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Mann der 1000 Namen

Mann der 1000 Namen

Titel: Mann der 1000 Namen
Autoren: A. E. van Vogt
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1.
     
    Steven Masters kletterte die Leiter zur Planetenoberfläche herunter. Es schien ihm geradezu erniedrigend, daß er rückwärts aus der Luftschleuse hatte steigen müssen wie ein gewöhnlicher Raumfahrer.
    Ob wohl Aufnahmen gemacht wurden? Wie sah er von hinten aus? Er hatte das Gefühl, sich recht unbeholfen zu bewegen, und das behagte ihm gar nicht. Aber andererseits – wenn die Landung tatsächlich auf der Erde übertragen wurde, würde man ihn als den Mann nennen, der sich in diesem Augenblick als erster auf der Leiter befand. Das wiederum gab seinem Ego einen Ruck.
    Sobald ich unten bin, dachte er, werde ich auf den Hügel dort steigen und mich umsehen.
    Als seine Sohlen den Planetenboden berührten, stellte er sich vor, wie wichtig dieser Augenblick war. Er ließ die Leiter los und straffte sich in dem plumpen Raumanzug.
    Fast fiel er. Er taumelte, stolperte und kämpfte um sein Gleichgewicht. Großer Gott, er machte sich ja zum Gespött aller, die ihm zusahen.
    Eine entsetzliche Minute später stand er wieder aufrecht, und nun sah er auch den Grund seines Taumelns. Einer der von der Schulter seines Raumanzugs hängenden Haken hatte sich am Griff eines Kanisters am Fuß der Leiter verfangen. Bebend vor Wut löste er den Haken. Aber offenbar hatte keiner der Raumschiffsbesatzung etwas bemerkt.
    Seine Wut verwandelte sich in eine Art Verwirrung. Es war ein Augenblick der Anspannung, und eine winzige Spur von Erkenntnis drängte sich durch seine gewöhnliche Überheblichkeit. Sie flüsterte ihm zu, daß er sich durch seine Distanzierung während des Fluges bei den anderen nicht gerade beliebt gemacht hatte. Dieser ungewollte Gedankengang ließ den Grimm erneut in ihm auflodern, aber die Vernunft gebot ihm, sich zu beherrschen.
    Er schritt nun eilig auf den nächstgelegenen Hügel einer ausgedehnten Kette zu. Er war, wie er beim Näherkommen bemerkte, nicht vulkanischen Ursprungs. Der Hang wirkte ziemlich steil und war dicht mit Büschen bewachsen, der Großteil davon gelblich, manche aber auch grün und hin und wieder mit einem leichten Blauton. Die Blätter waren L-förmig. Auf der Erde oder den anderen bekannten Planeten gab es nichts Ähnliches. Ein bißchen was, dachte er, haben sie mir also doch eingepaukt, trotz meines Widerstands.
    Hier also würde es viele noch unbekannte Pflanzen und sicher auch Tiere geben. Doch was scherte das den Sohn des reichsten Mannes der Welt. Er langweilte sich bereits.
    Vertraute Bilder huschten durch Stevens Kopf. Chromfunkelnde schnelle Autos, Flugzeuge, die ihm zur Verfügung standen, elegante Schönheiten, die nur allzu gern bereit waren, dem gutaussehenden Milliardenerben zu Gefallen zu sein, kostbar und geschmackvoll ausgestattete Räume, luxuriöse Hotels, katzbuckelndes Personal (»Selbstverständlich, Mr. Masters. Noch etwas, Mr. Masters? Soll ich den Wagen herausfahren, Mr. Masters?« Und er mitten in all dem, mit Schulterzucken und einer Haltung, die andeutete, daß er nicht gestört werden wollte. »Ich rufe Sie, wenn ich Sie brauche.« Aber wehe, wenn sie nicht um ihn herumscharwenzelten: »Wo, zum Teufel, treiben Sie sich die ganze Zeit herum?«).
    Auf dem Flug nach Mittend hatte er festgestellt, daß es Dinge gab, die für Geld nicht zu haben waren. Seines Vaters Einfluß hatte ihm einen Platz im Raumschiff verschafft. Aber weder Geld noch Einfluß konnten ihn unterwegs aus dem Schiff holen oder es zur Umkehr bewegen. Er hatte es versucht – bei Gott, das hatte er! – und sich bei allen an Bord unbeliebt gemacht. Nicht daß ihm ihre Meinung über ihn etwas ausmachte. In gewissen Gefühlsstadien prallte alles von ihm ab.
    Also gut, ich langweile mich, während der Pöbel auf einen neuen grünen Planeten hofft und es kaum erwarten kann, all die kleinen Vögelchen und das viele freie Land zu sehen. Mein Gott, es macht mich schon fast krank, auch nur daran zu denken, daß ich einen ganzen Monat hierbleiben muß und dann noch die schier endlosen sechs Wochen für den Rückflug.
    Gelangweilt, verärgert und mit jedem Schritt ungeduldiger, blickte er beim Aufstieg auf die gelbgrüne Welt herab. Da der Sauerstoffgehalt der Luft dieses Planeten dem der irdischen gleichkam, hatte er den Helm abgenommen. So sah er mit bloßen Augen einen fernen Wald und einen sich schlängelnden Fluß. Er verabscheute die landschaftliche Schönheit und rümpfte die Nase über den würzigen Duft der Pflanzen um ihn.
    Eine winzige Spur des Ärgers galt ihm selbst. Steven Masters
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