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Zeit für Plan B

Zeit für Plan B

Titel: Zeit für Plan B
Autoren: Jonathan Tropper
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»Macht die Nasengänge ziemlich wund.«
    »Kein Heroin?«
    »Könnte sein«, antwortete Chuck. »Aber sein Verhalten lässt eher auf Kokainsucht schließen.«
    »Scheiße, Jack«, sagte ich. Ich fühlte mich plötzlich wie am Boden zerstört. »Koks?«
    Es blieb ihm erspart, mir eine Antwort geben zu müssen, denn in diesem Augenblick kam der Geschäftsführer, begleitet von zwei stämmigen Küchenhilfen, um uns aus dem Restaurant zu werfen.

    Das war der Zeitpunkt, als wir das erste Mal dachten, dass Jack vielleicht ein echtes Problem hatte.
    Natürlich, es war nicht das erste Mal, dass uns der Gedanke kam, Jack könnte womöglich nicht wirklich drogenfrei sein, aber wie kann man schon eine echte Abhängigkeit von den allgemein üblichen Starallüren unterscheiden? Welcher größere Hollywoodstar zerlegte denn nicht dann und wann seine Hotelsuite oder wurde zerzaust und benebelt dreinblickend vor dem VIP-Room von den Paparazzi abgelichtet? Wenn jedes Mal gleich die Warnlichter aufblinken würden, wenn ein Filmstar ein bisschen über die Stränge schlug, dann müssten sie an der Betty-Ford-Klinik ja Drehtüren einbauen. Trotzdem, rückblickend betrachtet, hatte Jack in den letzten Monaten doch irgendwie zurückgezogen gewirkt, war am Telefon immer in Eile und etwas zappelig, wie man selbst klingt, wenn man ein Ferngespräch führt oder gerade aus der Dusche kommt, wenn das Telefon klingelt. Er war geistesabwesend und angespannt, völlig anders als der Jack, den wir alle kannten. Aber wenn man zwölf Millionen pro Film verlangen kann, dann ist ein gewisser Druck natürlich unvermeidlich. Die Geier von der Boulevardpresse kreisten schon seit Monaten über ihm und suchten (will heißen:gierten) nach Anzeichen eines Zusammenbruchs, aber als Jacks Freunde fühlten wir uns verpflichtet, die Berichterstattung einfach zu ignorieren. Keiner will glauben, dass er die Medien braucht, um mit einem Freund in Verbindung zu bleiben.
    Die Ironie an alledem war, dass Jack sich im Grunde nie für die Schauspielerei interessiert hatte. Für ihn kam die Berühmtheit mit derselben Leichtigkeit des Glücks daher wie alles andere auch. Auf dem College kam er im Allgemeinen ziellos auf eine Party geschlendert, wenn er spätabends vom Joggen auf dem Weg nach Hause war, unrasiert, das Haar schweißtriefend auf der Kopfhaut klebend, mit deutlichen Flecken in den Achseln seines zerlumpten NYU-Sweatshirts, und dann zog er meist eine Stunde später wieder ab – mit einem beliebigen der unzähligen Mädchen, die sich gegenseitig fast über den Haufen rannten, um sich ihm anzubieten. Er plante es nicht; er plante nie irgendetwas. Die Dinge passierten Jack einfach. Hätte er je darüber nachgedacht, dann hätte er vermutlich angenommen, dass es sich bei allen anderen genauso verhielt. Aber Jack dachte nie darüber nach. Man wollte es ihm übel nehmen oder ihn vielleicht sogar ein bisschen hassen, aber wie konnte man andererseits jemandem seine angeborenen Talente missgönnen, wenn er sich dieser nicht einmal bewusst war? Er hatte nicht die geringste Ahnung, was für ein charmantes Wesen er besaß, was ihn natürlich nur noch charmanter machte.
    In unserem letzten Collegejahr nahm Jack einen Teilzeitjob als Kellner im Violet Café an. Sein Finanzhilfeabkommen sah vor, dass er zwanzig Stunden die Woche arbeitete. Eines Tages servierte er irgendeinem Typen, der ein Senkrechtstarter in einem der großen Filmstudios war, einen Frappacchino. Dieser Typ kannte irgendjemanden, der irgendjemanden kannte, und binnen weniger Wochen hatte er einen Termin für Probeaufnahmen vereinbart. Es war fast unvermeidlich. Kurz nach dem Thanksgiving Day erhielt Jack einen Mitgliedsausweis des Verbands der Filmschauspieler undeine Komparsenrolle in einem Thriller mit Harrison Ford. Irgendwelche Drehbuchbearbeiter vor Ort gaben ihm noch drei Zeilen und eine Zwölf-Sekunden-Schießerei, in der er einen chinesischen Bodybuilder wegpustete, bevor er selbst erschossen wurde. Jack war für drei Wochen in L. A., um diese Szenen zu drehen, und als er zurückkam, war er enttäuscht, dass er Harrison Ford nicht kennengelernt hatte. »Der war gar nicht da«, sagte Jack verbittert. »Der arbeitet schon wieder an einem neuen Film.«
    Ein Casting-Agent, der für Miramax an einem finanziell bescheiden ausgestatteten Actionfilm mit dem Titel
Blue Angel
arbeitete, sah den Ford-Film, als er ein paar Monate später in die Kinos kam, und mochte die Art, wie Jack eine nachgemachte Pistole in
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