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Zeit des Aufbruchs

Zeit des Aufbruchs

Titel: Zeit des Aufbruchs
Autoren: Raymond E. Feist
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die durch das Gemetzel noch gesteigert wurde; er versuchte zu erkennen, wie der Erhabene, der einst ein Mann des Königreiches gewesen war, auf diese Grausamkeit reagierte. Selbst auf diese Entfernung wirkte Milambers Gesichtsausdruck steinern; doch zu Kevins Bestürzung hatte der fette Magier an seiner Seite die Diskussion abgebrochen und schien nun die Loge der Acoma zu studieren.
    Kevin wandte in plötzlicher Furcht seinen Blick ab. Konnte ein Erhabener seine Gedanken lesen? Ohne weiter nachzudenken beugte er sich hinab, um Mara zu fragen, doch dann hielt er inne, da ihr Blick ihn auf seinen Platz zurückwies. Die Lady der Acoma erduldete das Gemetzel mit angemessener tsuranischer Zurückhaltung, und das einzige Zeichen ihres Unbehagens war die leichte Anspannung ihrer Schultern. Der frühere Sohn von Zûn spürte ein Brennen in seinem Magen. Er kannte Mara. Er war seit mehr als fünf Jahren ihr Vertrauter und Geliebter, und er wußte, daß sie den Unterschied zwischen dem Blutbad dort unten und der Schlacht, die sie in der Wüste ausgetragen hatten, erkennen konnte. Doch sie zuckte nicht einmal zusammen, als der Sieger zwischen den gefallenen Körpern herumstolzierte, die blutbefleckte Waffe hoch über dem Kopf schwingend.
    Kevin blickte verstohlen zur Loge der Erhabenen, um zu sehen, ob er noch immer beobachtet wurde. Dieses Mal konnte er deutlich sehen, daß Abscheu im Gesicht des Bärtigen, Milambers, stand; selbst seine Augen schienen zu glühen. Kevin war nicht der einzige, der Milambers Ekel bemerkt hatte. Die Edlen in den Logen neben ihnen flüsterten und blickten auf den Magier, und einige sahen deutlich besorgt aus.
    Auch Arakasi sah die Veränderung. »Dies ist kein gutes Zeichen«, flüsterte er Kevin zu. »Die Erhabenen können tun, was ihnen gefällt, und nicht einmal das Licht des Himmels wagt ihnen zu widersprechen. Wenn dieser ehemalige Landsmann von dir deine Abneigung gegen das Töten teilt, könnte es ein Desaster geben.«
    Der Sieger stand unten im Sonnenlicht auf dem heißen Sand und präsentierte sich ein letztes Mal. Dann kamen Sklaven und säuberten den Boden von den Leichen, während andere mit Harken den blutgetränkten Boden glätteten. Trompeten kündigten die nächste Runde der Spiele an, während Kevin sich insgeheim etwas zu trinken wünschte, um seinen trockenen Mund zu befeuchten.
    Eine Gruppe von Männern in Lendenschurzen betrat das Stadion, größer und kräftiger als die meisten Tsuranis. Kevin erkannte sie auf den ersten Blick als Landsleute aus seiner Heimatwelt. Öl glänzte auf ihren Schultern, und sie trugen Haken, Taue, Netze, Speere und lange Messer. Die Stimmung in der Arena störte sie nicht, und sie warfen den herausgeputzten Edlen nicht mehr als flüchtige Blicke zu. Statt dessen kauerten sie in der Erwartung einer Gefahr nieder, die aus einem Dutzend verschiedener Richtungen kommen konnte. Kevin hatte selbst einmal eine solche Situation allgegenwärtiger Gefahr erlebt; damals war er auf Patrouille gewesen und hatte an der Grenze zum Niemandsland – dort, wo der Feind jeden Augenblick zuschlagen konnte – die Nachtwache übernommen.
    Doch diese Männer mußten nicht lange auf die Herausforderung warten. Eine große Doppeltür öffnete sich rumpelnd am anderen Ende der Arena, und ein Geschöpf trat heraus, das einem Alptraum entsprungen sein mußte.
    Obwohl es ganz aus Fängen und mörderischen Klauen bestand und die Größe eines midkemischen Elefanten hatte, bewegte es sich auf seinen sechs Beinen so schnell wie eine Katze. Bei seinem Anblick verlor Mara die Beherrschung und rief: »Ein Harulth!«
    Das kelewanesische Raubtier blinzelte und schnaubte, geblendet vom Sonnenlicht. Schuppen panzerten seine Haut und verteilten kühle Glanzlichter auf seinem Nacken, als es vor und zurück zuckte, während es prüfend die Luft einsog. Die Menge wartete atemlos. Dann entdeckte die Bestie ihre Gegner: kleine, armselige Männer, die ohne jede Deckung im Sand standen. Der Harulth scharrte nicht warnend mit den Beinen, wie es ein Bulle oder eine Needra vielleicht getan hätten, sondern senkte nur angriffslustig den Kopf und ging sofort auf die Männer los.
    Er bewegte sich mit entsetzlicher Geschmeidigkeit.
    Die Krieger stoben auseinander, nicht in Panik, sondern in dem verzweifelten Versuch, ihren Gegner zu verwirren. Die Bestie gab keinen einzigen Laut von sich, aber ihre Wildheit war nicht zu übersehen, als sie sich auf einen Burschen konzentrierte und ihm nachjagte. Das
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