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Tiefseeperle

Tiefseeperle

Titel: Tiefseeperle
Autoren: Tabea S. Mainberg
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Kapitel 1
    Das feudale Gutshaus lag sehr idyllisch in der Nähe von Werder und Potsdam, trotzdem nah genug an der pulsierenden Hauptstadt Berlin. Es hatte eine wunderschöne Parkanlage und einen eigenen kleinen See. Allerdings war seit einigen Jahren das Grundstück mit einem Zaun umgeben, und die Zufahrt zu dem antiken Gebäude nur durch ein großes und stets verschlossenes schmiedeeisernes Tor möglich.
     
    Victoria Du Mont steuerte ihren SUV, nachdem sie sich mit dem heutigen Codewort legitimiert und man ihr an der Pforte Einlass gewährt hatte, zielstrebig zu dem Haupthaus. Dort parkte sie ihr Fahrzeug hinter dem Gebäude auf einer eigens dafür eingerichteten, nicht einsehbaren Fläche. Diese war auch bereits gut belegt, etliche Luxusfahrzeuge hatten sich wie Zinnsoldaten aufgereiht.
    Es dämmerte, das Gebäude war an diesem lauen Frühlingsabend in ein seichtes Licht getaucht. Bevor sie jedoch ausstieg, zog sie eine Latexmaske über ihr Gesicht. Es war nur eine Halbmaske, der Kopf bis unterhalb der Nase war verdeckt, eine Spezialanfertigung, denn sie konnte Vollmasken nicht ertragen.
     
    Der schwarze Latex war an den Augen noch einmal mit roter Farbe abgesetzt und gab ihrem Anblick etwas ‚Katzenhaftes‘. Ihre vollen und rot geschminkten Lippen und das spitze Kinn blieben frei. Auffallend, wie durch eine kleine Öffnung am Hinterkopf ihre langen und üppig schwarzen Haare durch die Kopfbedeckung hindurchführten – wie ein stolzer Pferdeschweif drapierte sich ihr Haar. Sie trug einen schwarzen Latexanzug, der jede Hautfalte und Rundung offenbarte. Ihre Taille war korsettiert, und die 15-cm-hohen Plateaustiefel, die ihre ursprüngliche Größe von 172 cm noch eindrucksvoller wirken ließen, machten es ihr auch nicht leichter, über den Kiesweg zum Eingang des Herrenhauses zu stolzieren.
     
    Sie drückte die Klingel, und nach wenigen Augenblicken öffnete ihr ein Mann in einem schwarzen Anzug. Sein Gesicht war mit einer Art schwarzer Vogelmaske unkenntlich gemacht.
    „Mistress Du Mont. Im Namen des Grafen heiße ich Sie willkommen!“
    Die Lady nickte und schritt an diesem Tag zum vierten Mal durch die schwere Eingangstür. Sofort wurde sie von dieser einzigartigen Atmosphäre eingenommen: Gregorianische Gesänge hallten durch unsichtbare Lautsprecher und ließen den Eingangsbereich mit seinen alten Rüstungen und Ahnengemälden mystisch wirken. Der Diener an der Tür sagte noch: „Ihr Sklave erwartet Sie schon an seinem Platz!“
    Die Lady nickte und begab sich ohne Zögern in das Kellerverlies des Herrenhauses, vorbei an verzückt wirkenden Personen, die, in Lack- oder Ledergewändern oder nur mit einem Sklavengeschirr bekleidet, ihren Weg säumten.
     
    Sie trat an den Käfig heran. Ein kniender, nackter Mann, sein Gesicht war mit einer Ledermaske bedeckt, schien sie erwartet zu haben.
    Victoria schaute auf den am Boden kauernden Greis. Johannes von Hohenstein war nun schon so lange ihr Kunde. Seit sie vor sechs Jahren den „Fetischsalon“, ihr eigenes Dominastudio, in Berlin eröffnet hatte, war er einer der wenigen wirklich devoten Gäste, die sich einer Herrin unterwerfen wollten. Die meisten Gäste waren Männer, die sich in ihrem Fetisch „bespaßen“ lassen wollten. Die Vorstellung, dass eine Domina nur ihre Neigungen und Spielchen auslebte, die Männer tatsächlich benutzte, entbehrte jeglicher Realität. Es war eine Dienstleitung, die es zu erfüllen galt. Lady Du Mont deckte eine breite Palette ab – denn der Bereich der bizarren Gelüste und Fantasien war vielfältig und auch einem ständigen Wandel unterworfen. In den letzten Jahren ging der Trend stark in Richtung Fetisch. Besonders hervorzuheben die Vorliebe für Latex. Dieses Gummimaterial erfreute sich höchster Beliebtheit. Doch das Equipment - Anzüge, Masken, Strümpfe und dergleichen - war unendlich teuer. So kamen ihr Veranstaltungen dieser Art, wie sie auf dem Anwesen des Grafen stattfanden, sehr gelegen. Wenig Aufwand und ein sehr hoher Tribut.
    Von Hohenstein wollte, dass sie ihn vorführte und benutzte. Es sollte für alle anderen, die diese illustre Veranstaltung besuchten, so aussehen, als wäre sie seine ‚echte‘ Domina und nicht nur für diese Zeit gebucht, denn die Gäste, die sich hier ihren frivolen Lustspielen hingaben, hatten für die professionellen Damen wenig Sympathien. Es war eine absolute Ausnahme, dass der Veranstalter dieser bizarren Zusammenkünfte dies überhaupt zugelassen hatte - ein Gefallen an
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