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Zeit des Aufbruchs

Zeit des Aufbruchs

Titel: Zeit des Aufbruchs
Autoren: Raymond E. Feist
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einer ehrerbietigen Verbeugung vor dem Kaiser, und die Massen brüllten vor Begeisterung.
    Kevin stand wie betäubt da. In seinem Magen schien sich ein Eisklumpen gebildet zu haben. Dann spürte er inmitten des Schocks und des Freudentaumels der Menge, daß Arakasi ihn eindringlich ansah. Er blickte zurück. »Euer Kriegsherr meint damit, daß die Armeen des Westens, die Streitkräfte von Brucal und Borric, vernichtet sind.« Verzweifelt bemüht, eine Wut zu zügeln, die sein Leben in Gefahr bringen konnte, führte Kevin weiter aus: »Mein eigenes Heim ist in Gefahr, denn jetzt können die Tsuranis ungehindert nach Z ûn marschieren!«
    Arakasi wandte seinen Blick als erster ab, und Kevin erinnerte sich: Der Supai hatte einen Herrn und ein Heim verloren, bevor er den Acoma den Treueeid geschworen hatte. Dann spürte er, wie Mara verstohlen seine Hand nahm und verständnisvoll drückte. Der Midkemier kämpfte gegen einen Gefühlsschwall an, als ein innerer Konflikt aus Loyalität, Liebe und Herkunft ihn in tausend Stücke reißen wollte. Das Schicksal hatte ihn seiner Familie entrissen und in eine ferne Welt verschleppt. Er hatte ein Leben und eine Liebe einer erbärmlichen Gefangenschaft vorgezogen, wie es wohl viele Männer getan hätten; doch zu welchem Preis wurde ihm erst jetzt klar, als er sich fragte, wer er eigentlich war – Kevin von Zûn oder Kevin von den Acoma?
    Der vor der kaiserlichen Loge stehende Kriegsherr hob die Hände. Als sich der Lärm gelegt hatte, rief er: «Dem Ruhm Tsuranuannis und als ein Zeichen unserer Ergebenheit dem Licht des Himmels gegenüber widmen wir diese Spiele seiner Ehre!«
    Wieder schwoll der Jubel an, zerrte an Ohren und Nerven. Irgendwie gelang es Kevin, dies zu ertragen. Auch wenn Lujan und Arakasi seinen Bruch mit dem Protokoll sicherlich tolerieren würden – jeder andere tsuranische Krieger, der die benachbarten Logen bewachte, würde ihn zuerst niederstrecken und dann Fragen stellen, sollte er ihn einer Unverschämtheit gegenüber einer Lady von Maras Rang verdächtigen.
    Betäubt sah Kevin zu, wie sich die Tore am anderen Ende der Arena öffneten. Etwa einhundert Männer trotteten auf den von der Sonne beschienenen Sand hinaus. Sie waren nackt bis auf ihren Lendenschurz, von unterschiedlichem Alter und teilweise krank; nur einigen wenigen schienen die Schilde und Waffen in ihren Händen vertraut zu sein. Die meisten wirkten verwirrt über das, was da geschah, und sie umfaßten unsicher ihre Schwerter.
    »Das sind keine Kämpfer«, bemerkte Kevin, der nicht verhindern konnte, daß sein Ton eine bestimmte Schärfe enthielt.
    Arakasi brachte ihn mit einer Erklärung zum Schweigen: »Dies ist ein Zeichen von Gnade. Die da unten sind alle zum Tode verurteilt. Sie werden bis zum letzten Mann kämpfen. Der Gewinner wird dann begnadigt.«
    Die Trompeten erklangen, und das Gemetzel begann. Kevin hatte vor seiner Gefangennahme, als Soldat seines Vaters, viele Männer sterben sehen. Dies war jedoch kein Krieg, nicht einmal ein wilder Wettkampf. Da unten auf dem Sand der Arena Kentosanis wurden Männer abgeschlachtet. Die wenigen geübten Männer bewegten sich wie Katzen zwischen Mäusen, die in einer Kornkammer gefangen waren, und töteten nach Belieben. Schließlich standen nicht einmal mehr ein Dutzend Männer, deren Fähigkeiten etwa gleich waren. Kevin war vom Zusehen übel geworden; er starrte ausdruckslos auf die Zuschauenden, doch dies nahm ihm nicht die Ekelgefühle. Das Blutvergießen war es, was den Tsuranis gefiel, nicht der Sport. Bei jedem qualvollen Tod jubelten sie und verglichen das Leid des einen aufgeschlitzten Mannes mit dem eines anderen. Wetten wurden darüber abgeschlossen, wie lange es der arme Teufel noch machen würde, der versuchte, die herausquellenden Eingeweide zurück in die Bauchhöhle zu stopfen, darüber, wie viele Schreie er noch ausstoßen würde, bevor er starb. Niemand schien an der Handvoll Kämpfer, die noch lebten, interessiert zu sein.
    Kevin spürte Brechreiz in sich aufsteigen und kämpfte mühsam dagegen an. Er kontrollierte seine Abscheu mit aller Kraft, bis das Schauspiel beendet war und ein Mann mit einem Schwert und einem Messer den letzten Todeskandidaten mit einem Stoß unter den Schild niederstreckte. Der gepriesene tsuranische Kaiser in seiner Loge beobachtete die Vorgänge gelassen, während der Kriegsherr neben ihm mit einem Berater tuschelte, als wäre ein solches Blutbad etwas Alltägliches.
    Kevin kochte innerlich vor Wut,
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