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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer
Autoren: Verkauftes Sterben
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Schmidt mit schneidender Stimme.
    Der Apotheker fror in der Bewegung ein. »Ich weiß nicht, was Sie meinen. Ich…«
    »Halten Sie den Mund, Sie elendes Schwein! Du verdammter Dreckskerl.«
    Sie haben nie eine Tochter gehabt. Schmidt hob die Waffe ein wenig. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. Die Gesichtszüge wurden härter.
    In diesem Moment erkannte Sutthoff, dass ihn Schmidt in jedem Fall umbringen würde. Er hatte nur eine, wenn auch sehr kleine Chance: Er musste ihm zuvorkommen.
    Esch erlebte die folgenden Sekunden wie in Zeitlupe: Der Apotheker riss seine Waffe aus der Tasche, kam aber nicht mehr dazu abzudrücken. Ein ohrenbetäubender Knall war zu hören. Das großkalibrige Geschoss der Sig Sauer traf ihn mitten in die Brust. Er wurde etwa einen halben Meter hoch und zwei nach hinten geschleudert und prallte mit dem Rücken gegen die kleine Mauer, die das Grundstück von Rainers Vermieter zum Gehweg abgrenzte. Langsam rutschte er zu Boden. Es sah aus, als ob sich der Apotheker lediglich hingesetzt hätte. Wenn da nicht das hässliche handtellergroße Loch in seinem Brustkorb gewesen wäre.
     
    Schmidt machte einige Schritte auf sein Opfer zu. Sutthoff war noch nicht tot. Der Apotheker versuchte, seinen rechten Arm mit der Waffe zu heben, aber schon nach wenigen Zentimetern fiel er wieder kraftlos zu Boden. Die Pistole rutschte ihm aus der Hand. Er bewegte die Lippen, so als ob er etwas sagen wollte. Es war aber nur ein unartikuliertes Stöhnen zu hören, das in ein Gurgeln überging. Ein Blutstrahl schoss aus seinem Mund. Mit vor Angst weit aufgerissenen Augen blickte er zu Schmidt hoch, der nun direkt vor ihm stand.
    Sie haben nie eine Tochter gehabt. Erneut war ein heftiger Knall zu hören. Der Körper des Apothekers bäumte sich auf.
    Die Kugel hatte seinen Unterleib zerfetzt.
    »Das war für Eva.«
    Die Finger von Sutthoffs linker Hand kratzten über das Pflaster, fanden schließlich eine Fuge, verkrampften und verkrallten sich darin. Es schien, als ob sein letzter Halt vor dem Sturz in den bodenlosen Abgrund dieser kleine Spalt wäre. Eine unscheinbare Ritze im Straßenbelag, gefüllt mit Dreck. Nur nicht loslassen. Nur nicht fallen.
    »Und das ist für Nina.«
    Sutthoff schien sich in das Unvermeidliche zu fügen. Sein Körper erschlaffte. Und Schmidt drückte wieder ab. Der Schädel des Apothekers explodierte. Sein Mörder feuerte weiter. Immer und immer wieder, bis das Magazin leer war und der Schlagbolzen nur noch klickte. Sutthoffs Körper sah aus, als ob er durch einen Fleischwolf gedreht worden wäre.
    Die Projektile der Sig Sauer hatten ihn regelrecht zerfetzt.
    Sie haben nie eine Tochter gehabt. Schmidt ließ den Arm sinken. Die schwere Waffe polterte zu Boden. Er drehte sich langsam zu Rainer um, der der Abschlachtung Sutthoffs mit wachsendem Entsetzen zugesehen hatte.
    Es sah so aus, als ob Schmidt lächelte. Jetzt war alles gut. Er hatte seine Ruhe wiedergefunden. Nina war gerächt.
     
    66
    Hektisch durchsuchte Rainer Esch den Posteingangskorb.
    »Es ist immer noch kein Schreiben von der Kammer gekommen«, spottete Martina Spremberg sanft. »Mach dir keine Sorgen. Du darfst immer noch so tun, als würdest du etwas von der Jurisprudenz verstehen.«
    »Sehr komisch«, fauchte Rainer zurück. »Selten so gelacht.«
    Seit Brischinskys Drohung waren mehr als vier Wochen vergangen. Aber entweder hatte es sich der Hauptkommissar anders überlegt und darauf verzichtet, die Standesorganisation der Rechtsanwälte über Rainers unorthodoxe Berufsauffassung zu informieren, oder die Mühlen des Standesrechts mahlten sehr langsam. Auf jeden Fall fragte sich der Anwalt bei jedem neuen Mandat, das er annahm, ob es sich nicht um sein letztes handeln würde. Und diese Ungewissheit schlug ihm ziemlich heftig aufs Gemüt.
    Esch hatte sich schon mehr als einmal überlegt, Brischinsky einfach anzurufen und ihn zu fragen. Sein Stolz ließ es letztlich nicht zu. Er, Kämpfer für den aufrechten Gang und nimmermüder Streiter für die Interessen der Entrechteten und Erniedrigten, würde sich doch nicht einem Büttel der Staatsmacht an den Hals schmeißen und um Gnade betteln.
    Sollte ihn dieser Bulle doch denunzieren. Er würde nicht zu Kreuze kriechen!
    »Soll ich nicht doch mit Angela sprechen?« Martinas Freundin arbeitete in einem der größten Notariate der Stadt und ihr Chef war Vorsitzender der Anwaltskammer. Da Angela eine Vertrauensposition einnahm, lief der gesamte Schriftverkehr, der sich mit
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