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Zeit des Aufbruchs

Zeit des Aufbruchs

Titel: Zeit des Aufbruchs
Autoren: Raymond E. Feist
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schämen. Obwohl all diese Männer Fremde für ihn waren, hatte er das Gefühl, sie in seinem Herzen zu kennen. Er wußte, daß sie keine Freude und keinen Stolz aus dem gewannen, was sie erreicht hatten; was die Tsuranis für Stolz hielten, war für diese Männer der Kampf ums nackte Überleben.
    Auch über die Wangen von Kevins Landsleuten strömten Tränen. Erschöpft, allein und in dem Bewußtsein, daß sie ihre Heimat vielleicht nie wiedersehen würden, verließen die Midkemier die Arena, während Needras hereingetrieben wurden, um den toten Harulth wegzuschaffen, und wieder arbeiteten Sklaven mit Harken und Rechen daran, die Spuren des Kampfes vom Sand zu entfernen.
    Plötzlich spürte Kevin, daß er Maras Aufmerksamkeit erregt hatte, und er bemühte sich um ein angemesseneres Verhalten. Obwohl sie als Herrscherin kein Zeichen von Mitleid zeigen durfte, reichte sie Arakasi den leeren Becher und fragte flüsternd: »Sind wir lange genug hiergeblieben, um unseren Status im Rat zu bewahren?«
    Arakasi blickte Kevin eindringlich an; er wollte verhindern, daß der Barbar zu heftig reagierte, wenn er erfuhr, daß die Lady sich aus den blutigen Darbietungen nichts machte. »Ich wünschte, ich könnte ja sagen, Mylady, doch wenn Ihr jetzt gehen würdet, bevor Eure Feinde sich zum Aufbruch bereitgemacht haben …«
    Mara antwortete mit einem leichten Nicken und schaute pflichtbewußt wieder nach vorn. Die Tatsache, daß sie hier nur aushalten mußte, um gesehen zu werden, entfachte eine wilde Wut in Kevin. Leichtsinnig zischte er: »Ich werde niemals Eure Leute und Euer Spiel –«
    Die Trompeten verschluckten seinen Protest. Die Arbeiter auf dem Boden liefen aus der Arena, als sich ein anderes Tor dröhnend öffnete. Ein Dutzend Männer in fremdländischen Rüstungen marschierte herein. Sie trugen mit Nieten beschlagene Lederarmbänder an den Gelenken und einen Kopfschmuck aus verschiedenfarbigen Federn. Sie näherten sich in völliger Respektlosigkeit gegenüber den Zuschauern, zu deren Erheiterung sie bestimmt waren. In der Mitte der Arena blieben sie schließlich stehen, die Schwerter und Schilde in entspannter Zuversicht an ihrer Seite.
    Kevin hatte von den stolzen Bergkämpfern gehört, die das im fernen Osten liegende Hochland bewohnten. Sie waren das einzige Volk, das das Kaiserreich besiegt und einen Waffenstillstand erzwungen hatte, Jahre vor der tsuranischen Invasion in Midkemia.
    Wieder wurden die Trompeten geblasen, und der Herold verkündete lauthals: »Da diese Soldaten der Thuril-Konföderation den Vertrag verletzt haben, indem sie Krieg gegen die Soldaten des Kaisers führten, sind sie von ihrem eigenen Volk ausgestoßen worden. Man hat sie Gesetzlose genannt und sie uns zur Bestrafung überstellt. Sie werden gegen die Gefangenen von Midkemia kämpfen, und zwar so lange, bis nur noch ein Mann steht.«
    Fanfarenstöße kündigten den Beginn des Kampfes an. Als die großen Tore am Ende der Arena langsam aufschwangen, wagte Lujan eine Bemerkung: »Was fällt dem Leiter der Spiele nur ein? Die Thuril werden sich nicht gegenseitig bekämpfen, wenn sie die Midkemier besiegt haben. Lieber verfluchen sie sterbend den Kaiser.«
    »Mylady, Ihr müßt darauf gefaßt sein, rasch zu verschwinden«, unterbrach Arakasi. »Wenn der Kampf enttäuschend verläuft, wird der Mob wahrscheinlich außer Kontrolle geraten …«
    Da nach den Gepflogenheiten der Tsuranis die Gewöhnlichen oberhalb von den Ebenen der Edlen saßen, würden die höheren Klassen des Kaiserreiches sich im Falle eines Aufstandes ihren Weg mitten durch die Aufständischen hindurch bahnen müssen, um zu den Ausgängen zu gelangen. Kevin dachte an die vielgepriesene Disziplin der Tsuranis, doch Arakasi widersprach ihm, als hätte er seine Gedanken erraten.
    »Diese Spiele erwecken manchmal eine Blutlust im Pöbel. Es hat bereits zuvor Aufstände gegeben, und auch Edle sind dabei umgekommen.«
    Die scheinbar unendlichen Widersprüche dieses Volkes verblüfften Kevin nur kurz, denn in diesem Augenblick marschierten zwölf Midkemier aus einem Tor, das der Loge des Kriegsherrn genau gegenüberlag, in die Arena. Ihre echten Metallrüstungen waren zu kostbar, als daß sie für ein solches Schauspiel benutzt werden konnten, und so trugen sie an Stelle der soliden Kettenhemden, Helme und Schilde grell bemalte Nachahmungen aus tsuranischen Materialien. Ein Schild trug den Wolfskopf von LaMut, ein anderer – in viel zu hellen, aufdringlichen Farben – das
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