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Zu Staub Und Asche

Zu Staub Und Asche

Titel: Zu Staub Und Asche
Autoren: Martin Edwards
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und die Preise für Grundeigentum so hoch getrieben, dass er damit alteingesessene Familien ohne dickes Bankkonto aus Cumbria vertrieb. Nachdem er sein Unternehmen verkauft und sich vorzeitig zur Ruhe gesetzt hatte, widmete er sich vor allem seiner Sammlung seltener Bücher. Er war zu ihnen nach Hause gekommen, um ein Exemplar von A Guide Through the District of the Lakes in the North of England von William Wordsworth abzuholen. Marc hatte das Buch extrem günstig in einem Trödelladen in Penrith gefunden; er besaß den gewissen Blick für das Besondere, für den im Gerümpel verborgenen Diamanten. Dieses Buch war umso spezieller, als sein Deckblatt eine handgeschriebene Widmung von Wordsworth an den Earl of Lonsdale aufwies. Saffell hatte nicht um den Preis gefeilscht, und der Reingewinn hatte ihnen in jenem Jahr einen Urlaub in der Toscana ermöglicht. Hannah vermutete, dass auch dieses Buch in dem Feuer verbrannt war, das Saffell ebenfalls das Leben gekostet hatte. Allein bei der Vorstellung seines einsamen, schrecklichen Endes wurde ihr ganz anders.
    Vor vielen Jahren hatte ihr früherer Chef Ben Kind sie damit aufgezogen, sie habe viel zu viel Fantasie für eine Kriminalbeamtin, doch zumindest in diesem Fall lag er falsch. Fantasie war nicht nur von Vorteil, sondern möglicherweise sogar erforderlich. Wenn man sich nicht vorstellen konnte, was Menschen durchmachten, wie sollte man dann je verstehen, was sie dazu brachte, ein Verbrechen überhaupt zu begehen?
    Was Saffell anging, so hatte sein zivilisierter Small Talk seine Gier nie ganz verbergen können. Hannah erinnerte sich noch gut an das nackte, lüsterne Verlangen nach Besitz in jenem Augenblick, als er das Buch in die Hand nahm. Er verschlang es geradezu mit den Augen und musste mehrfach schlucken. Mit dem Finger fuhr er den Buchrücken entlang und legte dabei die Zärtlichkeit an den Tag, mit der ein Liebhaber nackte Haut streichelt.
    Während Hannah ihre Gedanken schweifen ließ, schimpfte Marc über Stuart Wagg.
    »Leider gibt es schlechte Nachrichten. Ich habe gehört, dass er wieder eine Freundin hat.«
    »Ist das eine schlechte Nachricht?«
    »Denk doch mal nach. Da ist wieder jemand, der seine Knete verschleudert, die er besser in seltene Bücher stecken sollte - als Absicherung, falls seine Rentenversicherung pleitegeht.«
    »Gibt es wirklich Leute, die so etwas tun? Die Bücher als Investition anschaffen?«
    »Leider nicht so häufig, wie ich es mir wünschen würde. Dabei wäre es angesichts der Wirtschaftskrise nicht die schlechteste Idee. Habe ich dir je erzählt, dass eine signierte Erstausgabe von Casino Royale im Lauf der letzten fünfundzwanzig Jahre eine bessere Rendite gebracht hätte als ein Sechszimmerhaus im angesagtesten Teil von Kendal?«
    »Höchstens ein halbes Dutzend Mal.«
    »Ich wollte dich nicht langweilen.« Sein gespielt schuldbewusstes Lächeln rührte sie noch immer, obwohl ihr inzwischen klar geworden war, dass er es zu oft benutzte. »Aber egal - heute Abend werden wir bestimmt viel Spaß bekommen.«
    »Vorausgesetzt, du bist noch nüchtern, wenn wir heimfahren.«
    Der Kaffee war durchgelaufen, und während Hannah ihre Becher füllte, dachte sie erneut über die Kleidungsfrage nach. Lederhosen passten eigentlich zu jeder Gelegenheit. Sie hatten die Farbe von Schokoladenkuchen, und wenn sie schon nicht wagte, welchen zu essen, dann konnte sie doch zumindest ein Kleidungsstück tragen, das sie daran erinnerte. Dazu vielleicht das Neckholder-Top mit den kupferfarbenen Pailletten und die braunen Stiefel, mit denen sie auch ins Freie gehen konnte, um das Feuerwerk zu bewundern.
    »Was hast du bloß gegen Silvester?« Das Thema ließ Marc offenbar keine Ruhe. »Immerhin ist es eine Gelegenheit zum Feiern. Jahreswechsel. Eine Zeit von Hoffnung und Erwartung.«
    Hannah unterdrückte ein Gähnen. Auf keinen Fall wollte sie ihm mit ihrer Skepsis die Laune verderben. Vielleicht wäre das sogar eine Idee für einen guten Vorsatz. Inwieweit sie ihn halten könnte, stand auf einem anderen Blatt.
    Streng dich an. »Eigentlich hast du recht.«
    »Weißt du was? Für heute Nachmittag ist trockenes Wetter angesagt.«
    »Hm.« Hannahs Vertrauen in den Wetterbericht entsprach etwa dem zu den Horoskopen der Astrologin Astarte.
    »Komm schon! Lass uns noch ein Stück laufen, ehe es dunkel wird.«
    »Vielleicht hinauf zum Schlangenweiher?«
    Sein Gesicht leuchtete auf und erinnerte sie daran, warum sie ihn so gern hatte.
    »Prima Idee.«
    Der
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