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Zores

Zores

Titel: Zores
Autoren: A Pittler
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Hausmeisterin. In so was hab ich ja schon Erfahrung.“ Sprach’s und verließ die Wohnung.
    Gleich beim Haustor wurde er fündig. Er klopfte. Nichts tat sich. Er klopfte abermals. Endlich kam ein schlurfendes Geräusch aus der Wohnstatt. „Momenterl, Momenterl, ned so gach. I bin eh scho do.“
    Quietschend wurde die Tür geöffnet. Eine bemerkenswert fade Person blickte neugierig auf Bronstein.
    „Sind Sie die Hausmeisterin da?“
    „Na, i bin da Hausherr. Drum wohn i a in dem Loch do und ned in der Beletage. … Sie kennan Fragen stellen! Oba guat, dass die Heh ned immer ganz auf der Heh is, des waaß ma eh.“
    „Woher …“
    „… i waaß, dass Sie a Kieberer san? Na weil S’ den Kinderverzahrer durt oben g’mocht ham. Oiso kräut do jetzt die Heh umanand. Is ja logisch, oder?“
    „Tja, wahrscheinlich schon. Und wie heißen nachher Sie?“
    „Nachher? Sie haaßen sicher ned Kieberer. Oiso stellen S’ ihna zerst amoi vur. Daun red i aa.“
    „Verzeihung, Gnädigste. Wo habe ich nur meine Manieren gelassen?“ Bronstein verbeugte sich übertrieben tief. „Oberst Bronstein vom Sicherheitsbüro Wien. Und mit wem habe ich die Ehre?“
    „Jedlicka. Ottilie Jedlicka. Na ja, mei Vota hat Otto g’haßen, und der wollt halt immer an Buam, ned. Dazua hot’s oba ned g’langt. Oiso bin i a Ottilie wurd’n. Na, aa wurscht. Ollaweu, des warat mei anzige Surg.“
    Bronstein beging den Fehler, eine Zehntelsekunde zu lange einen fragenden Gesichtsausdruck an den Tag zu legen. DieJedlicka fasste dies als Aufforderung auf, ihm ihre Krankengeschichte zu servieren.
    „Des Reißerte hob i. Seit ewig, versteh’n S’! Wasser in die Fiaß, Bluat im Rotz und Papp im Hirn. Schasaugert bin i, hatschen tua i, und waun i amoi scheißen kau, dann is der Dreck so hoat wia a Zwetschenkern. I huast in aner Tour, des Schädelweh is mei anziger Gost, der dafür oba dauerhaft, und waun i den nächsten Winter nu daleb, daun is des a Wunda. Oiso frogen S’ mi schnö, weu sunst bin i am End vurher hin, bevur S’ fertig san.“
    Bronstein bemühte sich um ein optimistisches Lächeln: „Aber geh’n S’. Doch ned eine so patente Person, wie Sie es sind. Sie sind doch allerhöchstens Mitte fünfzig.“
    Der leidende Gesichtsausdruck der Frau changierte augenblicklich zu furienhaftem Zorn: „Heast, G’füllter! Letzten Oktober bin i fuffzig wor’n!“
    Bronstein zuckte unwillkürlich zurück. „Na das mein’ ich ja“, stammelte er. „Sie … müssen schon entschuldigen. … Ich hab keine Übung … in … mit …“ Er machte auf hilflos und hoffte, damit den Mutterinstinkt der Hausmeisterin zu wecken. Tatsächlich wirkte sie ein wenig besänftigt.
    „Na ja, was will man schon erwarten von einem Spinatwachter. … Alsdern, was wollen S’ wissen?“
    Bronstein war froh, endlich auf vertrautes Terrain wechseln zu können.
    „Zuerst einmal, was gibt es über dieses Haus zu sagen? Wer wohnt da so aller? Wem gehört es? Und was gibt es sonst so zu wissen?“
    „Also g’hören tut das Haus niemandem.“
    Der Oberst zog die Augenbrauen hoch. „Niemandem?“
    „Na ja, was ich weiß, hat der Suchy keine Erben.“
    Schon wieder so eine vorwitzige Person. Das schien sich in Wien offenbar nie zu ändern. Alle Hausmeisterinnen waren verkannte Komikerinnen!
    „Gut. Das heißt, der Suchy war der Hausherr“, resümierte er resigniert. „Woher hat der sich das leisten können? Hat ihm das die Partei g’schenkt oder wie oder was?“
    „Hören S’, der war als G’schäftsmann ned unerfolgreich. Der hat Rindviecher verdraht. En gros, an diverse Fleischereien. Na ja, hat zu seiner Politik passt. Da hat er’s ja auch mit Rindviechern zu tun g’habt.“
    „Der Suchy war ein Rinderbaron?“
    „Aber woher denn! Der hat die Herden irgendwo billig in Rumänien oder in Ungarn z’sammkauft und dann von ein paar Zigeunern nach St. Marx treiben lassen. Dort hat er s’ dann an den Meistbietenden verscherbelt. Die Zigeuner haben eam an feichten Nasenrammel kost’, und so a Kuh kost’ hinter Großwardein aa ned vü mehr. Da zahlt ma das Zehnfache. Auf die Art hat sich der saubere Herr Arier g’sundg’steß’n. Da geht sich weit mehr aus als so ein Haus. Vor allem, wenn ma ka Familie hat.“
    „Aha, und wann hat er das Haus gekauft?“
    „Na, so 1923 oder 1924 wird’s g’wesen sein. Wir ham jedenfalls noch in Kronen zahlt. Daran kann i mi no erinnern, weil der alte Hausherr, der was bald drauf g’storben ist, hat gar ned
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