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Zwei Sonnen am Himmel

Titel: Zwei Sonnen am Himmel
Autoren: Federica de Cesco
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aus.
    Torr erkannte diese Vorzeichen sofort und betrachtete besorgt den Himmel. »Ein Sturm steht uns bevor.«
    Sie machten sich auf das Schlimmste gefasst. Würde das Boot stark genug sein? Schwer und träge breitete sich der Ozean um sie aus. Das Wasser hatte eine sonderbare, bleiche Färbung angenommen. Die Sonne brannte immer mehr, je höher sie stieg.
    Gegen Mittag brach der Sturm los. Am Himmel war zuerst nur eine kleine weiße Wolke erschienen, die sich jedoch zusehends vergrößerte und mehr und mehr ins Schwarze hinüberspielte.
    Torr wischte sich den Schweiß aus den Augen. »Alle Segel bergen!«, befahl er.
    Ein tiefes, dumpfes Donnergrollen breitete sich aus. Es schien aus dem Meer aufzusteigen. Heulend erhob sich plötzlich Wind. Gleich der erste Stoß fegte alle kleineren unbefestigten Gegenstände über Bord. Aus allen vier Himmelsrichtungen jagten jetzt die Luftmassen gegeneinander. Augenblicke völliger Stille folgten, in denen die Bootsbesatzung aufatmete, um gleich darauf neuem Schrecken entgegenzusehen. Der Himmel war jetzt von schwarzen, tief hängenden Wolken bedeckt. Schäumende Wassermassen, die sich mit tosendem Gebrüll überschlugen, kamen von allen Seiten. Wie schillernde Schlangen zuckten Blitze über den Horizont. Geblendet, fast erstickt, immer wieder von Wassergarben überflutet klammerten sich Torr und seine Gefährten an das Boot, das auf den entfesselten Wogen wie eine hilflose kleine Nussschale tanzte. Die Donnerschläge sprengten ihnen fast das Trommelfell. Niemand sprach. Alle duckten sich in panischem Schrecken, während das Boot steuerlos durch den Gischt flog. Blitz folgte auf Blitz, Donner auf Donner, aber kein Tropfen Regen fiel. Das Tosen des Sturms und der Fluten wurde immer lauter, immer gewaltiger.
    Plötzlich gellte ein Schrei durch das Brausen. Eine der Amazonen hatte den Arm ausgestreckt und zeigte auf eine große, schwarze Felsmasse, gegen die die entfesselte See anrannte. Torr kämpfte sich zum Steuer vor, versuchte es in seine Gewalt zu bekommen. Mit aller Kraft legten sich die Ruderer gegen die Strömung. Das Boot lief quer zum Riff, während Torr in verzweifelter Wut mit dem Steuer kämpfte. Doch die Klippen kamen immer näher. Der Sog des Wassers zerrte das Boot unausweichlich gegen den Felsen. Die Brecher, von denen jeder folgende immer schwerer und stärker zu sein schien als der vorangegangene, packten das Boot mit voller Gewalt. Das Steuer drehte sich wie wild, Torr musste es aus den Händen lassen. Die Ruder wurden weggefegt oder zerbrachen; wie ein Gleitbrett sprang das Boot von Welle zu Welle. Ein Knirschen und Zittern ging durch den Rumpf, als der Kiel über die messerscharfen Zacken der Klippen hinwegrutschte. Ein trockenes Krachen: Das Boot drehte sich um seine Achse. Der Mast krümmte sich wie ein Bogen und brach. Die Segel gingen über Bord. Dann zerschmetterte ein gewaltiger Stoß den Kiel. Planken und Holzstücke wirbelten durch das Wasser.
    Usir, der Isa an sich gezogen hatte, spürte, wie das Mädchen aus seiner Umarmung gerissen wurde. Eine Welle warf ihn über Bord. Einem Insekt ähnlich, das durch einen Orkan fliegt, wirbelte er durch die entfesselten Wassermassen. In einer Schaumflut sah er Isas helles Haar aufleuchten und wieder verschwinden. Da und dort erblickte er Köpfe in den Wellentälern. Er erspähte seinen Vater in nächster Nähe, der mit schwindenden Kräften versuchte sich an der Oberfläche zu halten. Es gelang Usir, ihn zu fassen. »Klammere dich an mich!«, brüllte er. Atos Gewicht lähmte seine Bewegungen. Spitze, schlüpfrige Steine schnitten ihm ins Fleisch. Plötzlich erblickte er über sich eine ungeheure, grünlich funkelnde Woge, ein beweglicher Berg wie aus durchsichtigem Kristall. Auf ihr schwamm ein entwurzelter Baumstamm. Einige Atemzüge lang verharrte die Welle über ihnen - so, als hinge sie in der Luft, dann brach sie mit donnerndem Getöse zusammen. Usir sah den Baumstamm mit rasender Geschwindigkeit auf sich zugleiten. Den Schlag spürte er nicht mehr. Das Tosen des Wassers wurde für ihn zu einem immer ferneren, abklingenden Rauschen. Er verlor die Besinnung.
    Helles, weißes Licht schmerzte in seinen Augen. Er blinzelte verwirrt. Als er den Kopf heben wollte, verursachte ein stechender Schmerz einen sausenden Druck in seinen Ohren und für kurze Zeit verlor er erneut das
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