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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer
Autoren: Verkauftes Sterben
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leicht erkannt werden können.« Rainer drückte seine Kippe aus. »Na ja. Er ist ja auch so geschnappt worden. Was lernen wir daraus? Geschwister sind sich nicht immer grün.«
    »Wusste Horst von den Geschäften seines Bruders?«
    Rainer zögerte einen Moment mit der Antwort. »Paul hat zwar dazu nichts gesagt, aber ich glaube, dass Horst eingeweiht war.«
    »Wie kommst du darauf?«
    Er schob ihr den Zettel, den ihm Martina gegeben hatte, über den Tisch.
    »Was ist das?«
    »Eine Liste mit Medikamenten, wie sie üblicherweise Leukämiekranken verordnet werden.«
    »Und?«
    »Eine solche Liste hat Müller auch mir, beziehungsweise Jörg Deidesheim, übergeben.«
    Seine Freundin dachte einen Moment nach. »Du meinst…?«
    »Ja, genau das. Ich habe Horst Mühlenkamps Kontoauszüge kopieren lassen und bin sie eben noch einmal durchgegangen.
    Da gibt es keine Geldeingänge, die von irgendwelchen Aktienoptionsgeschäften stammen könnten. Es gibt im Grunde überhaupt keine Einzahlungen in den letzten Monaten seines Lebens. Sein Konto blieb konstant im Minus. Allerdings hatte er ein Sparbuch. Und auf dieses Konto wurden regelmäßig höhere Geldbeträge eingezahlt. In bar. Gewinne aus Investments werden nicht bar abgewickelt, oder?« Rainer gab sich selbst die Antwort. »Nein, es gibt nur eine Erklärung für den Geldsegen. Auch Horst Mühlenkamp hat mit FürLeben Geschäfte gemacht.«
    »Er hat also nicht nur sein Leben verkauft, sondern auch sein Sterben.«
    »Eigentlich eher vermarktet. Mit jedem Rezept, das er Sutthoff in die Hand gespielt hat, ja.«
    Sie schwiegen eine Weile.
    Dann fragte Elke: »Wirst du Sabine Schollweg davon erzählen?«
    Ohne Zögern antwortete er: »Nein, sicher nicht. Im Übrigen auch der Polizei nicht.«
    Elke strahlte ihn an.
    Bei allen anderen Gründen, sich in diese Frau zu verlieben, dachte Rainer, reicht allein dieses Lächeln aus.
    »Ich habe dir auch etwas zu erzählen.« Sie stand auf, ging um den Schreibtisch herum, setzte sich auf seinen Schoß und umarmte ihn. »Es wird ein Junge«, flüsterte sie.
     
    67
    Rüdiger Brischinsky hätte zufrieden sein können. Seine Wunde war mittlerweile verheilt. Sutthoff war tot, Mühlenkamp und Schmidt waren zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt worden. Nur Michail Müller hatten sie nicht gefasst. Seine Spur verlief sich in Osteuropa. Zwar hatten die dortigen Behörden Müller aufgrund eines internationalen Haftbefehls zur Fahndung ausgeschrieben, verfolgten diese Angelegenheit aber anscheinend nicht mit der Intensität, die sich der Hauptkommissar wünschte. Müller blieb verschwunden.
    Und auch an der luxemburgischen Firma Lichmed bissen sich die deutschen Ermittler die Zähne aus. Ein Rechtshilfeersuchen der Staatsanwaltschaft Bochum war mit der Begründung abgelehnt worden, die vorgelegten Beweise seien zu dürftig und reichten nach dortigem Recht für ein Ermittlungsverfahren nicht aus. Eine Durchsuchung der Geschäftsräume des Unternehmens oder gar die Durchleuchtung der Geschäftsbeziehungen der Lichmed kam also nicht infrage.
    Eine Sackgasse!
    Brischinsky hatte nur den Kopf geschüttelt, als er die Ablehnungsbegründung zur Kenntnis genommen hatte: Jede Kleinigkeit in Europa wurde mittlerweile von der EU-Kommission reguliert, bei der grenzüberschreitenden Polizeiarbeit dagegen achtete jeder Staat penibel darauf, dass seine Kompetenzen nicht tangiert wurden.
    Baumann betrat ihr Büro. »Hast du den Bericht des LKA gelesen?«
    Das Landeskriminalamt Düsseldorf hatte sie mittlerweile darüber informiert, dass Lehmann und seine Dortmunder Apothekerkollegen nicht die Einzigen waren, die sich durch Rezeptbetrügereien bereichert hatten. Seit gestern lag das Teil auf Brischinskys Schreibtisch. Vor gut einer Stunde hatte der Hauptkommissar die Lektüre beendet. »Ja«, antwortete er knapp.
    »Und?«
    »Wenigstens bei den Rezeptbetrügereien sind die Kollegen weitergekommen. Das Bundeskriminalamt hat vor einigen Wochen sogar eine Tagung zum Thema Abrechnungsbetrug durchgeführt. In Niedersachsen wurde von der AOK eigens eine Sonderuntersuchungsgruppe eingerichtet, um solchen Vorwürfen nachzugehen. Sechshundertundfünfzig Fälle haben sie bis jetzt ausgegraben.«
    Baumann guckte ziemlich unbeeindruckt.
    »Aber das ist anscheinend nur die Spitze des Eisbergs. Die Kontrollen der Krankenkassen sind einfach zu lasch. Ohne flächendeckende Untersuchungen fallen zu viele der Betrügereien durch das Raster. Stichprobenkontrollen allein
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