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Zielstern Centauri

Zielstern Centauri

Titel: Zielstern Centauri
Autoren: F. L. Wallace
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fortgeschrittene Chirurgie. Die Techniken waren zu gut oder nicht gut genug, je nachdem, von welchem Standpunkt aus man es betrachtete – dem des Arztes oder dem des Patienten.
    Zu gut, indem ein auch noch so schrecklich verstümmelter Mensch, vorausgesetzt, er war noch am Leben, wenn man ihn fand, am Leben erhalten werden konnte. Nicht gut genug, weil ein gewisser Prozentsatz dieser Unfallopfer nicht völlig wiederhergestellt werden konnte. Die Wunder der Heilkunst waren unvollkommen.
    Es gab nicht viele Menschen, die in die Kategorie dieser Unglücklichen fielen, aber obwohl die Einzelheiten sich in jedem Fall unterschieden, so waren doch die Endergebnisse unweigerlich immer dieselben. Krankheiten gab es nicht mehr. Jedermann war gesund – außer jenen Menschen, die bei einem Unfall so schwere Verletzungen davongetragen hatten, daß es auch mit Hilfe aller chirurgischen Finessen nicht mehr möglich war, sie zurück in die wohlgestaltete Schablone zu pressen, die so charakteristisch war für die Gesamtbevölkerung der Erde. Diese wenigen schickte man nach Handikap-Hafen.
    Froh waren sie darüber nicht. Wem paßt es schon, sein Leben auf einem einsamen Asteroiden beschließen zu müssen? Trotzdem wollten sie auch nicht zur Erde zurück. Ein Krüppel ist sensibel, und sie waren sich absolut klar darüber, wie sehr sie auffallen würden zwischen all den wohlgestalteten Männern und Frauen, die die Planeten des Sonnensystems bevölkerten. Nein, die Bewohner von Handikap-Hafen wollten nicht zurück.
    Was sie wollten, war etwas Lächerliches. Sie hatten es untereinander eingehend besprochen und ihre Wünsche schließlich in einer Bittschrift niedergelegt. Sie hatten darin um Raumschiffe gebeten, um darin die erste lange Reise nach Alpha und Proxima Centauri zu unternehmen. Die Raumfahrt war immer noch auf das Sonnensystem beschränkt, und für normale Menschen gab es keine Möglichkeit, selbst zu den Nachbarsternen zu gelangen. Die Versehrten glaubten, diese Schranke durchbrechen zu können. Einige von ihnen würden losfliegen, der Rest zurückbleiben müssen, aber doch in dem Bewußtsein, einen wertvollen Beitrag zu jenem gefährlichen Unternehmen geleistet zu haben.
    Es war eine besonders unkontrollierbare Form des Selbstbetrugs. Sie waren die Menschen ohne eigenes Gesicht, Menschen, die ihr Herz nicht in der Brust, sondern in einer Maschine trugen, Menschen mit zu wenig Gliedern – oder zu vielen. Die Zahl der Arten ihrer Gebrechen war endlos. Jeder von ihnen war ein einmaliger Fall.
    Gerade diese Tatsache aber bildete das Abschlußstück in dem Circulus vitiosus. Denn die Versehrten waren geeignet. Unter all den Milliarden Bürgern des Sonnensystems waren sie es, die allein fähig waren, die lange Reise zu unternehmen und zurückzukehren. Doch gab es bestimmte Faktoren, die eine solche Lösung ausschlössen.
     
2. Kapitel
     
    Docchi saß neben dem Teich. Er hätte es begrüßt, wenn er hätte vergessen können, wo er sich befand. Auf den ersten Blick erinnerte seine Umgebung an eine ländliche Szene auf der Erde, nur war der Horizont zu nahe, der Himmel zu flach und niedrig und von einer zu gleichmäßigen Helle. Er spürte die Dunkelheit, die dahinter lauerte.
    Ein kränkelnder Baum spendete kärglichen Schatten. Kleine Wellen leckten gurgelnd gegen die Ufer. Doch keine einzige Pflanze milderte seine Nacktheit, und kein einziger Fisch schwamm in der Flüssigkeit. Sie sah aus wie Wasser, war aber keines – der Teich enthielt Säure. Eine massige Gestalt trieb darin, nur Kopf und unförmige Schultern ragten über die Oberfläche. In den Archiven des Krankenhauses wurde sie als Frau geführt.
    „Sie haben abgelehnt, Anti“, sagte Docchi bitter.
    „Was hattest du denn erwartet?“
    „Jedenfalls nicht das. Ohne Angabe von Gründen.“
    „Du kennst diese Leute noch nicht. Warte ab, bis du solange hier bist wie ich.“
    „Abwarten, das hat mir auch Cameron geraten. Was sollen wir machen? Eine neue Bittschrift abfassen?“
    „Memorandum Nummer zehn? Sei nicht naiv. Sie werden sich nicht einmal die Mühe machen, sie zu lesen.“
    Docchi rutschte ein wenig näher. „Dann meinst du also, wir sollten mit unserem Plan beginnen? Gut. Ich werde Jordan holen. Ich brauche Arme.“
    Er stand auf. Anti rief ihm nach: „Wir sehen uns, wenn du zum fernen Centaurus startest.“
    „Nein, früher noch, Anti. Viel früher.“ In dem Dämmerlicht zeigte sich jetzt über ihm das zarte Spinnengewebe der Träger, die die
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