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Zum Glück Pauline - Roman

Zum Glück Pauline - Roman

Titel: Zum Glück Pauline - Roman
Autoren: C.H.Beck
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Kinder … das ist genau das Richtige für mich … so von Kindern umgeben zu sein …»
    Ich glaubte, sie würde jeden Moment anfangen zu weinen. Auf einmal wurde mir bewusst, was ich nie geahnt hätte, nämlich dass sie darunter litt, dass sie keine Kinder hatte. Da gesellte sich Édouard zu uns:
    «Was macht ihr denn für Gesichter? Jetzt wird gefeiert!»
    «Ja … genau, du hast recht», gab Sylvie zurück. «Jetzt wird gefeiert!» Sie gab ihm einen Kuss und nahm gleich wieder Farbe an. Im Gegensatz zu Élise und mir hielten die zwei es nicht ohne einander aus. Sie waren für das gemeinsame Leben gemacht.
    Ich schlenderte weiter zwischen den Gästen umher. Es waren viele Freunde von Pauline da. Und endlich ergab sich die Gelegenheit, Pauline meine Kinder vorzustellen. Paul war zurück aus New York und hatte beschlossen, nun doch in Paris zu bleiben. Ich hatte ihm angeboten, im Hotel zu wohnen, und er fand die Idee klasse. Auch Élise war gekommen. Sie war noch nie so schön gewesen. Mich streifte der Gedanke, ich sei so eine Art Apparat, der die Frauen nichtzur Entfaltung kommen ließ. Sie war in Begleitung einer Freundin, die ich noch nie gesehen hatte. Mir graute ein wenig davor, sie mit Pauline bekannt zu machen. Aber das ging problemlos vonstatten. Die beiden küssten sich herzlich auf die Wange. Schließlich meinte Élise zu Pauline, nachdem sie mir einen Blick zugeworfen hatte: «Na, dann viel Glück.» Im Laufe des Abends beobachtete ich mehrmals, wie die zwei miteinander sprachen, und ich fürchtete, sie könnten auf mich zu sprechen kommen. Aber nein, sie wirkten beide ganz entspannt. Trotzdem war es komisch, Élise und Pauline so zusammen zu sehen. Ich schaute Élise an und fragte mich, in welchem Moment meine Ehe in die Brüche gegangen war. Als mein Schwiegervater gestorben war, hatte es sich schon abgezeichnet. Aber wann hatte das Ende angefangen? Ich drang nicht bis zum Keim des Bazillus vor. Vielleicht hatte der Abstieg begonnen, als ich körperlich abgebaut hatte. Und nervlich so angespannt gewesen war. Doch das war alles so weit weg. Ich sah Élise an, die nun nicht mehr meine Frau war.
    Ich hatte auch all die Leute eingeladen, die in den vergangenen Monaten eine Rolle in meinem Leben gespielt hatten. Wahrscheinlich wollte ich, dass sie sich davon überzeugten, dass es mir wieder besser ging. Man brauchte sich bloß an mich zu halten, um sie alle zu sehen. Da in einer Ecke saßen meine Eltern. Mein Vater hatte nicht einmal am Hotel herumgenörgelt, es grenzte an ein Wunder. Dort stand meine ehemalige Sekretärin Mathilde zusammen mit ihrem zukünftigen Gatten. Sogar Audibert hatte sich herbemüht, wasmich sehr freute und zugleich ein wenig überraschte. Er sagte zu mir: «Sie werden uns doch hoffentlich keine Konkurrenz machen!» Es war auch schön, Sophie Castelot wiederzusehen. Ich befragte sie mehrmals zu einem bestimmten Gast: «Was glaubst du, was der für sexuelle Probleme hat?» Sie war sehr lustig und kommentierte alles vom rein sexologischen Standpunkt aus. Auf meinem weiteren Weg traf ich auf die Zeugen meiner schwersten Stunden. Der mit Édouard befreundete Osteopath und der Psychoanalytiker, bei dem ich nur eine Sitzung gehabt hatte, waren ebenfalls zugegen. Und die Magnetfeldtherapeutin, der ja immerhin zu verdanken war, dass ich Pauline überhaupt kennengelernt hatte, durfte natürlich nicht fehlen. Ich hatte auch dem Arzt, der die Röntgenuntersuchung durchgeführt hatte, und dem, der die Kernspintomographie gemacht hatte, eine Einladung geschickt. Und so seltsam es klingen mag, sie waren tatsächlich gekommen.
    Ich driftete vorüber, vorbei an all diesen Haupt- und Nebendarstellern meiner Existenz, die nur eines gemeinsam hatten: ihre Bedeutung für mein Leben.

EPILOG
    Ich hatte Pauline eine Reise nach Berlin geschenkt. Wir flogen für eine Woche im Januar. Die Stadt wirkte wie ausgestorben, es war kalt, perfekt: Es gab keinen Grund, das Bett zu verlassen. Wenn man verliebt ist, kommt es nicht infrage, sich eine Stadt anzuschauen, so reizvoll sie auch sein mag. Pauline war mein Brandenburger Tor, mein Checkpoint Charlie, mein Reichstag, meine Siegessäule usw. Ich zähle die Sehenswürdigkeiten einer Stadt auf, die abgehakt ist.
    Unser Hotelzimmer ist unser Kokon. Von draußen hört man nur das Plätschern des Regens. Pauline ist seit geraumer Zeit unter der Dusche (sie räkelt sich, als würde sie im Stehen baden). Durch die Scheibe hindurch versuche ich, ihr Zeichen zu geben,
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