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Zeugin am Abgrund

Zeugin am Abgrund

Titel: Zeugin am Abgrund
Autoren: Ginna Gray
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Erdgeschoss. “Arschloch.”
    Lauren Brownley war in keiner Weise das, was Sam erwartet hatte. Zu seiner Überraschung und Verärgerung zugleich fühlte er sich im selben Augenblick zu ihr hingezogen, als er sie das erste Mal durch den von einer Seite durchsichtigen Spiegel sah. So etwas war ihm noch bei keiner Zeugin passiert, und er musste feststellen, dass es ihn zutiefst irritierte.
    Offenbar war er nicht der Einzige, der so reagierte. Neben ihm flüsterte Dave: “Wow.”
    Todd stieß einen leisen Pfiff aus. “O Mann, ich glaube, das ist wahre Liebe.”
    “Du? Der Bürohengst?” schnaubte Sam. “Das möchte ich bezweifeln. Ich würde eher sagen, du meinst wahre Lust.”
    “Egal was, ich bin süchtig nach ihr. Und du darfst die nächsten Wochen mit ihr verbringen. Verdammt.”
    “Ich würde liebend gern mit dir tauschen.”
    Todd lachte auf. “O ja, und dann dreht uns Harvey den Hals um. Aber … das wäre die Sache wert. Verdammt, Sam, du warst schon immer der Glückspilz.”
    Lieutenant John Dumphries und Detective Allen Morgan vom Denver Police Department lachten amüsiert.
    “Tja, die Kleine ist schon was Besonderes”, meinte der Detective.
    “Hmm”, machte Sam und beobachtete aufmerksam die Frau, um jedes Detail zu erfassen.
    Sie tigerte wie ein eingesperrtes Tier im Verhörraum hin und her, die Arme vor der Brust verschränkt und eng an den Körper gepresst. Sie war klein, höchstens eins sechzig, und sehr zierlich gebaut. Im unerbittlichen Schein der Neonröhre hatte ihr kastanienbraunes Haar einen kupfernen Schimmer. Jedes Mal, wenn sie das Ende des Raums erreicht hatte und umkehrte, legte sich die lange, volle Mähne wie ein seidenes Cape um ihre Schultern.
    Sam beobachtete, wie sie wieder näher kam. Ihre Augen waren grün, wie er sehen konnte, als sie vor dem Spiegel stehen blieb und nur Zentimeter von ihm entfernt war. Ihre Gesichtszüge waren so anmutig wie ihr gesamtes Erscheinungsbild, auch wenn ihre Haut im Moment blass war.
    Wahrscheinlich vom Entsetzen, überlegte er sachlich. Und von der Erschöpfung, die ganze Nacht auf zu sein.
    Sie trug ein bodenlanges, eng anliegendes Abendkleid mit langen Ärmeln aus einem hauchdünnen Stoff und mit einem dezenten Ausschnitt. Überrascht bemerkte er, dass das Kleid nicht das mindeste Dekollete zeigte. Eine schwarze Samtjacke, die mit schwarzen Pailletten besetzt war, hing über der Stuhllehne. Ihr Outfit schien eher zu einer Opernbesucherin zu passen, nicht aber zu einer Frau, die in einem Nachtclub Klavier spielte.
    Ihr Kleid war schmutzig und zerknittert, und auf Kniehöhe war der Stoff aufgerissen. Sogar Sam konnte sehen, dass es aus einem teuren Material geschneidert worden war. Bei jedem Schritt, den sie machte, war durch den seitlichen Schlitz zu sehen, dass sie eine schwarze Strumpfhose, aber keine Schuhe trug.
    “Was ist mit ihren Schuhen?” fragte Sam.
    “Sie behauptet, dass sie sie auf der Flucht verloren hat.”
    “Sie ist nicht gerade Carlos Typ.” In der Vergangenheit hatte der Mafiaboss mehr auf vollbusige Blondinen mit einem Gespür für modische Kleidung gestanden, das in etwa dem von Dolly Parton entsprach. Aber obwohl diese Frau barfuß und sichtlich aufgewühlt war, strahlte sie eine Eleganz aus, die den anderen Frauen vor ihr gefehlt hatte.
    Der Lieutenant räusperte sich. “Was das angeht, erklärt Miss Brownley, sie sei lediglich bei Giovessi angestellt. Sie sagt, dass sie nur am Wochenende im Club Classico arbeitet. Unter der Woche ist sie Musiklehrerin an der University of Denver.”
    Ganz bestimmt, dachte Sam und beobachtete weiter die Frau. Auf dem Weg hierher hatte er einen flüchtigen Blick in ihre Akte geworfen. Die hier sah edel aus und konnte Klavier spielen. Na und? Carlos Gespielinnen arbeiteten immer in seinem Club, egal in welcher Funktion.
    Es wurde vermutet, dass er so seine aktuelle Geliebte an der kurzen Leine halten konnte, aber Sam glaubte eher, dass er sie in seinem Club anstellte, damit Mrs. Giovessi nichts merkte. Wenn Carlo einen Menschen fürchtete, dann war es seine Frau Sophia.
    “Was haben Sie bislang über sie gefunden?”
    “Nicht viel. Wir haben das Kennzeichen ihres Wagens und ihre Adresse. Hier ist unser vorläufiger Bericht”, sagte Lieutenant Dumphries und gab Sam eine Akte. “Ihre Aussage finden Sie auch da drin.”
    Als er die erste Seite überflog, grinste Detective Morgan. “Erkennen Sie die Adresse wieder?”
    “Ja.” Sie war ihm schon aufgefallen, als er auf der Fahrt
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