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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft
Autoren: Gregory Benford
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seine an und tauschte sie, unter dem Gelächter des Publikums, mit Hussinger ein. Höflicher Beifall, als sie sich setzten. Mit raschelnden Papieren trat der Minister vor und gab einige dem Präsidenten. Der nächste Preis galt einer Errungenschaft in der Genetik, von der Gordon nie gehört hatte. Die Empfängerin war eine stämmige, germanische Frau, die einige Seiten auf dem Podium ausbreitete und sich an das Auditorium wandte. Offenbar hatte sie sich auf eine ausführliche Darstellung ihrer Arbeit Vorbereitet. Scranton warf dem Minister einen Seitenblick zu, ging wieder zu seinem Platz und setzte sich. So etwas hatte er schon öfter erlebt.
    Gordon versuchte, sich auf ihre Ausführungen zu konzentrieren, verlor aber das Interesse, als sie sich zu einem Gruß an andere Forscher in diesem Bereich hochschraubte, die bedauerlicherweise hier und heute in dieser erlauchten Umgebung nicht geehrt werden konnten.
    Er spielte mit der Frage, was er sagen sollte. Nie wieder würde er dem Präsidenten begegnen, nie wieder würde er das Ohr eines so einflußreichen Menschen haben, wie es der Minister war. Vielleicht wenn er versuchte, etwas von der Bedeutung der ganzen Sache zu vermitteln… Seine Augen fuhren durch den Saal.
    Er blickte zu Ramsey, der seine Plakette las und an dem die Worte der Genetikerin vorbeiströmten, und ihm fielen die schäumenden Wellen von La Jolla ein, die sich aus Asien hervorwölbten und sich auf dem öden neuen Land brachen. Ohne zu wissen warum, schüttelte Gordon den Kopf und griff nach Marshas Hand. Ein aufmunternder Druck.
    Spärlicher Höflichkeitsapplaus. Der Präsident gab der stämmigen Frau ihre Plakette – der Scheck würde später kommen, wie Gordon wußte –, und sie setzte sich. Dann spähte der Präsident durch seine Brille und begann mit deutlichem Pennsylvania-Akzent, die Laudatio auf Gordon Bernstein zu lesen.
    »…für Forschungsarbeiten über nuklearmagnetische Resonanz, die einen verblüffenden neuen Effekt erzeugte…«
    Gordon dachte darüber nach, daß Einstein den Nobelpreis für den photoelektrischen Effekt erhalten hatte, der 1921 bereits als vergleichsweise unumstritten galt, und nicht für die noch immer angezweifelte Relativitätstheorie. Er befand sich in guter Gesellschaft.
    »… der, wie er in einer Reihe eindeutiger Experimente in den Jahren 1963 und 1964 belegte, nur durch die Existenz einer neuen Art Teilchen erklärt werden konnte. Dieses sonderbare Teilchen, das Tac… Tac…«
    Der Präsident stolperte über die Aussprache. Zustimmendes Lachen rieselte durch das Auditorium. Etwas stach in Gordons Gedächtnis, und er studierte erneut das dunkle Halbrund aus Gesichtern. Jemand lachte. Jemand, den er kannte?
    »…Tachyon, vermag sich schneller als Licht zu bewegen. Diese Tatsache führt dazu…«
    Der straffe Haarknoten, das erhobene, fast vornehme Kinn. Seine Mutter saß in der dritten Reihe. Sie trug ein dunkles Kostüm und war gekommen, ihren Sohn auf der hellen Bühne der Geschichte zu sehen, seinen Tag mitzuerleben.
    »… daß die Teilchen rückwärts durch die Zeit reisen können. Die daraus folgenden Erkenntnisse sind in vielen Bereichen der modernen Wissenschaft von grundlegender Bedeutung, von der Kosmologie zur…«
    Die Hände zusammengepreßt, stand Gordon halb auf. Die stolze Energie, die in ihrem strahlenden Lächeln lag, den Kopf dem Fluß der Worte zugewandt…
    »…Struktur subnuklearer Teilchen. Das ist in der Tat ein ungeheures Spektrum…«
    Aber sie war im hektischen Chaos, das dem November 1963 folgte, im Bellevue gestorben, bevor er sie noch einmal besuchen konnte.
    »… das die enger werdende Verbindung…«
    Die Frau in der dritten Reihe war wahrscheinlich eine alternde Sekretärin, der jemand einen Gefallen mit der Einladung getan hatte. Und trotzdem, etwas in ihrem wachen Blick… Der Raum schwankte, Lichtpunkte wurden zu trüben Kreisen.
    »…zwischen der mikroskopischen und der makroskopischen Welt wiederspiegelt, ein Thema…«
    Der Präsident war am Ende. Gordon stand auf, ging auf hölzernen Füßen zu dem Podest.
    »Der Enrico-Fermi-Preis für…«
    Er konnte die Würdigung darauf nicht lesen. Die Gesichter schwebten vor ihm. Augen. Das gleißende Licht…
    Er begann zu sprechen.
    Er sah die Menschen und dachte an die Wellen, die sich durch sie hindurchbewegten und sich in weißem, schlingendem Gischt brachen. Die kleinen Gestalten spürten die Sprudel der Wellen vage als Paradoxe, als Rätsel, und hörten das Ticken der
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