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Zu cool für dich

Zu cool für dich

Titel: Zu cool für dich
Autoren: Sarah Dessen
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Absichten hatte. Ja, nicht mal dann, wenn ich es selber wollte. Dieeinzige Chance, zu mir vorzudringen, bestand darin, sich anzuschleichen, durchzubrechen, die Barrikaden einzureißen. Kamikazemäßig. Ausgang der Mission ungewiss.
    An jenem Abend vor der Tanke hatte er gemeint, alles, was er je zu mir gesagt habe, sei wahr. In dem Moment hatte ich es ausgeblendet, konnte mich an nichts erinnern. Doch jetzt, während ich in dem Saal stand und meinen Rücken an die Wand presste, fiel es mir wieder ein.
    Plötzlich dachte ich: He, wir zwei haben was gemeinsam. Sind auf einer Wellenlänge.
Hatte er gesagt.
    Das war, nachdem er mich gegen die Wand geschubst hatte.
    Und ich hatte das eindeutige, todsichere Gefühl, dass etwas Großes geschehen wird. Für uns beide.
    Ich erinnerte mich, wie lächerlich ich das gefunden hatte. Ein Hellseher in einer Autohandlung, der mir meine Zukunft weissagte?
    Genauer gesagt   – es ist uns vorherbestimmt, zusammen zu sein.
    Vorherbestimmt. Dabei kannte er mich gar nicht. Hatte mich erst ein Mal kurz gesehen, und das quer durch einen ziemlich großen Raum.
    Du hast es nicht gespürt?
    Nein, in dem Moment nicht. Oder womöglich doch, in irgendeinem verborgenen Winkel. Und als ich es spä ter nicht mehr finden konnte, kam es von sich aus hervor, um nach mir zu suchen.
    »Sie schneiden die Torte an!«, rief eine Frau in grün glänzendem Fummel. Ich stieß mich von der Wand ab und steuerte den Seiteneingang an. Auf halbem Wegblieb ich allerdings fast stecken, denn die Leute stellten alle auf einmal ihre Gläser ab und drängten Richtung Tanzfläche. Ich schlängelte mich durch Anzüge, Fräcke, zerknitterte Kleider und eine dichte Parfumwolke, bis ich es endlich geschafft hatte und auf der anderen Seite wieder rauskam. Die Tür, die auf den Parkplatz hinausging, stand offen. Ich ging nach draußen. Doch von der Band keine Spur. Nur auf dem Bordstein lagen noch ein paar Mandarinenschalen verstreut.
    Hinter mir ertönte ein Trommelwirbel, gefolgt von Beckenrasseln. Der Trauzeuge stand mit hocherhobenem Glas am Mikrofon. John Miller hockte hinter ihm am Schlagzeug und pulte zwischen seinen Zähnen. Lucas stand am Rand der Bühne und goss verstohlen noch etwas Bier in einen Becher. Ted lungerte beim Gitarrenverstärker rum und machte ein finsteres Gesicht; er sah aus, als hätte er gerade eine Wette verloren. Ich verrenkte mir den Hals nach Dexter, aber dann versperrte mir eine füllige große Frau in Rosa den Blick, weil sie sich in den offenen Eingang stellte. Und plötzlich wusste ich, dass ich zu spät gekommen war.
    Ich schlang meine Arme um die Brust und ging ein paar Schritte in die Abendluft. Wieder einmal: schlechtes Timing. Schwierig, das nicht als kosmisches Zeichen zu deuten. Es war falsch gewesen herzukommen. Es sollte einfach nicht sein. Ich hatte es versucht und war gescheitert. Tja, vorbei.
    Und?! Was soll’s, dachte ich. Wer konnte denn überhaupt so leben? Das machte einen ja wahnsinnig! Ständig im Dunkeln tappen und rumrätseln, ziellos dahintreiben, hier ein Rums, da ein Stoß, kein klarer Kurs, an dem man sich orientierte. Jede Welle konnteeinen zum Kentern bringen. Es war so unvernünftig, so dumm, so bescheuert   –
    Da sah ich ihn. Er saß unter einer Laterne auf dem Bürgersteig, die Knie an die Brust gezogen. Für eine Sekunde konnte ich förmlich spüren, wie alles ineinander griff und das Timing plötzlich stimmte. Einfach so. Wie alle Teilchen an die richtige Stelle rückten. Hinter mir beendete der Trauzeuge gerade mit bewegter, gefühlvoller Stimme seinen Toast. Auf das glückliche Paar, sagte er, und die Gäste wiederholten es unisono, viele Stimmen zu einer einzigen verschmolzen.
Auf das glückliche Paar!
    Als ich zu Dexter rüberlief, gruben sich meine Fingernägel tief in meine Handflächen. Ich hörte Jubel: Braut und Bräutigam schnitten gemeinsam die Hochzeitstorte an. Die letzten paar Schritte dieser langen Reise legte ich sehr schnell zurück, ja ich rannte beinahe, bevor ich mich auf den Bordstein und gegen Dexter fallen ließ, um ihn für eine Sekunde aus dem Gleichgewicht zu bringen. Denn inzwischen wusste ich, dass es nur so anfangen konnte: Man musste mit voller Wucht reinkrachen.
    Ich stieß ihn heftig an. Er fuhr zusammen. Aber nachdem er sich wieder gefangen und seine Verblüffung überwunden hatte, sah er mich einfach an. Sagte kein einziges Wort. Denn wir wussten beide: Diesmal musste ich den Anfang machen.
    »Hi«, sagte
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