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Zeit des Lavendels (German Edition)

Zeit des Lavendels (German Edition)

Titel: Zeit des Lavendels (German Edition)
Autoren: Petra Gabriel
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stand noch. Ohne das beherzte Eingreifen des Theatiners wäre es inzwischen vielleicht schon abgebrannt und das ganze jüdische Viertel gleich mit. Die Häuser standen eng hier. Er war nur froh, dass nicht mehr geschehen war. »Es ist schon gut«, erwiderte er gepresst. »Ihr brachtet mich nicht allein in diese Lage, und Ihr habt geholfen, dass es nicht schlimmer wurde. Dafür bin ich dankbar. Den Verlust kann ich verschmerzen.«
    »Ihr seid ein großzügiger Mann, Aaron Rosenberg. Das vergesse ich Euch nicht«, antwortete Cajetan von Thiene und drückte dem Juden herzlich die Hand.
    Ein Schluchzen erinnerte den Theatiner an die beiden Frauen. Katharina hatte sich wieder auf den Stuhl gesetzt, nun, da auch Thomas Leimer ins Hospiz gebracht worden war. Ihre Hände fühlten sich ebenso leer an wie ihr Herz. Niemals wieder würde sie aus diesem Albtraum aufwachen.
    Magdalena von Hausen stand einfach mitten im Zimmer, die Hände hingen bewegungslos an ihrer Seite, die Schultern gesenkt. Ihr Gesicht war völlig eingefallen. Sie vermochte noch immer nicht zu glauben, was geschehen war. Verstört blickte sie zu Cajetan von Thiene. »Kann ich ihn sehen? Kann ich ihn besuchen?«
    Der Mann nickte mitleidig. »Kommt morgen Mittag zu mir. Ich werde Euch dann sagen können, wie es um ihn steht. Der Herr hat furchtbar Gericht gehalten. Auch wenn er das überlebt, wird er nie mehr der sein, der er war. Geht jetzt in Eure Herberge. Ihr könnt nichts mehr tun.«
    Sie hob langsam den Kopf. »Ich wollte doch nur Gutes. Nur Gutes. Ich dachte, das Richtige zu tun. Und nun? Nun ist nur Schlimmes daraus entstanden. Gott der Herr hat mich verlassen.«
    Die Klage dieser Frau zerriss dem alten Mönch fast das Herz.

24
    W ir blieben in Rom, bis Thomas Leimer aus seiner Bewusstlosigkeit erwachte. Cajetan von Thiene behielt Recht. Er würde nie wieder der sein, der er gewesen war. Sein ganzer Körper war furchtbar verbrannt, eine Seite seines Gesichtes völlig entstellt. Er hatte ein Auge verloren — und seine Stimme, jenes Organ, das immer seine größte Waffe gewesen war. Niemand wusste, ob er überleben würde. Doch selbst inmitten seiner Schmerzen weigerte er sich, Magdalena von Hausen zu sehen. Sie war völlig am Boden zerstört. Die Kraft ihres Glaubens, die sie bislang immer aufrechterhalten hatte, war verloren gegangen. Sie war nur noch die Hülle der Frau, die ich einst gekannt hatte. Ich wusste, ich musste sie heimbringen. Sonst würde auch sie sterben. Dann hätte ich nicht nur meinen Mann verloren, sondern auch sie.
    Mein Mann. Durch meine eigene Dummheit hatte ich ihn verloren. Verblendet und leichtfertig war ich gewesen. Nun hatte er eine andere. Für ihn war ich nur noch ein Stück Narbengewebe aus der Vergangenheit. Er liebte mich nicht mehr, dessen war ich mir nun sicher. Die kleine Stimme der Hoffnung, die sich immer wieder in mir meldete, brachte ich energisch zum Verstummen. Sie brachte mir nichts als die Schmerzen einer Illusion, die sich niemals erfüllen würde. Er hatte keinerlei Regung gezeigt, als ich ihm zu Füßen fiel. Nicht Liebe, sondern Ablehnung stand in seinen Augen. Er hatte ein neues Leben, eine neue Liebe gefunden. Das durfte ich ihm nicht auch noch zerstören. Ich hatte diesem Mann genug angetan. Durch mich war er beinahe zum Mörder am Vater unseres Sohnes geworden. Ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass schon allein dieses Wissen ihn zerstören konnte. Konz Jehle von der Niedermühle war kein böser Mensch. Er war ein zorniger Mann, aber auch einer mit einem unbestechlichen Gefühl für Gerechtigkeit, Anstand und das Gute. Mit mir zu leben würde ihn immer an die schrecklichen Geschehnisse jenes letzten, verhängnisvollen Abends erinnern. Er hätte sein Leben lang keine Ruhe mehr. Wenn ich ihn liebte, und das tat ich, dann musste ich ihn gehen lassen.
    Ich wollte nur eines, bevor ich für immer aus seinem Leben verschwand: wissen, ob er noch lebte, wie es ihm ging. Auch hier half der gütige Cajetan von Thiene. Über Meister Michelangelo Buonarroti hatte er erfahren, dass es Konz inzwischen besser ging. Er war noch sehr schwach und kaum bei Bewusstsein. Doch dem Geschick der römischen Ärzte war es gelungen, sein Leben zu retten. Eine junge Frau war bei ihm. Sie wich nicht von seiner Seite und verweigerte jedem den Zutritt. Sie behauptete, sie sei seine Frau.
    Fast war ich dieser Fremden dankbar. Sie hatte ihm Wärme gegeben, als ich ihn verriet. Sie hatte sein Leben gerettet, als ich dazu nicht
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