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Zeit des Lavendels (German Edition)

Zeit des Lavendels (German Edition)

Titel: Zeit des Lavendels (German Edition)
Autoren: Petra Gabriel
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Doch danach gehört er mir und dem Gericht der Kirche. Geht jetzt, Kind, sonst überlege ich es mir noch anders.«
    Aaron Rosenberg machte kein allzu erfreutes Gesicht, als er den beiden verschleierten Frauen die Türe öffnete. Das Anliegen Michelangelos hatte ihn nicht begeistert. Doch der Dombaumeister war nun einmal sein Freund. Und ein Jude tat in den heutigen Zeiten gut daran, Freunde zu haben, die der Kurie nahe standen.
    »Kommt herein.« Der dicke Mann trat ungeduldig von einem Bein aufs andere. Dann wandte er sich schweigend um und ging voraus. Ganz am Ende des Ganges öffnete er eine Türe. Katharina und Magdalena von Hausen betraten ein reich möbliertes Zimmer. Die schweren Samtvorhänge sorgten dafür, dass niemand von außen hereinschauen konnte. Die brennenden Kerzen eines silbernen, ziselierten, siebenarmigen Leuchters, der in der Mitte eines schweren Zedernholztisches stand, tauchten den Raum in ein flackerndes Halbdunkel, das die Schatten der Menschen wie übergroße Schemen an die Wand warf. Offenbar war das Haus aus großen Steinquadern zusammengefügt worden. Die Steine waren hin und wieder in den Ritzen zu sehen, die zwischen den schweren Teppichen hervorschauten, mit denen die Wände verkleidet waren — Teppiche aus aller Welt, mit muslimischen Blumenmotiven, Gobelins, mit christlichen Motiven bestickt, Seidenteppiche aus dem Land, das man Cathai nannte. Aaron Rosenberg schien kein armer Mann zu sein.
    Er bedeutete den beiden Frauen, sich auf die Stühle am Tisch zu setzen, dann ging er wieder hinaus. Kurze Zeit später kam eine kleine Dienerin und brachte heißen, süßen Pfefferminztee. Das einzige Zeichen der Gastfreundschaft, zu dem Aaron Rosenberg sich durchringen konnte. Das hier roch nach Ärger. Und den konnte er jetzt am wenigsten brauchen. Er hatte schon früh gelernt, dass es für einen Juden in dieser Welt das Beste war, möglichst unauffällig zu bleiben — gerade, wenn er reich war, und selbst, wenn er einflussreiche Freunde hatte. Hier witterte er förmlich das Unheil. Die Sache gefiel ihm nicht.
    Am wenigsten gefiel ihm, dass Cajetan von Thiene, der Generalpräpositus selbst, von ihm verlangt hatte, er solle ihn hinter der Geheimtüre verstecken, die hinter einem der Teppiche verborgen lag. Gestern Nacht war er einfach vor seiner Türe aufgetaucht. Er hatte von dem Treffen gewusst. Aber er wollte nicht sagen, woher. Es gab einfach zu viele Geheimnisse in dieser Sache, um sich dabei wohl zu fühlen.
    Und woher wusste Thiene von seinem geheimen Gang? Auch darauf hatte er keine Antwort bekommen. Das war überhaupt das Beunruhigendste an der ganzen Sache. Er hatte diesen Gang vor Jahren heimlich bauen lassen, um beizeiten fliehen zu können, sollte es nötig werden. Er führte in die Katakomben und von dort aus direkt auf ein Feld vor den Mauern von Rom. Es verursachte ihm tiefes Unbehagen, dass der Theatiner diesen Gang kannte. Er war sein einziger Schutz, sollte es schlimm werden.
    Er hoffte nur, dass alles gut ging. Zwei der Gäste waren da. Es würden noch zwei weitere kommen. Und drei, von denen die anderen nichts wussten. Es war besser, sich nach allen Seiten hin abzusichern.
    Konz Jehle trat unsicher in den Raum. Zunächst bemerkte er in dem flackernden Halbdunkel die beiden Frauengestalten nicht. Erst als Katharina aufsprang und auf ihn zulief, erkannte er sie.
    »Oh Gott, Katharina.« Seine Stimme war voller Qual.
    Sie blieb stehen, unsicher, wie sie sich jetzt verhalten sollte. Doch dann fasste sie Mut. Sie warf sich vor ihrem Mann auf die Knie, umklammerte seine Beine. »Verzeih mir, Konz, ich flehe dich an, um unserer Kinder willen, verzeih mir. Ich weiß, ich habe so viel falsch gemacht. Ich habe dich verletzt, ich habe dich belogen ...«
    Er stöhnte. »Steh auf, ich kann dich nicht so sehen.«
    »Na, das ist aber eine rührende Versöhnungsszene. Das Mädel hatte schon immer Temperament.«
    Konz fuhr herum, stieß mit dieser Bewegung seine Frau zur Seite. Er hörte nicht den Aufschrei von Magdalena von Hausen, bemerkte nicht, wie Katharina versuchte, auf die Beine zu kommen, um sich zwischen die beiden Männer zu stellen. Er sah nur diesen Thomas Leimer, das markante Gesicht spöttisch verzogen, hörte nur die Ironie, die aus jedem seiner Worte troff.
    »So, deshalb bin ich also hier. Die Herrschaften haben mich in eine Falle gelockt. Versöhnt euch doch weiter ohne mich. Ich habe meinen Spaß mit dieser da gehabt. Sie interessiert mich nicht mehr.« Thomas Leimer
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