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Zweimal ist einmal zuviel

Zweimal ist einmal zuviel

Titel: Zweimal ist einmal zuviel
Autoren: Janet Evanovich
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zu bekommen. Im zweiten Stock angekommen, lief ich hastig den Korridor entlang. Ich lauschte einen Augenblick an der Tür, dann klopfte ich an. Ich klopfte noch einmal. Niemand öffnete. Schnell schob ich den Schlüssel ins Schloß, betrat mit Herzklopfen die Wohnung und machte Licht. Das Apartment schien leer zu sein. Ich ging von Zimmer zu Zimmer und gewann den Eindruck, daß Kenny seit meinem letzten Besuch nicht mehr dagewesen war. Ich überprüfte seinen Anrufbeantworter. Keine Nachrichten.
    Wieder horchte ich an der Tür. Alles war ruhig. Ich knipste das Licht aus, holte tief Luft, schlüpfte hinaus auf den Korridor und machte drei Kreuze, daß ich nicht entdeckt worden war.
    Als nächstes suchte ich im Erdgeschoß die Briefkästen und inspizierte Kennys etwas genauer. Er war randvoll. Voll mit Informationen, die mir helfen konnten, Kenny zu finden. Unglücklicherweise waren Verstöße gegen das Postgeheimnis ein ernsthaftes Vergehen. Gerade der Diebstahl von Briefen war besonders verpönt. Ich durfte mich nicht an der Post vergreifen. Briefsendungen waren eigentlich unantastbar. Aber ich hatte schließlich einen Schlüssel. Änderte das nicht etwas an der Sachlage? Zugegeben, ganz legal war das mit dem Schlüssel auch nicht, schließlich hatte ich ihn mir unrechtmäßig angeeignet. Ich drückte mir die Nase am Spalt des Briefkastens platt. Eine Telefonrechnung. Die konnte wichtige Hinweise enthalten. Es kribbelte mir in den Fingern. Die Versuchung war so stark, daß mir ganz schwummrig vor den Augen wurde. Natürlich, das war's. Ich würde auf vorübergehende Unzurechnungsfähigkeit plädieren.
    Ich atmete noch einmal tief durch, rammte den Schlüssel ins Schloß und schaufelte die Post in meine große schwarze Tasche. Dann schloß ich das Briefkastentürchen wieder leise zu und lief schweißüberströmt zum Wagen, bevor sich die Zurechnungsfähigkeit wieder einstellte und meine gesamte Verteidigungsstrategie über den Haufen warf.

2
    Ich verriegelte die Wagentür und schaute mich verstohlen um, ob mich auch wirklich niemand beobachtet hatte. Die Handtasche hielt ich dicht an die Brust gepreßt, und vor meinen Augen flimmerten kleine schwarze Punkte. Ich war nun einmal nicht der coolste, kaltblütigste Kopfgeldjäger aller Zeiten. Egal, Hauptsache, ich würde diesen Typ schnappen.
    Ich ließ den Jeep an, fuhr los und legte eine Aerosmith-Kassette ein. Auf der Schnellstraße drehte ich die Musik voll auf. Es war dunkel und goß in Strömen, aber wir in New Jersey drosseln die Geschwindigkeit für nichts und niemanden. Bremslichter flackerten auf, und ich kam schlingernd zum Stehen. Die Ampel wurde grün, und alle gaben wieder Vollgas. Kurz vor der Ausfahrt mußte ich die Spur wechseln und schnitt dabei einen anderen Wagen. Der Fahrer zeigte mir den Vogel und hupte.
    Ich reagierte mit einer abfälligen Geste italienischen Ursprungs und erging mich lautstark in Mutmaßungen über seine Mutter. Wenn man aus Trenton kommt, hat man schließlich einen Ruf zu wahren.
    Die Straßen der Stadt waren verstopft, und ich war froh, als ich endlich die Bahngleise überquert hatte und mein altes Viertel immer näher rückte. Kaum hatte ich die Hamilton Street erreicht, geriet ich in einen Strudel familiärer Schuldgefühle.
    Als ich den Wagen parkte, spähte meine Mutter aus der Haustür. »Du kommst zu spät«, sagte sie.
    »Zwei Minuten!«
    »Ich habe Sirenen gehört. Du hattest doch hoffentlich keinen Unfall?«
    »Nein, ich hatte keinen Unfall. Ich habe gearbeitet.«
    »Du solltest dir endlich einen vernünftigen Job suchen. Etwas Festes, mit geregelter Arbeitszeit. Deine Cousine Marjorie hat eine anständige Stelle als Sekretärin bei J & J. Sie soll richtig gut verdienen.«
    Grandma Mazur stand im Flur. Seit Grandpa Mazur sich seine zwei Frühstückseier und das dazugehörige halbe Pfund Speck im Himmel schmecken ließ, wohnte sie bei meinen Eltern.
    »Wir müssen uns mit dem Abendessen beeilen, wenn wir rechtzeitig ins Bestattungsinstitut kommen wollen«, sagte Grandma Mazur. »Du weißt doch, daß ich gerne ein bißchen früher da bin, damit ich einen guten Platz kriege. Heute abend kommen auch noch die Kolumbusritter, dieser katholische Männerverein. Da wird es bestimmt voll.« Sie strich ihr Kleid glatt. »Was meinst du? Kann ich so gehen? Oder findest du mich zu aufgedonnert?«
    Grandma Mazur war zweiundsiebzig und sah aus wie neunzig. Ich liebte sie aus ganzem Herzen, aber wenn man sie bis auf die Unterwäsche
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