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Zero Option: Thriller

Zero Option: Thriller

Titel: Zero Option: Thriller
Autoren: Tom Wood
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gebohrt. Die Wunde war gut verheilt, und er hatte nichts von seiner Beweglichkeit eingebüßt. Ein plastischer Chirurg hatte dafür gesorgt, dass nur minimale Narben zurückgeblieben waren, aber trotzdem … gelegentlich tat die Wunde noch weh.
    Eine von Victors Grundregeln besagte, dass die Fenster sowie Fensterläden, Jalousien oder Gardinen jederzeit geschlossen bleiben mussten. Daher spähte Victor jetzt, als er zum Fenster hinausschauen musste, durch den schmalen Spalt zwischen den Vorhängen. Er gestattete ihm einen eingeschränkten Blick auf die Welt da draußen … eine Welt, die er schon lange aufgegeben hatte und in die er nie wieder zurückkehren konnte.
    Als ihm bewusst wurde, dass er gerade an einen Menschen dachte, an den er auf gar keinen Fall denken durfte, nahm er eine kleine Wodkaflasche aus der Minibar und trank sie in einem Zug leer. Und benötigte seine gesamte Willenskraft, um sich keine zweite zu holen.
    Victor schob die SIG ein wenig zur Seite und klappte einen kompakten Laptop auf. Er fuhr ihn hoch, gab sein Passwort ein und stellte eine Internetverbindung zu seinem Bankkonto auf den Cayman Islands her. Erfreulicherweise war erst vor Kurzem eine sehr große Summe dort eingegangen. Vor zwei Tagen, unmittelbar nachdem er von dem Auftrag erfahren hatte, hatte er schon einmal die gleiche Summe erhalten. Das war sein übliches Verfahren – die eine Hälfte vorher, die andere nachher. Dieses Mal war sein Honorar höher ausgefallen als ursprünglich vereinbart, als kleine Entschädigung für die sehr kurzfristige Ansage.
    Bis vor zwei Tagen hatte er noch in der Vorbereitung auf seinen eigentlich geplanten ersten Auftrag für die CIA gesteckt. Man hatte ihm gesagt, dass er kurz danach mit einem zweiten und vielleicht auch einem dritten Auftrag rechnen sollte, doch dann war überraschend der Bukarest-Job – die Tötung eines Auftragskillers, bevor dieser einen Mann töten könnte, den sein Auftraggeber am Leben lassen wollte – mit einer strikten Terminvorgabe dazwischengekommen. Victor hatte nicht gezögert. Er war froh gewesen, wieder an die Arbeit gehen und die eingerosteten Glieder ein bisschen bewegen zu können. Es war alles perfekt gelaufen. Sein erster Mord nach einem halben Jahr.
    Es dauerte keine Sekunde, bis er die Pistole in der Hand hatte und aufgesprungen war.
    Er hatte einen Schrei gehört. Weibliche Stimme. Victor ging zur Tür und schaute durch den Spion. Niemand zu sehen. Er verharrte regungslos, lauschte angestrengt. Zehn Sekunden vergingen, ohne dass er etwas hörte. Er drückte die SIG seitlich an den Körper, damit sie nicht zu sehen war, und machte die Tür auf, blickte nach links, dann nach rechts. Alles frei.
    Nach einer Minute setzte er sich wieder an den Schreibtisch. Verblüffend, wie heftig er reagiert hatte. Der Schrei konnte alle möglichen Ursachen gehabt haben. Vielleicht hatte jemand im Nebenzimmer Kaffee verschüttet oder war in der Dusche einer Spinne begegnet. Oder aber der Schrei existierte nur in seinem Kopf, und er war dem Wahnsinn wieder einen Schritt näher.
    Er behielt die Waffe in der rechten Hand, fuhr mit dem linken Daumen über das Touchpad des Laptops und steuerte das E-Mail-Konto an, das der Kommunikation mit seinem Auftraggeber diente. Nicht zurückzuverfolgen, das hatte man ihm versichert. Es gab keinen Anlass, dieser Zusage zu misstrauen. Sein Auftraggeber hatte kein Interesse daran, dass die NSA oder ein anderer Geheimdienst seinen E-Mail-Verkehr mit einem international gesuchten Auftragskiller in die Hände bekam. Zumindest schien das Konto immun gegen alle Arten von Spam zu sein, und schon das reichte, um Victor so glücklich zu machen wie lange nicht.
    Im Posteingang fand er eine Nachricht seines Auftraggebers. Er merkte sich die darin genannte Zahlenfolge und gab sie in das VoIP-Programm seines Laptops ein.
    Während der neun Sekunden bis zum Zustandekommen der Verbindung drang aus den Lautsprechern des Laptops ein imitierter Wählton. Dann ertönte ein kehliger Bariton: »Schön, wieder von Ihnen zu hören.«
    Victor blieb stumm. Er hörte, wie jemand mit der Zunge schnalzte.
    »Sie sind kein Mann vieler Worte, nicht wahr?«
    »Offensichtlich.«
    »Also gut«, meinte der Verbindungsmann. »Auf Small Talk können wir auch verzichten, Mr. Tesseract.«
    Victor hatte seinen Auftraggeber bisher nur einmal gesehen, vor knapp sechs Monaten, in einem Krankenhaus. Dort war ihm angeboten worden, für die CIA zu arbeiten, obwohl er, genau genommen, gar
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