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Zum weißen Elefanten

Zum weißen Elefanten

Titel: Zum weißen Elefanten
Autoren: Mary Scott
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    Es war ein unglückliches Zusammentreffen, daß Katherine Lee gerade an dem Tag ihre Verlobung mit Deryk Ross löste, als ihre Kusine Jane ihre Stellung bei Park, Fairbrother and Park kündigte.
    Bei Katherine handelte es sich um einen Fall von Unvereinbarkeit der Gemüter, bei Jane jedoch um Rechtschreibung verbunden mit Gereiztheit.
    Als sie den so sorgfältig und schön getippten Brief zu Philip Park, dem Juniorpartner der Firma brachte, warf er einen ungeduldigen Blick darauf und strich drei Wörter aus. Jane seufzte und wünschte, sie hätte sich die Zeit genommen, diese drei in dem Wörterbuch, das immer auf ihrem Schreibtisch lag, nachzusehen, aber er hatte es sehr eilig gehabt, und sie war überzeugt, sie richtig geschrieben zu haben. Es waren verflixte Wörter — Annullierung, justiziabel und Kapitaleinkünfte. Typisch juristische Fallen für eine Sekretärin, die mit der Rechtschreibung auf Kriegsfuß stand.
    »Miss Lee, in diesem kurzen Brief haben Sie nicht weniger als drei Fehler gemacht. Drei einfache Wörter.«
    Jane beging nun den Fehler, das Ganze ins Scherzhafte zu ziehen.
    »Ich finde sie nicht einfach. Warum können Juristen nicht wie andere Leute normale Wörter benutzen?«
    Das fand nicht den erhofften Anklang. Bei Katherine wäre das angekommen, aber sie war eben hochgewachsen, blond und schön. Nicht so Jane. Philip Park sagte ziemlich mürrisch: »Sie sind hier angestellt, um die englische Sprache in Wort und Schrift zu beherrschen, und nicht um ihren Gebrauch zu kritisieren. Ich korrigiere ständig Fehler in Ihrer Arbeit. Das ist reine Zeitverschwendung.«
    Jane stieg das Blut in den Kopf. Seine Worte versprachen nichts Gutes, und sie dachte: »Wird er mich entlassen? Verdammt...«
    Schnell beschloß sie, ihm zuvorzukommen. »Wenn Sie die Sache so sehen, dann ist es wohl besser, daß ich gehe.«
    Es erfolgte kein Widerspruch. Im Gegenteil, er sagte: »Vielleicht ist es besser; Sie scheinen für verantwortliche Arbeit noch etwas zu jung zu sein. Wann sind Sie eigentlich aus der Schule gekommen?«
    Damit war nun wirklich das Maß voll. Jane war sehr empfindlich, wenn es um ihre jugendliche Erscheinung ging, sie hatte es satt, immer wieder zu hören, daß sie unglaublich jung aussehe. Sie konnte doch nichts dafür, dachte sie, daß sie nur einen Meter fünfundfünfzig groß war, ein rundes Gesicht hatte und ihre Nase eine lustige Biegung nach oben machte. Das war ihr Unglück, ebenso ihre Gereiztheit, die jetzt offen zutage trat, denn diesen klugen und gönnerhaften jungen Mann hatte sie noch nie gemocht.
    Sie sagte: »Das geht Sie gar nichts an, und wenn Sie mit meiner Arbeit nicht zufrieden sind, dann gehe ich jetzt, in dieser Minute.«
    Das, so dachte sie, würde ihm einen Schock versetzen, denn Sekretärinnen gab es nicht wie Sand am Meer, und abgesehen von ihrer etwas unglücklichen Rechtschreibung konnte sie wirklich etwas. Er ließ sich jedoch gar nicht erschüttern, sondern hatte das letzte Wort.
    »Und wohin werden Sie gehen? Zurück in die Schule?«
    Jane blieb danach nichts anderes übrig, als die Frage geflissentlich zu überhören, erhobenen Hauptes ganz ruhig hinauszugehen und die Tür besonders leise hinter sich zu schließen. Sobald sie den Schreibsaal erreicht hatte, ließ sie den Deckel mit aller Gewalt auf ihre ausgezeichnete Schreibmaschine knallen und sagte: »So. Wie ich mir wünsche, es wäre der Kopf vom alten Philip.«
    Lorna fragte: »Ist was passiert? Hat er dich ausgelacht?«
    »Beides. Wieder die Rechtschreibung. Ich gehe. Er hat die Unverschämtheit besessen, mich zu fragen, wann ich aus der Schule gekommen bin.«
    »Arme Jane. Aber wenn ich ehrlich bin, du siehst wirklich aus, als hättest du letztes Jahr noch in der Quarta gesessen. Wie alt bist du denn wirklich?«
    »Etwas über einundzwanzig. Alt genug, um den ganzen Kram hier hinzuwerfen. Auf Wiedersehen, Lorna. Gib in meinem Auftrag ein bißchen Gift in Philips Tee. Ich werde eine bessere Stelle und einen besseren Chef finden.«
    Das war jedoch reine Angeberei, in Wirklichkeit fühlte sie sich am Boden zerstört. Jane haßte Fehlschläge, und ihr sonderbarer wunder Punkt, die Rechtschreibung, kränkte sie insgeheim tief in ihrem Stolz. Außerdem wußte sie, daß eine neue Stelle Schwierigkeiten mit sich bringen würde. Ohne eine Referenz von Park, Fairbrother and Park würde sie Erklärungen abgeben müssen. Und dann außerdem noch diese verdammte Rechtschreibung. Warum hatte sie mit diesem Handicap
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