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Kalte Spuren (German Edition)

Kalte Spuren (German Edition)

Titel: Kalte Spuren (German Edition)
Autoren: Martin Kay
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Devon Island, Kanada
Mars-Habitat der Mars Society
28. Oktober, 11:29 Uhr
     
    Die Trostlosigkeit fühlte sich nicht echt an. Resignierend wollte Claas Taubmann die Schultern zucken, doch der schwere Raumanzug hinderte ihn an der Geste. Er blieb stehen und stieß die Luft aus, wodurch die Innenseite seines Helmvisiers für kurze Zeit beschlug, ehe die ständige Luftzufuhr aus dem Versorgungstornister wieder für klare Sicht sorgte.
    Langsam wandte er sich um und blickte zurück zu der kargen Gerölllandschaft. Als er sich für das Projekt Mars-Habitat der Mars Society meldete, dachte er an Abenteuer, die größte Herausforderung seit Menschengedenken. Doch jetzt, wo er mit seinen fünf Leidensgenossen für drei Wochen in der Nähe des Nordpols einen Aufenthalt auf dem Roten Planeten simulieren sollte, kam ihm das alles falsch vor.
    Er sah zum Himmel und erblickte in dem kalten Blau einige Wolken. Wenn die Nacht hereinbrach, konnte er den Mond sehen. Nicht Deimos oder Phobos, sondern den Mond. La Luna. Sie waren verdammt noch mal nicht auf dem Mars, sondern auf der Erde. Ganz gleich, welchen entlegenen Winkel der Welt sie sich suchten, Claas würde niemals das Gefühl haben, sich woanders als auf seinem Heimatplaneten zu befinden.
    Was hatte er erwartet, als er sich zum Astronautentraining bei der ESA anmeldete? Dass sie ihn nach der Ausbildung in einen Shuttle steckten und ihn zig Millionen Kilometer durch den Weltraum katapultierten?
    »Willkommen im Klub der Loser«, sagte er leise und erschrak dann. Der Helmfunk war eingeschaltet. Seine Kameraden hatten es bestimmt mitbekommen, doch niemand sagte etwas.
    Claas drehte sich wieder um und marschierte den Weg weiter über das rötlich braune Felsgestein. In wenigen Metern begann die Eisgrenze. Von Schnee im klassischen Sinn konnte man bei minus 60 Grad kaum noch reden. Für Claas war das Zeug hart wie Granit. Er warf einen Blick auf die Anzeigen, die auf die Innenseiten des Helmes projiziert wurden. Er befand sich knapp vier Meilen vom Kraterrand und dem Habitat entfernt. Es war nicht ratsam, noch weiter vorzustoßen.
    Herrgott, sie hätten uns zumindest ein Fahrzeug mitgeben können!
    Ein Klicken ertönte im Helmfunk, und als hätte sie seine Gedanken gelesen, hörte er sofort darauf Megan Ritters Stimme. Sie war die einzige Frau im Team, das aus den beiden Amerikanern Dave Graham und Joaquin Foster sowie dem Franzosen Henri Damecour, der Britin Megan und ihm, dem gebürtigen Wiener, bestand.
    »Komm zurück, Claas.«
    »Sofort, Schätzchen«, gab er zurück und stieß sich vom Boden ab, als wolle er hüpfen. Die geringere Schwerkraft des Mars hätte ihm sicherlich einen kleinen, federnden Sprung durch die Luft erlaubt. Nicht so eindrucksvoll wie auf dem Mond, doch jedenfalls eleganter als das, was er hier in Kanada zustande brachte. Plump landete er auf den Füßen, traf einen losen Stein und rutschte ab.
    »Oh!« Er ruderte mit den Armen, um das Gleichgewicht zurückzufinden, doch der schwere Raumanzug zog ihn einfach nach vorn. Claas drehte sich im Fallen auf die Seite und landete auf der Schulter. Er hörte, wie sein Helm an der Seite gegen einen Geröllfelsen prallte.
    Junge, Junge. Noch mal gut gegangen …
    Das scharfkantige Gestein hätte ohne Weiteres sein Helmvisier beschädigen können. Zwar gab es hier, im Gegensatz zum Roten Planeten, genügend Sauerstoff, doch die Luft war zu kalt, um sie einzuatmen. Wenn der Wärmekreislauf des Anzugs versagte, wären Claas’ Lungen nach wenigen Atemzügen gefroren.
    »Claas, ist alles in Ordnung bei dir?« Das war Dave. Er war zusammen mit ihm und Damecour draußen, während Megan und Joaquin ihre Bewegungen vom Habitat aus beobachteten.
    »Ja … ja, geht schon.« Er stemmte sich hoch, was bei irdischer Schwerkraft und dem Gewicht des Raumanzugs alles andere als ein Zuckerschlecken war. Schweiß trieb ihm aus den Poren. Mit einem Ruck probierte er einen weiteren Hüpfer und stolperte vorwärts in die Eisregion hinein. Diesmal stürzte er jedoch nicht, sondern behielt sein Gleichgewicht und kam nach wenigen Metern zum Stehen. Es knirschte unter seinen dicken Stiefeln. Er sah deutlich die Spuren, die er im gefrorenen Schnee hinterlassen hatte.
    »Claas, zurück zum Habitat! Der Spaziergang ist für heute beendet.«
    Irritiert blickte Claas auf den Boden. Er sah hinter sich und erkannte seine Fußspuren. Dann drehte er den Kopf in die andere Richtung und sah keine drei Meter von sich entfernt ebenfalls Spuren im
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