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Claw Trilogy 01 - Fenrir

Claw Trilogy 01 - Fenrir

Titel: Claw Trilogy 01 - Fenrir
Autoren: M D Lachlan
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    Wolfsnacht
    N och nie hatte er etwas so Schönes gesehen wie das brennende Paris. Es dämmerte, und der Rauch zog als langer schwarzer Streifen gleich dem Schweif eines Drachen vor der tief stehenden Sonne vorbei, während das Haupt des Untiers über der Stadt auf der Flussinsel Feuer spie. Er blickte vom Hügel hinab und erkannte, dass die Türme und Brücken gehalten hatten. Die Franken hatten den Feind aus dem Norden zurückgeworfen. Nur ein Teil einer Brücke und ein aufgegebenes Langschiff darunter waren in Brand geraten. Wie kleine Flammen standen über dem Wasser unbeeindruckt die safrangelben Banner des Grafen Odo und winkten der sterbenden Sonne.
    Leshii atmete tief ein. In dem Geruch brennenden Holzes und des Pechs, das die Verteidiger auf die Eindringlinge hinabgeschleudert hatten, fing er noch etwas anderes auf: Einäscherungen.
    Dies erinnerte ihn an die Nordmänner, die ihre Gefallenen auf den Schiffen verbrannten. Nach der Einnahme Kiews hatten sie die Gebeine der vorherigen Herrscher Askold und Dir in einem lodernden Langschiff auf den See gestoßen. Wenn man berücksichtigte, dass sie die Gegner selbst abgeschlachtet hatten, war es ein ehrenvoller Abschied gewesen.
    Der Geruch schien jegliche Feuchtigkeit aus Nase und Mund zu treiben; da unten waren Menschen verbrannt. Er schüttelte den Kopf und machte mit einem Finger vor der Brust das Blitzsymbol seines Gottes Perun. Die Krieger, dachte er, hatten zu viel Einfluss in der Welt. Hätten Händler das Sagen gehabt, hätte es nicht halb so viele Tote gegeben.
    Müßig ließ er den Blick über die Stadt wandern. Er kam aus dem Osten, und nach seinen Maßstäben war sie nicht sehr groß, doch sie lag wunderschön in der Seine und hinderte die Wikinger daran, ihre Überfälle auch auf das weiter stromaufwärts gelegene Land auszudehnen.
    Es war ein kalter Abend, der Atem stand als Wolke vor seinem Gesicht. Gern wäre er in die Stadt hinuntergelaufen und hätte sich mit einem Becher fränkischem Wein ans Feuer gesetzt. Seiner Ansicht nach waren die Franken sehr umgängliche und friedliche Leute – jedenfalls, solange sie sich in ihren eigenen Städten nicht bedroht fühlten – , und sie liebten Seide. Paris mit seinen faszinierenden Häusern, die aus hellem Stein gebaut waren, mit seinen Torbögen über den Hauseingängen und den Spitzdächern, auf denen die Dachziegel im Karomuster ausgelegt waren, hatte ihm auf den ersten Blick gefallen. Diesen Gedanken durfte er jedoch nicht weiter nähren. Wenn er an die Wärme dachte, wurde die Kälte umso grimmiger. In dieser Nacht musste er mit seinem Zelt vorliebnehmen. Der Hügel würde ihm die Bettstatt bieten, nicht etwa ein Gasthof im Händlerviertel.
    Die Verteidiger schlugen auf der Brücke die Flammen aus. Die Brücken der Stadt dienten vor allem dazu, den Schiffen den Weg flussaufwärts zu versperren. Genau wie die anderen Bollwerke, die der Graf errichtet hatte, erfüllten sie ihren Zweck. Es war schwer, die Größe des normannischen Heeres zu schätzen. Wenn sie beide Flussufer besetzen konnten, mussten sie viele Krieger zählen, mindestens viertausend Mann. Doch auch zwischen den verstreuten ärmlichen Häusern außerhalb der Stadt waren hie und da gelbe Banner auszumachen. Vielleicht war die dänische Streitmacht am Ende doch nicht ganz so groß, aber sicherlich stark genug, um mühelos alle Siedlungen zu überrennen, die nicht durch Stadtmauern geschützt wurden.
    Bisher hatten sie allerdings noch keinen Versuch unternommen, diese Häuser in Besitz zu nehmen. Offensichtlich hielten die Nordmänner die Gebäude nicht für wichtig und marschierten lieber zwischen ihnen hindurch zu den reichen und größeren Orten am Fluss. Paris war nur ein Hindernis, das sie überwinden wollten, und sie hatten keine Lust, gute Männer beim Kampf um ein paar Hütten zu verlieren. Leshii war beeindruckt. Die meisten Kommandanten, die er kannte, hatten nur wenig Einfluss auf das, was ihre Männer taten, sobald diese den Feind sichteten. Dies war ein diszipliniertes Heer, keine wilde Meute.
    Ob er zu einem abseits stehenden Haus vorstoßen und sich ein Nachtquartier suchen sollte? Nein. Das ganze Land lag in Angst und Schrecken, und er konnte schon von Glück reden, wenn er nicht von der einen oder anderen kämpfenden Partei ohne langes Federlesen aufgehängt wurde.
    Soweit er es erkennen konnte, waren die Wikinger auf beiden Flussufern unterwegs. Die Langschiffe hatten sie jedenfalls auf beiden Seiten festgemacht, und
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