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Zum weißen Elefanten

Zum weißen Elefanten

Titel: Zum weißen Elefanten
Autoren: Mary Scott
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jemals versucht, Sekretärin zu werden? Aber ihr gefiel die Büroarbeit, und bis zu dieser Katastrophe hatte sie immer Erfolg gehabt, obwohl sie auf ihr Taschenwörterbuch angewiesen war.
    Aber es war ein wunderbarer früher Frühlingstag, und sie hatte nicht die geringste Absicht, Trübsal zu blasen. Sie kaufte sich eine Morgenzeitung und begab sich zum Kaffeetrinken in das nächste Lokal. Dabei studierte sie den Stellenmarkt, und ihre Stimmung stieg wieder, denn es gab freie Stellen im Überfluß. Als sie fertig war, legte sie die Zeitung sorgfältig zusammen, für den Fall, daß dreißig Pfennig vielleicht bald ein Vermögen bedeuten würden, und nahm den Bus nach Hause. Hätte sie nur woanders hingehen können, denn die Wohnung würde sie bedrücken, und Kit war bestimmt mit ihrem ziemlich widerlichen Jüngling ausgegangen. Wie konnte sich ihre Kusine mit Deryk abfinden bei dessen hochtrabendem Gehabe und seiner blasierten Rechthaberei?
    Aber die Wohnung war nicht leer. Als sie eintrat, fand sie Katherine auf dem Sofa; mit ihren goldenen Haaren auf dem Hintergrund der dunkelblauen Kissen, die fast von derselben Farbe wie ihre Augen waren, sah sie besonders hinreißend aus.
    In demselben Atemzug sagten sie: »Du bist hier? Um diese Zeit?« und dann lachten sie. Es ging ihnen manchmal so, vielleicht, weil sie von frühester Kindheit an zusammen aufgewachsen waren.
    »Kit, ich habe meine Stelle gekündigt. War ich nicht wahnsinnig?«
    Katherine lachte und warf ihren Kopf zurück, als gäbe es für sie auf der ganzen Welt keine Sorgen, was auch tatsächlich selten der Fall war.
    »Und ich habe meine Verlobung gelöst, war ich nicht klug?«
    Insgeheim stimmte ihr Jane zu, aber sie hielt es für besser, es nicht auszusprechen, und Katherine fuhr fort: »Zu dumm von mir, Deryk anfangen zu lassen. Aber wie dem auch sei, Gott sei Dank ist alles vorbei. Es war kein leichter Monat.«
    Jane nickte. Auch für sie war es kein leichter Monat gewesen: Ständig war sie über Deryk gestolpert, der äußerst hübsch aussah und völlig dumm war. Sie hatte geahnt, daß es nicht gutgehen würde, schon von der ersten Woche an, als er zu Katherine gesagt hatte: »Liebling, versuche doch zu verstehen. Lehn dich nicht einfach zurück und sage, du bist dumm. Streng deinen Verstand an.« Ein paar Tage später war sie ganz sicher gewesen, als er von einem lachenden Gesicht zum anderen blickte und sagte: »Ich persönlich habe an Übertreibungen noch nie etwas sehr lustig finden können. Ich bin eigentlich ziemlich stolz auf meinen Sinn für Humor, aber...«
    In Janes Augen konnte man bei Leuten, die auf ihren Sinn für Humor stolz waren, jede Hoffnung aufgeben. Und man würde ziemlich viel Sinn für Humor brauchen, wenn man Kit heiratete, auch wenn sie noch so reizend war.
    Katherine, die sehr nachdenklich ausgesehen hatte, sagte plötzlich: »Weißt du, ich glaube, er hat sich nur mit mir verlobt, um mich auf die Probe zu stellen und mich zu bessern. Das sind die schlimmsten Lehrer, die es gibt. Hast du das gemerkt, Jane?«
    »Natürlich. Das war auf einen Kilometer Entfernung zu sehen. Ich konnte nicht verstehen, wieso du es nicht gemerkt hast.«
    »Zunächst fand ich es eigentlich faszinierend. Ungeheuer männlich. Schrecklich dumm von mir. Aber heute morgen sagte Deryk, ich sei dumm.«
    Jane war sofort in hellster Aufregung. Natürlich konnte Deryk Kits ganz besondere göttliche und liebenswerte Dummheit nicht zu schätzen wissen.
    »Er hat gewagt, so etwas zu sagen? Das lag wahrscheinlich nur an seiner Erregung?«
    Katherine war zuweilen erschreckend ehrlich, und obwohl sie wußte, daß sie schön war, bildete sie sich nichts darauf ein. »Das glaube ich eigentlich nicht. Natürlich mußte er eine Szene machen, aber ich glaube wirklich, er war erleichtert, daß es zwischen uns aus war. Zum Schluß atmete er auf und sagte, vielleicht wäre es so besser, da wir wohl nicht harmonierten. So ein albernes Wort. Wer spricht denn schon von harmonieren?«
    Jane war ganz ihrer Meinung, fügte aber tröstend hinzu, daß Deryk sehr gut aussehe.
    »Richtig, schön war er. Daran hat es wohl gelegen. Ist ja auch egal, sprechen wir von etwas anderem. Erzähl mir von dir.«
    Jane tat es, und ihre Kusine war empört. »Das ist einfach niederträchtig, nur wegen deiner Rechtschreibung, denn du tippst so gut und kannst die Dinge immer richtig ausdrücken.«
    »Das hilft einer Sekretärin alles nichts, wenn sie sie nicht richtig schreiben kann, und ich
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