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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft
Autoren: Gregory Benford
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Frage der Quantenmechanik, wer der Beobachter wäre, war schließlich gelöst worden. Tachyonen waren eine neue Art von Wellenerscheinung, Kausalitätswellen in einer Schleife zwischen Vergangenheit und Zukunft, und die Paradoxe, die sie erzeugen konnten, ergaben eine Physik neuer Art. Das Wesen des Paradox war die Möglichkeit sich gegenseitig ausschließender Resultate, und Tanningers Bild der Kausalschleife war wie das der quantenmechanischen Wellen. Unterschiede kamen in der Interpretation des Experiments zutage. In Tanningers Bild veranschaulichte eine Art Wellenfunktion, die der alten Quantenfunktion ähnelte, die verschiedenen Ergebnisse der Kausalschleife. Aber die neue Wellenfunktion beschrieb keine Wahrscheinlichkeiten – sie sprach von unterschiedlichen Universen. Wenn eine Schleife aufgebaut wurde, teilte sich das Universum in zwei neue Universen. Wäre die Schleife vom simplen Töte-deinen-Großvater-Typ, gäbe es als Ergebnis ein Universum, in dem der Großvater lebte und der Enkel verschwände. Der Enkel erschien, nachdem er zurück durch die Zeit gereist war, in einem anderen Universum wieder, wo er seinen Großvater erschossen und sein Leben zu Ende gelebt hatte, durch all die Jahre, die durch seine Handlung für immer verändert worden waren. In keinem der beiden Universen hielt irgend jemand die Welt für paradox.
    All dies kam durch den Einsatz von Tachyonen zur Erzeugung einer Zeitschleife in der Art einer stehenden Welle. Ohne Tachyonen kam es nicht zur Aufteilung in verschiedene Universen. Daher war die Zukunftswelt, die Gordon die Botschaften geschickt hatte, vergangen, unerreichbar. Irgendwann im Herbst 1963 hatte die Aufteilung stattgefunden, dessen war Gordon sich sicher. Irgendein Ereignis hatte Renfrews Experiment unmöglich oder unnötig gemacht. Es könnte die Pressekonferenz von Ramsey und Hussinger sein… oder die Deponierung der Botschaft in dem Schließfach… oder die Kennedy-Geschichte. Eins davon, gewiß, aber was?
    Er bewegte sich durch die Menschen, grüßte Freunde, ließ seine Gedanken treiben.
    »Gordon!« rief eine helle Stimme über den Gesprächswirrwarr hinweg. Er wandte sich um. Marsha bahnte sich ihren Weg durch die Menge. Er beugte sich vor und küßte sie. Sie trug eine Reisetasche und schwang sie sorglos herum, während sie sich umdrehte, um Bekannte zu begrüßen. Sie erzählte ihm von dem Verkehrschaos, in das sie nach dem Flug von LaGuardia geraten war. Ihre Augenbrauen schossen hoch, um bestimmte Worte zu unterstreichen, ihre Hände beschrieben mit schnellen Kreisbewegungen knapp vermiedene Zusammenstöße. Die Aussicht, ein paar Tage ohne die Kinder verbringen zu können, versetzte sie in eine hektisch-fröhliche Stimmung, die auf Gordon übergriff. Er bemerkte, daß er während des überheizten, prunkvollen Empfangs mürrisch gewesen war, und Marsha hatte das in einem Moment wegradiert. An diese Eigenschaft, ihre strotzende Lebendigkeit, erinnerte er sich am besten, wenn er von ihr getrennt war. »Mein Gott, da ist ja dieser Lakin«, sagte sie und verdrehte die Augen in gespielter Panik. »Gehen wir in die andere Richtung, ich will nicht unbedingt mit ihm anfangen.« Gattentreue. Sie zog ihn zum Shrimpssalat, den er übergangen hatte; wahrscheinlich war er instinktiv einem genetisch verankerten Ernährungsaxiom gefolgt. Marsha nahm auf dem Weg ein paar Freunde ins Schlepptau – um eine Schutzbarriere gegen Lakin zu bilden, sagte sie. All das geschah mit komischer Übertreibung, die den ernsthaften Gesichtern Kicherlaute entlockte. Ein Kellner kam zu ihnen und bot Gläser mit Champagner an. »Hmm, ich wette, in der Schüssel da drüben ist was anderes«, sagte Marsha nach dem ersten Schluck, die Lippen beifällig gespitzt. Der Kellner zögerte, bestätigte dann ihre Vermutung. »Der Vorsitzende hat mich angewiesen, etwas von den privaten Vorräten zu servieren«, sagte er und war verschwunden. Er fürchtete wohl, zuviel verraten zu haben. Marsha schien den Mittelpunkt zu polarisieren, stellte Gordon fest. Aus den Ecken und Winkeln des großen Raums kamen Freunde, um eine Wolke um sie herum zu bilden. Carroway erschien, Händeschütteln, Kichern. Gordon sonnte sich in ihrer geballten Energie. Mit Penny hatte er sich nie so zu entspannen vermocht, erinnerte er sich, und vielleicht hätte ihm das von Anfang an etwas sagen sollen. 1968, als sie sich mitten in ihrem letzten ausgefeilten Geplänkel befanden, waren er und Penny im Winter wieder nach Washington
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