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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft
Autoren: Gregory Benford
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irgendein Kommunikationsnetz geraten.«
    »Hmmm.« Saul dachte darüber nach. »Wissen Sie, wenn wir nur sicher sein könnten, daß die Botschaften, die wir nicht entschlüsseln können, nicht von einem menschlichen Sender stammen, weit in der Zukunft…«
    Gordon grinste. Saul war, zumindest in den Augen der Öffentlichkeit, inzwischen eine der wichtigsten Größen in der Naturwissenschaft. Seine Populärdarstellungen stürmten die Bestsellerlisten, seine Fernsehserien liefen zur besten Sendezeit. Gordon beendete den halb ausgesprochenen Satz für ihn: »Sie meinen, dann hätten wir den Beweis für eine fremde Technologie.«
    »Sicher. Das wäre einen Versuch wert, oder?«
    »Kann sein.«
    Die mächtigen Bronzetüren am Ende des Foyers öffneten sich. Die Menge begab sich zum Empfangsraum dahinter. Gordon hatte festgestellt, daß Menschen sich in Gruppen wie durch einen langsamen Diffusionsprozeß bewegen, und hier war es nicht anders. Viele kannte er – Chet Manahan, einen Festkörperphysiker, der stets eine Weste mit passender Krawatte trug, fünf Sprachen beherrschte und innerhalb von wenigen Minuten jedem Gesprächspartner klarmachte, daß es so war; Sidney Roman, ein dunkelhäutiger, feingliedriger Mann, dessen präzise Gleichungen zu ungeheuerlichen Schlußfolgerungen führten, von denen sich einige als richtig erwiesen hatten; Louisa Schwartz, die im Gegensatz zu ihrem Namen eine leuchtendweiße Haut hatte und mit Verstand alles in der Astrophysik katalogisierte, einschließlich des nicht druckreifen Klatsches; George Maklin, rotgesichtig und laut und mit muskulösen Schultern, der Experimente mit Schnurrhaaren in flüssigem Helium durchführte und Messungen von Minimalimpulsen vornahm; Douglas Karp, der Zar eines Haufens von Doktoranden, der monatlich zwei Aufsätze über die Bandstruktur ausgewählter Festkörper auswarf, die ihm ermöglichten, an sonnenreichen Sommerschulen am Mittelmeer zu unterrichten; Brian Nantes mit seiner immensen, dröhnenden Energie, die sich in seinen Aufsätzen zu geschickten, lakonischen Gleichungen verdünnte, entblößt aller Kommentare oder Auseinandersetzungen mit seinen Zeitgenossen, und das in einer gewollten Perlen-vor-die-Säue- Attitüde im Text – und viele andere, von denen er einige gelegentlich bei Konferenzen begegnete, andere in hitzigen Sitzungen bei APS-Treffen befehdete. Meist waren es düstere Gesichter, verknüpft mit Initialen unter interessanten Aufsätzen. Einige traf er beim Sandwich-mit-Bier- Fakultätsessen kurz vor einem Seminar, andere hatte er höflichen Applaus empfangen sehen, nachdem sie bei einem Kongreß eine bestellte Ansprache ins Mikrofon gemurmelt hatten. In dieser Gesellschaft bildete Saul eine Ausnahme. Zum Teil durch seinen Plan, Außerirdische durch die Kurven und Punkte im Tachyonenspektrum aufzustöbern. Gordon könnte die Beobachtungen durchführen, und er würde sich die Daten anschauen und begreifen, was sie bedeuteten.
    Gordon stahl sich seitwärts davon und ließ eine Gruppe schnell redender Teilchenphysiker zwischen sich und Saul geraten. Das Büffet lag genau vor ihm. Typisch, die Wissenschaftler vergeudeten keine Zeit damit, sich höflich vom Selbstbedienungstisch fernzuhalten. Gordon nahm belegte Brote mit Rindfleisch und entkam mit einem ansehnlichen Sandwich. Er biß hinein. Der scharfe Meerrettich machte seine Stirnhöhlen frei und ließ ihm Tränen in die Augen steigen. Der Punsch bestand aus einem vorzüglichen Champagner, versetzt mit prickelndem Orangensaft.
    Schriffer war jetzt von einem Halbkreis anerkennender Gesichter umgeben. Es war seltsam, wieviel Prominenz heute in der Wissenschaft bedeutete. Ein Auftritt in der Johnny Carson Show war bei NSF wirkungsvoller als die Veröffentlichung einer brillanten Serie von Aufsätzen in Physical Review.
    Aber schließlich war es die Medienfixierung, die alles getan hatte, sinnierte Gordon. Am Ende der Pressekonferenz von Ramsey und Hussinger hatte Gordon die einschnürende Hitze durch sich fließen gespürt, die scheinbar durch den Raum spülte. Dann, als er am 22. November Cronkite mit Ingrimm in die Kamera hatte sprechen sehen, hatte er sie wieder gespürt.
    War das das Kennzeichen eines echten, unvermeidlichen Paradox? Hatte sich da die Zukunft radikal verändert? Fragen, die nicht zu beantworten waren, jedenfalls noch nicht. Er hatte Berichte über atmosphärische Erscheinungen, kosmische Strahlungen, Radiostörungen und Sternenlichtfluß studiert – und nichts
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