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Zuflucht im Teehaus

Zuflucht im Teehaus

Titel: Zuflucht im Teehaus
Autoren: Sujata Massey
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wenig neidisch auf den Erfolg des Händlers.
    »Ich habe eine gute Quelle. Im Moment können Sie sie noch kaufen, aber ich würde Ihnen raten, es sich nicht zu lange zu überlegen. Gestern war eine Kundin hier und hat mich gebeten, die Kommode für sie zu reservieren. Sie ist nicht wiedergekommen, deshalb habe ich gerade beschlossen, sie wieder zum Verkauf anzubieten.«
    Wenn man so tut, als interessiere man sich nicht sonderlich für ein Stück, kann man manchmal einen Nachlaß heraushandeln. Aber ich hatte weder die Zeit noch die Energie für solche Spielchen. Also fuhr ich geradewegs in die Einkaufsgegend von Hita und stellte den Wagen im Parkverbot direkt vor Hita Fine Arts ab. Ich machte mir keine großen Gedanken über einen Strafzettel, weil ich ziemlich bald wissen würde, ob es sich lohnte, die tansu- Kommodezu kaufen oder nicht.
    Allzu große Hoffnungen machte ich mir nicht. Der Laden sah ganz nach einer Touristenfalle aus; die Fassade war mit ihrem Rot-Gold einem Shintoschrein nachempfunden. Im Erdgeschoß wurden industriell gefertigte Fischbehälter aus Ton, grell vergoldete Wandschirme und kitschige Hochzeitskimonos aus Kunststoff angeboten, alles pseudojapanische Sachen, die vermutlich in China hergestellt worden waren.
    Nana Mihori hatte gewollt, daß ich hierher kam. Daran versuchte ich mich zu erinnern, während ich auf die Verkaufstheke zusteuerte, über der ein Schild verkündete: WIR SPRECHEN ENGLISCH! WIR NEHMEN DOLLAR!
    »Nao Sakai hat seine Möbel eine Treppe höher«, erklärte mir die Dame an der Theke, als ich sie nach dem Antiquitätenhändler fragte, mit dem ich telefoniert hatte. »Gleich hinter der T-Shirt-Abteilung, neben den Briefmarken.«
    Das klang nicht so, als lege man in dem Laden sehr viel Wert auf Antiquitäten. Doch im oberen Stockwerk fand ich eine überraschend gute Auswahl an Sachen. Ich betrachtete eine wundervolle Küchen -tansu sowie ein paar kleinere Kommoden, die aussahen, als seien sie in Sendai und Yonezawa gefertigt worden.
    Ein schlanker Mann mit schmalem Gesicht saß im Schneidersitz auf einem Rosenholztisch und telefonierte. Nachdem er einen Blick auf mich geworfen hatte, sagte er: »Wenn Sie ein neues T- Shirt wollen – die sind drüben beim Fenster.«
    »Mein Name ist Rei Shimura. Ich habe Sie vorhin wegen der tansu- Kommodeangerufen.« Dabei verschränkte ich die Arme vor meinem zerknitterten T-Shirt, ohne seinem Blick auszuweichen.
    Sakai taxierte mich mit einem breiten Lächeln. »Shimura-san? Ich habe das Stück hinten für Sie bereitgestellt.«
    Ich folgte ihm in einen düsteren Lagerraum voller Pappkartons. Ganz hinten sah ich eine dunkle Kommode mit handgetriebenen Schmuckangeln aus Eisen und Metallbeschlägen.
    Mrs. Mihori hatte mir aufgezeichnet, was sie sich vorstellte; ich zog ihre Zeichnung heraus, um sie mit der Kommode zu vergleichen. Meine Kundin suchte nach einer kasane ,einer Aussteuertruhe in zwei Teilen, mit jeweils zwei Schubladen, die sich aufeinanderstellen ließen, um mehr Eindruck zu machen. Mrs. Mihori wollte hochwertiges Paulownia-Holz, verziert mit Kranichen und Schildkröten, glücksbringenden Symbolen, die sich oft auf Möbeln aus Yahata befanden. Die Metallteile dieser Kommode waren dunkel, allerdings nicht zu dunkel, und poliert, was darauf hindeutete, daß sie nicht künstlich auf alt getrimmt worden waren. Auch die handgeschmiedeten Nägel mit den unregelmäßigen Köpfen sahen so aus, als stammten sie tatsächlich aus der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts.
    »Sie kennen sich wirklich gut mit Möbeln aus«, sagte Mr. Sakai anerkennend, während ich die Schubladen herauszog, um sie mir genauer anzusehen. Die Einzelteile waren ordentlich miteinander verbunden, und sie hatten keine Löcher von Holzwürmern wie viele der tansu -Kommoden, die ich während meiner Einkaufsstreifzüge gefunden hatte. Diese wohlriechenden Zedernholzschubladen waren makellos und schienen erst vor kurzem abgeschmirgelt worden zu sein, was mich stutzig machte.
    »Haben Sie diese Kommode restauriert?«
    »Nein, natürlich nicht! Schließlich ist das hier ein kleines Geschäft, neh? Ich nehme die Sachen nur in Kommission und verkaufe sie so schnell wie möglich weiter.«
    An der Kommode war kein Preisschild. Als habe er meine unausgesprochene Frage gehört, sagte Mr. Sakai: »Der alte Herr macht gerade schwere Zeiten durch, deshalb wird er sich zu einem vernünftigen Preis von der Kommode trennen. Er verlangt eineinhalb Millionen Yen.«
    Das waren etwas
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