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Zeugin am Abgrund

Zeugin am Abgrund

Titel: Zeugin am Abgrund
Autoren: Ginna Gray
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zu hören, ob sich noch jemand im Club aufhielt, aber das leise Brummen der Heizung war alles, was sie wahrnehmen konnte. Trotzdem kam sie nicht heraus. Es konnte ein Falle sein. Carlo saß vielleicht irgendwo da draußen in der dunklen Lounge und wartete darauf, dass sie auftauchte.
    Nach einiger Zeit begann die unbequeme Haltung, in der sie sich befand, die Hysterie zu überwinden. Sie spürte jeden einzelnen Knochen, und außerdem war ihr eiskalt, obwohl die Heizung nach wie vor lief.
    Lauren runzelte die Stirn und überlegte, was sie machen konnte, bis ihr auffiel, dass Carlo und seine Männer vergessen hatten, das Fenster zu schließen.
    Ihre Gedanken kehrten immer wieder zu diesem Fenster zurück, das als Fluchtweg so verlockend war. Die Öffnung war zwar klein, doch sie war sicher, dass sie sich hindurchzwängen konnte.
    Aber wenn Carlo oder einer seiner Leute noch immer in der Lounge waren, würde man sie hören. Sie biss sich auf die Unterlippe und dachte nach. Sie konnte auch nicht einfach hier bleiben.
    Nach einigen Augenblicken fasste sie sich ein Herz und öffnete langsam die Schranktür.
    Es war äußerst mühsam, sich aus der Position zu lösen, in der sie im Unterschrank gekauert hatte, aber schließlich schaffte sie es, ihn zu verlassen. Einen Moment lang lag sie auf den kalten Fliesen, und erst beim dritten Anlauf gelang es ihr, sich aufzurichten. Jeder Muskel in ihrem Körper schmerzte, und sie musste die Zähne zusammenbeißen, um nicht aufzustöhnen. Sie humpelte ein paar Mal hin und her, um sich zu strecken und zu dehnen.
    Als der Schmerz einigermaßen erträglich war, sah sie sich in der fast völligen Dunkelheit nach etwas um, auf das sie steigen konnte, um das Fenster zu erreichen. Das Einzige, was sie entdeckte, war der Abfalleimer neben dem Waschbecken. Er reichte ihr bis zur Hüfte, war aus Metall und so schwer, dass sie ihn nicht heben konnte. Sie kippte ihn leicht an, um ihn drehend bis zum Fenster zu bringen.
    Alle paar Sekunden sah sie sich zur Tür um, dann stieg sie auf den Abfalleimer und klammerte sich am Fenstersims fest. Als sie ein Bein über den Sims geschoben hatte, verlor sie einen Schuh, außerdem kippte der Eimer unter ihr weg. Der Lärm, den er dabei verursachte, ließ die Katzen in der Gasse aufgeschreckt davonlaufen, während Laurens Adrenalinspiegel sprunghaft anstieg.
    Sie schob sich wie ein Aal durch die schmale Öffnung und landete auf allen vieren auf dem Straßenbelag, wobei sie sich die Handflächen und ein Knie aufscheuerte. Sie nahm aber weder den Schmerz wahr, noch nahm sie sich die Zeit, nach dem Schuh zu suchen. Die Tonne rollte noch immer durch die Toilette, als sie bereits das lange Kleid gerafft hatte und durch die Gasse davonrannte.

2. KAPITEL
    S pecial Agent Sam Grey Wolf Rawlins wusste, dass sich etwas Großes zusammenbraute, als er das Office des Senior Agent betrat, der das Büro des FBI in Denver leitete und der meist nur kurz und prägnant als SAC bezeichnet wurde, also als Senior Agent in Charge.
    Harvey Weiss saß an seinem Schreibtisch und machte einen nervösen Eindruck, während Sams direkter Vorgesetzter Charley Potter vor dem Fenster auf und ab ging. Beide Männer zogen gierig an ihrer Zigarette, und das Gleiche galt für Todd Berenger, David Owens und Roy O’Connor, die drei Agenten, die im Halbkreis vor Harveys Schreibtisch Platz genommen hatten. Bläuliche Rauchschwaden erfüllten den Raum.
    “Hat hier eigentlich noch niemand was von Lungenkrebs gehört?”
    Harvey warf ihm einen finsteren Blick zu. “Wird Zeit, dass Sie hier auftauchen, Rawlins. Wo zum Teufel haben Sie gesteckt?”
    “Die letzte halbe Stunde habe ich hinter einem Schneepflug zugebracht. Falls Sie es noch nicht bemerkt haben: Der Sturm hat Denver in den letzten Stunden fast einen halben Meter Schnee beschert.”
    “Wenn Sie nicht in diesem Cañon mitten im Nichts leben würden, dann könnten Sie in solchen Situationen schneller einsatzbereit sein.” Harvey betrachtete Sams Jeans, Stetson und die abgewetzten Cowboystiefel und verzog missbilligend die Mundwinkel.
    Sam ignorierte die Bemerkung und den Blick. Wenn es Harvey nicht gefiel, wo er wohnte, dann war das sein Problem. Er brauchte Platz, um atmen zu können. In der Großstadt hätte er es nicht länger als einen Tag ausgehalten. Außerdem wäre er schön dumm, wenn er in die Stadt ziehen würde, nur damit Harvey vor seinem Chef gut dastand.
    Der SAC deutete auf den vierten Stuhl vor seinem Schreibtisch. “Wir
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