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Zwei Sonnen am Himmel

Titel: Zwei Sonnen am Himmel
Autoren: Federica de Cesco
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euch heilig ist … euch nie mehr im Kampf … gegeneinander zu erheben.«
    Mit erstickter Stimme sprach Isa: »Ich schwöre es.« Und Usir wiederholte erschüttert die gleichen Worte. Zenas Atem ging stoßweise. Schweigend umstanden die Amazonen ihre sterbende Königin. Leias Antlitz war wie aus Stein. Sana, die Jüngste, kämpfte mit den Tränen. Mit verschwollenem Gesicht presste Reg ihren Bogen zwischen den bebenden Fingern. Tula, die Unerschütterliche, zuckte nicht mit den Wimpern.
    Usir kamen Isas Worte in den Sinn: »Für eine Amazone ist der Tod, naht er langsam oder schnell, jederzeit ein Freund. Wer also sollte ihn fürchten?«
    Zenas Augen erstrahlten jetzt in fiebrigem Glanz. Ihre Stimme klang entrückt, wie von weit her. »Geht … sucht den Roten Berg. Der Weg dorthin … ist weit und mühevoll … Ihr werdet … die Wüste durchqueren … Hitze … und Durst erleiden … Doch bald … werdet ihr am Ziel sein. Ihr werdet … ihn erkennen … Er wurde … von der Hand … der Göttermenschen gebaut … seine Form … ist vollkommen … Zu seinen Füßen … werdet ihr ein Reich gründen … das ewig dauern wird …«
    Dann legte sie die Hand auf Isas Arm und flüsterte:
    Â»Bewahre … stets den Stolz der Amazonen … übertrage ihn … auf deine Töchter … Leia … wird dir beistehen.«
    Ihre Stimme wurde zu einem Hauch.
    Â»Wenn ich … gestorben bin … versenkt mich … im Meer. Ich will … zum ›Sternenstein‹ … zurückkehren …«
    Ihre Hand fiel herab. Ihr Atem setzte aus. Blut trat in ihre Mundwinkel. Ihr Kopf sank zur Seite. Isa beugte sich zu ihr herab und schloss ihr sanft die Lider, während Leia ihren roten Mantel von den Schultern gleiten ließ und ihn über die Tote ausbreitete.
    Isa richtete sich auf. Ihre Augen waren tränenleer. Sie ergriff Zenas Bogen und drückte das Holz mit aller Kraft zusammen. Ein trockenes Splittern, der Bogen zerbrach. Dann nahm Isa die übrig gebliebenen Pfeile aus dem Köcher und zerbrach auch diese, einen nach dem anderen.
    Währenddessen hatten die anderen Amazonen eine Grube in den Sand gegraben. Dahinein legten sie den Bogen, die Pfeile, den Köcher und den Dolch, der am Gürtel der Verstorbenen hing. Dann bedeckten sie alles mit Sand.
    Als das getan war, stand Isa auf und rieb sich mit abwesender Miene die schwieligen Hände. Sie wiegte sich ein wenig in den Hüften und wandte sich dann an die schweigenden Kriegerinnen: »Das Meer ist jetzt ruhig. Sucht zwei große Steine und verfertigt ein Seil. Wir wollen tun, was unsere Königin befohlen hat.«

23
    Die Vorsicht gebot ihnen, die Küste so schnell wie möglich zu verlassen und landeinwärts zu wandern. »Dieses Gebiet gehört den ›Bluttrinkern‹«, hatte ihnen Leia erklärt. »Sie kennen sich im Handhaben von Waffen nicht aus, aber sie sind sehr angriffslustig und werden mit Verstärkung erneut anrücken.«
    So machten sie sich noch vor Sonnenuntergang auf den Weg. Sie waren nun zu einer großen Gruppe geworden. Glücklicherweise hatten die dazugekommenen Atlantiden Vorräte - vor allem Öl und Getreide - sowie einige Gebrauchsgegenstände aus dem gestrandeten Schiff retten können. Auch besaßen sie jetzt genügend Waffen und fühlten sich im Stande, die Gefahren, die auf sie lauerten, abzuwehren. Den Stämmen der »Bluttrinker« schienen sie einen gehörigen Schrecken eingejagt zu haben, denn diese ließen sich nicht mehr blicken. Usir war dennoch beunruhigt: Einige Überlebende aus Poseidonis hatten ihre Kinder bei sich. Würden auch sie die Strapazen ertragen? Doch es blieb keine andere Wahl …
    Die Sandküste wurde von Hügeln überragt, die sich landeinwärts fortsetzten. Eine dünne Schicht Erde bedeckte das Gestein, auf dem Schilf und dürres Gras wuchsen. Palmen, denen der karge Boden nicht genügend Halt und Nahrung bot, waren umgestürzt und vertrocknet. Dahinter begann - fast ohne Übergang - die Wüste. Es war eine weite, erbarmungslose Fläche mit nie abflauenden Winden. Nirgends ein Strauch oder auch nur ein Grashalm, überall nur nackter, verbrannter Boden. Dünen erhoben sich am Horizont wie erstarrte, gelbe Meereswogen. Ihre Farbe veränderte sich zu jeder Tageszeit im wechselnden Spiel des
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