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Zum Glück Pauline - Roman

Zum Glück Pauline - Roman

Titel: Zum Glück Pauline - Roman
Autoren: C.H.Beck
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Zweifel. Meine Leidenschaft war so heftig, dass ich in große Aufregung verfiel. Das sind die Nebenwirkungen des Glücks. Es macht einen so anfällig. Man ist mitunter viel glücklicher, wenn nicht die ganze Energie in die Arbeit an einer Liebe fließt. Oder zumindest innerlich ausgeglichener. Eine Stunde, nachdem sie gegangen war, fand ich, ich sollte ihr jetzt eine SMS schicken. Das tat ich dann auch. Eine ganz einfache SMS. «Danke für den wundervollen Abend.» Sollte ich auch schreiben, dass ich mich danach sehnte, sie bald wiederzusehen? Nein, das verstand sich doch von selbst. Das war doch klar, dass ich siewiedersehen wollte und wir uns auch wiedersehen würden. Nichts deutete darauf hin, dass es kein Morgen geben würde. Womöglich würden wir uns sogar schon heute Abend wieder treffen. Ich fing schon an, sie schrecklich zu vermissen. Ihren Duft, ihre Haut, ihre Stimme. Ich starrte mein Handy an. Mehr konnte ich nicht tun. Jetzt musste ich ihre Antwort abwarten. Ich verfluchte denjenigen, der das Handy erfunden hatte. Man hält diese Dinger für einen Segen, doch manchmal dienen sie auch als moderne Folterinstrumente. Da die anderen im Prinzip immer leicht erreichbar sind, stellt sich umgekehrt auch schnell das Gefühl des Abgewiesenwerdens ein. Warum antwortete sie nicht? Ihr Schweigen ließ eine Angst in mir aufkeimen, die augenblicklich zu Verspannungen in meinem Rücken führte. Es war ein Teufelskreis.

8
    Intensität der Schmerzen: 2

Gemütslage: zwischen Hoffen und Bangen

9
    Die Arbeiten im Hotel schritten rasch voran. In wenigen Wochen konnte die feierliche Wiedereröffnung stattfinden. Ich engagierte eine Bekannte, die alles organisierte und sich auch um die PR kümmerte, damit das Ereignis in der Presse gebührend gewürdigt wurde. Vassilis verstand nicht recht, wozu man anlässlich einer Hoteleröffnung ein Fest veranstalten musste, doch er vertraute mir voll und ganz. Er wirkte manchmal etwas konfus. Einerseits freute er sich total, dass sich so viel tat, andererseits las ich in seinem Blick, dass er seinem schäbigen Hotel doch ein wenig nachtrauerte. All seine Träume wurden wahr, aber zugleich begriff er, dass die mühseligen Jahre auch den Charme einer gewissen Einfachheit besessen hatten. Nun gut, meistens war er verwundert und stolz. Es war ungefähr so, als ob sein Sohn plötzlich auf eine Eliteuniversität gehen würde. Am Abend hockte er im Eingangsbereich und betrachtete wie hypnotisiert den Empfang.
    Ich wollte dem Hotel einen literarischen Touch geben. Das war sicherlich keine besonders originelle Idee, aber so konnte ich wenigstens auf diese Art meiner Neigung Ausdruck verleihen. Ein solches Pantheon zu schaffen, war für mich in etwa so, wie einem Schriftsteller die Hand zureichen. Während wir an den Zimmern vorbei durch die Gänge streiften, erläuterte ich Vassilis meine Theorie:
    «Die Touristen mögen es gern, wenn sie sich in der Fremde ein bisschen wie zu Hause fühlen. Und den Gefallen tun wir ihnen.»
    «Und wie?»
    «Jedes Zimmer trägt den Namen eines Schriftstellers. Und dann quartieren wir unsere spanischen Gäste im Cervantes-Zimmer ein, die deutschen im Musil-Zimmer, die Iren kommen ins Joyce-Zimmer und die Italiener ins Calvino-Zimmer. Die Russen ins Gogol- oder ins Tschechow-Zimmer …»
    «Okay, ich glaube, ich habe schon verstanden. Für die Griechen brauchen wir ein Aristoteles-Zimmer … oder ein Platon-Zimmer … und am besten noch ein Sokrates-Zimmer … das ist ja alles andere als leicht, da eine Auswahl zu treffen … in der griechischen Geschichte wimmelt es nur so von Genies …»
    «Stimmt …», sagte ich, um ihn in seinem philosophischen Patriotismus zu bestärken.
    Auf unserem weiteren Streifzug durch unser Hotel kamen wir auch zu dem Zimmer, in dem Pauline und ich geschlafen hatten.
    «Und das wird das Gombrowicz-Zimmer», flüsterte ich.
    «Gombro- was? Wer ist das?»
    «Ein polnischer Schriftsteller.»
    «Ah okay … stimmt, manchmal haben wir auch polnische Gäste … die sind eigentlich immer total nett …»
    Vassilis murmelte noch ein paar Sätze über das Wesen der Polen vor sich hin, bevor er wieder nach unten an die Rezeption ging. Ich glaube, er sagte so etwas wie: «Mein Hotel ist international.» Ich blieb noch eine Weile vor dem polnischen Zimmer stehen.
    Pauline hatte nach unserer ersten Nacht nicht gleich auf meine SMS geantwortet. Erst am Abend. Das Warten auf ihre SMS war eine Qual. Sie schrieb: «Es war schön mit dir.» Sie hatte
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