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Zwei Sommer

Zwei Sommer

Titel: Zwei Sommer
Autoren: Britta Keil
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muss.
    Olli lacht auf. »Sex mit der Ex.«
    Mann! Was denkt er denn? Dass ich mich jetzt geschmeichelt fühle, weil ich vom Prädikat »schlechtester Sex« verschont geblieben bin? Oder denkt er, dass ich schlafe?
    Pete gluckst bescheuert vor sich hin.
    »Trotz neue r …«, Olli rülpst, »… Unterwäsche.«
    Pete kriegt sich gar nicht mehr ein vor Lachen. Ich spüre, wie Übelkeit gewaltsam in mir aufsteigt.
    »Lack und Leder? Tanga? Strapse?«, kichert Pete.
    »Spitze.« Olli.
    »Schwarz?« Pete.
    »Weiß.« Olli.
    Ich musste Olli mit dem Ellenbogen einen Stoß in den Magen verpasst haben, der so heftig gewesen war, dass er nach hinten umfiel. An das, was danach geschah, kann ich mich bloß noch bruchstückhaft erinnern.
    Ich habe noch das Geschrei im Ohr. Von einer Sekunde auf die nächste waren plötzlich alle wieder bei Bewusstsein gewesen und hatten durcheinandergeschrien. Jemand zerrte Olli von mir weg, der ununterbrochen versuchte, auf mich einzureden. Ich glaube, es war Philipp.
    Ich befürchte, ich habe Olli sogar ins Gesicht geschlagen. Zumindest tut er so und klagt nebenbei über Ohrenschmerzen.
    Das Letzte jedenfalls, woran ich mich erinnern kann, ist der Fels, auf den ich mich stützte. Und da war Marta, die mir die Haare aus dem Gesicht hielt, während ich mir die Seele aus dem Leib kotzte.
    Die Hälfte der Busfahrt verbringe ich schlafend. Die andere Hälfte starre ich aus dem Fenster und versuche, mich vor meinen eigenen Gedanken in Sicherheit zu bringen. Aber alle Dinge, die ich sehe, haben plötzlich etwas mit ihm zu tun. Die Sonne, die Bäume, der Wind in den Bäumen, die Autobahn, der Parkplatz, mein lustlos geschmierter, durchgeweichter Frühstückstoast. Was gäbe ich jetzt für einen einzigen harmlosen Gedanken!
    Jule sitzt neben mir und lässt mich in Ruhe. Alle lassen mich in Ruhe. Sie schonen mich, wie man eine Schwerverletzte schont, die erst vor ein paar Minuten aus dem Koma erwacht ist. Zustand: kritisch.
    Er hat mich betrogen. Er hat mich angelogen. Er hat mich hintergangen, so wie er sie hintergangen hat. Er hat mich belogen, so wie er sie belogen hat.
    In jener Nacht, während ich auf der Dachterrasse saß und mich vor dem Mädchen fürchtete, dem vielleicht gerade das schwarze Haar über die nackten Schultern fallen könnte. Da fiel ihm gerade das schwarze Haar über die nackten Schultern, die mal die Träger eines weißen Spitzen-BHs zierten.
    Wie konnte ich nur so naiv sein? Wie konnte ich glauben, er würde mich anders behandeln als sie? Warum hätte er das tun sollen? Etwa meinetwegen?
    Habe ich mich allen Ernstes für etwas Besseres gehalten? Oder seine Gefühle für mich?
    Habe ich tatsächlich geglaubt, er würde ausgerechnet durch mich seine Sprunghaftigkeit ablegen? Seine wankelmütige Begeisterung für Dinge? Für Menschen? Und seine Freiheitsliebe? Seine verdammte, an Bequemlichkeit grenzende Freiheitsliebe!
    Oh Gott, Isa. Du bist so dumm.
    Ich werfe meine Reisetasche in den Flur, als ich aus dem Esszimmer gedämpfte Stimmen höre. Ich bin irritiert. Meine Eltern essen so gut wie nie gemeinsam zu Abend. Geschweige denn reden sie dabei miteinander.
    Auf Ausnahmezustände dieser Art bin ich nicht vorbereitet. Ich beschließe, die Begrüßung auf später zu verschieben und mich erst mal in die Badewanne zu legen. Doch da werden schon die Flügeltüren aufgerissen und meine Mutter steht im Flur.
    »Isa, mein Engel, da bist du ja. Ach, braun bist du geworden. Steht dir gut. Hattet ihr also Sonne. Wie schön. Hier hat es fast nur geregnet.« Sie lächelt. »Wir haben Besuch. Willst du nicht einen kleinen Augenblic k …«
    »Ich bin müde.«
    »Komm, du musst doch wenigstens deinem Vater Hallo sagen.«
    Ich seufze und folge ihr ins Esszimmer. Am großen langen Esstisch sitzen mein Vater, ein Typ mit Halbglatze und eine dunkelhaarige Frau. Pärchenabend, nehme ich an.
    »Das sind Herr und Frau Doktor Oppermann. Herr Doktor Oppermann ist ein Kollege deines Vaters. Er ist Produktmanager.« Toll.
    »Guten Abend.« Ich gebe den beiden die Hand. »Hallo, Papa.«
    »Na, Urlauberin, wie war’s an der Costa Brava?«
    »Schön.«
    »Wollte Marie nicht noch mit reinkommen?« Papa? Wie oft war Marie zum Abendessen bei uns in den letzten zehn Jahren? Fünfmal? Sechsmal?
    »Marie ist ihre beste Freundin«, erklärt meine Mutter den Gästen. »Sie waren zusammen in Spanien. Mit einer Jugendreisegruppe.«
    Jugendreisegruppe. Du liebe Zeit. So klingt es also, wenn meine Eltern über mich
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