernahm die Nachtschicht in Jacobs Zelle.
    Durch den Jetlag war er ohnehin überdreht, sein Biorhythmus schwebte noch irgendwo über dem Atlantik. In Korea, wo er die vergangenen drei Wochen einer Spur in dem Rätsel um Mount Inwangsan nachgegangen war, hatte er sich bestens gefühlt. Aber in den Appalachen von West Virginia, in einem Betonloch unter dem Segue-Institut, wusste sein Körper nicht, ob gerade Nacht, Tag oder eine seltsame Zeitzone dazwischen herrschte.
    Während er versuchte, sich auf die Tasten neben der ersten Sicherheitstür zu konzentrieren, rieb er sich das Gesicht. Durch seine Augen schossen heiße Blitze, und nachdem er sich vierundzwanzig Stunden nicht rasiert hatte, fühlte sich seine Haut rau an. Ein Röhrchen mit Tabletten versprach, ihn acht Stunden auszuschalten, aber der Schlaf würde bestenfalls unzureichend sein, wenn er nicht zuerst nach Jacob sah. Seine Zeit absaß, allerdings auf der anderen Seite der Gefängnistür.
    Adam gab den Sicherheitscode ein. Als er die stahlverstärkte Tür aufschob, nahm er einen schwachen Verwesungsgeruch wahr. Er runzelte die Stirn und machte sich bereit. Mit einem Kopfnicken schickte er den Wachmann fort und fragte sich, wie der Mann diesen ständigen Gestank ertrug.
    Während er sich an der Hauptsicherheitskonsole anmeldete, sah Adam Jacob kurz auf dem Videomonitor: Er lag auf der Seite und hatte die Arme um den nackten Bauch geschlungen, als wollte er sich vor der Kälte schützen oder sich auf einmal keusch geben. Er war einst Mitglied im Vorstand von Thorne Industries gewesen. Jetzt hielt man ihn wie ein Labortier in einer weißen, sterilen Zelle gefangen. Blass und abgemagert wirkte er nur insofern Furcht einflößend, als dass kein Mensch je so eingesperrt und ausgehungert werden sollte, wie man es in den vergangenen sechs Jahren mit ihm getan hatte. Andererseits glaubte Adam nicht, dass Jacob überhaupt noch ein Mensch war.
    Adam ließ einen Stapel Akten auf die Konsole vor sich fallen. Bevor er schlief, konnte er genauso gut noch etwas erledigen.
    Er wunderte sich immer, dass so wenig Fortschritt so viel Arbeit produzieren konnte. Er nahm die erste Aktenmappe in die Hand und öffnete sie. Eine detaillierte Tabelle mit Zahlen verschwamm vor seinen Augen. Die Kalkulation kann warten . Er schloss die Akte und tauschte sie gegen eine andere aus. Darin befand sich ein Stapel Papiere, so dick, dass er mit einem Gummiband zusammengehalten werden musste. Obenauf klebte ein Notizzettel.
    Ich dachte, das könnte dich interessieren. – C.
    Celia Eubanks war eine Forschungskollegin an der Johns-Hopkins-Universität und eine alte Freundin der Familie. Er konzentrierte sich auf den Text des Dokumentes mit dem Titel Eine Untersuchung häufig auftretender Muster bei Nahtoderfahrungen von Talia Kathleen O’Brien.
    Nahtod. Das würde ihm nicht gut bekommen.
    Ein schlurfendes Geräusch drang aus den Lautsprechern in der Konsole. Jacob bewegte sich in seiner Zelle.
    »He, Adam. Schön, dass du wieder da bist.« Die Stimme, die kristallklar auf den Monitor übertragen wurde, klang gleichgültig und vertraut.
    Adam ignorierte Jacob. Um herauszufinden, inwiefern und wie stark seine Wahrnehmung von menschlichen Werten abwich, hatten sie anfangs herauszufinden versucht, woher er wusste, wer sich hinter den fußdicken, stahlverstärkten Zellenwänden befand, aber Jacob hatte sie durchschaut und angefangen, ihre Daten zu
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