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Zores

Zores

Titel: Zores
Autoren: A Pittler
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g’wusst, welchen Betrag er da jetzt nehmen soll, ob wir noch bei Milliarden oder schon bei Trilliarden sind. Wissen S’ eh, die Inflation damals.“
    Bronstein nickte.
    „Na ja, jedenfalls hat er alle Mieter übernommen. Nur den Itz…, den Ju…, den Mosaischen aus dem zweiten Stock, den hat er außeg’haut. Da is die Wohnung dann lang leerg’standen.Bis so eine Fotografin oder was die is da einzogen is. Die lebt heut noch da. Des is die Raczek.“
    Bronstein merkte auf. An irgendetwas erinnerte ihn dieser Name, er wusste nur nicht mehr, woran. Die Hausmeisterin fuhr einstweilen fort: „Ja, die arbeitet für so Magazine und so. Fotos halt, ned wahr. A recht a fesche Person eigentlich, obwohl die sicher aa scho über vierzig ist. Und alleinstehend. Ich glaub ja, die hat’s mit andere Frauen, aber ich misch mich da ned ein, ned. Das geht mich ja nix an, was die Parteien so treiben, gell.“
    Sicherheitshalber nickte Bronstein.
    „Gegenüber von der Raczek wohnt die alte Vejvoda. Das ist die Mutter von diesem vaterländischen Schriftsteller da. Wissen S’ eh, der diese Dollfußelegien g’schrieben hat. Des Vaterlandes hellster Glanz und so an Schas. Und wissen S’ was, der kommt die ned amoi zu Weihnachten b’suchen. Die alte Frau is vollkommen bedient, jammert in einer Tour, was sie für einen Rabensohn hat, und der lasst sich nie anschauen.“
    Abermals nickte Bronstein.
    „Na jedenfalls is die weit über achtzig, und jeder weiß, die macht’s nimma lang. Des gilt auch für die Mieter im dritten Stock. Die waren beide schon da, wie ich noch gar ned auf mein’ Posten war. Der Matuschek, das is ein pensionierter Beamter, der war irgendwas im Parlament, so was mit Konzepte oder so.“
    „Konzeptsbeamter“, half Bronstein aus.
    Die Jedlicka musterte ihn jedoch nur skeptisch. „Kann sein. Konzeptsbeamter“, wiederholte sie langsam, „blöder Nam’. Was macht so einer eigentlich?“
    „Nix. Aber das ordentlich“, erklärte Bronstein lakonisch.
    Die Hausmeisterin schien sich bestätigt zu fühlen und ging nicht näher darauf ein. „Ja, der Matuschek muss circa siebzig sein, weil der is 1933 in Pension gangen.“
    „Sicher? 1933 ist ja das Parlament ausgeschaltet … hat sich selbst … na, Sie wissen schon, was ich mein’. Vielleicht ist er da einfach nur …“
    „Nein, nein, der is vorher in Pension gegangen. Weil wir noch g’witzelt haben, siehst, jetzt, wo der Matuschek in Pension is, jetzt müssen s’ den Laden gleich ganz zusperren.“
    Diese Argumentation war einleuchtend, befand Bronstein.
    „Gegenüber vom Matuschek wohnt der Frank. Der g’hört auch zu die Nazis. Is ein alter Spezl vom Suchy. Ich glaub, der hat dem Suchy damals auch g’sagt, dass das Haus da zum Verkauf steht. Der Frank war irgendwas beim G’richt. Anwalt oder so. Aber ned sehr erfolgreich. Der war dem Suchy immer wieder einmal den Zins schuldig, weil er kein Geld hat. Dafür hat er’s am Beuschel. Der is noch mehr bedient als die Vejvoda und ich z’samm.“
    „Die wohnen auch beide allein?“ Bronstein begann sich zu wundern, dass hier offenbar nur Junggesellen und alleinstehende Damen lebten.
    „Dem Matuschek ist letztes Jahr die Frau wegg’storben. Schwindsucht hat’s g’heißen. Ja mei, wird stimmen, gelt. So, wie die immer g’hustet hat. Die hat wahrscheinlich eh der Frank ang’steckt. Oder umgekehrt. Je nachdem. Und dem Frank is die Alte 1928 oder so abpascht, weil er’s immer trickert hat. Seitdem lebt er allein da und verfallt.“
    „Und im letzten Stock?“
    „Da wohnen links die Lehner und rechts die Stadler. Der Stadler hat die Friedhofsgärtnerei am Matzleinsdorfer Friedhof, da bei der Triester Straße draußen. Is auch ein strammer Nazi. Den sein Bub heißt Dankwart, stellen S’ Ihnen das vor. Sie is so eine etwas angejahrte Femme fatale. Früher war die eine fesche Gretl, wie man so schön sagt. Jetzt is s’ aber auchschon 45, und a bissl aus dem Leim is s’ gangen, die Grande Dame, ned wahr. Na kein Wunder, der Herr Gemahl is ja nie da, daher sitzt sie dann zu Haus und stopft sich mit Mehlspeisen voll. Vor allem, seit der junge Herr Stadler flügge geworden is. Der hat vor zwei Jahren g’heiratet. Nach Linz. Der lebt jetzt dort, und daher hat die Frau Mama nix mehr zu tun.“
    Bronstein fand, es war wieder einmal Zeit für ein Nicken.
    „Und die Lehner, die haben das Friseurg’schäft da vorn in der Lange Gasse. Er schneid’t die Haar, sie macht Waschen und Legen. Und das Madl
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