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Mord in Mombasa: Thriller (German Edition)

Mord in Mombasa: Thriller (German Edition)

Titel: Mord in Mombasa: Thriller (German Edition)
Autoren: Nick Brownlee
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1
    A ls George Malewe noch ein kleiner Junge war, hatte er Tausende von Fischen für die weißen Männer ausgenommen, die zum Sportfischen an die Küste vor Mombasa kamen. Aber als die Klinge seines Lieblingsfiletiermessers mit dem Teakholzgriff in dem weichen Bauch versank und er sie mit einer geschmeidigen Sägebewegung nach oben und durch die Magenwand zog, fiel ihm auf, dass er noch nie zuvor einen weißen Mann ausgenommen hatte.
    George kam zu dem Schluss, dass ein Mann sich nicht allzu sehr von einem großen Karambesi oder einem Marlin unterschied. Die Eingeweide landeten mit dem gleichen feuchten Platschen auf den Deckplanken des Bootshecks. Und die Blutpfütze, die unter seinen nackten Zehen quatschte, hatte die gleiche warme Konsistenz wie bei einem großen Fisch.
    Eines war freilich doch anders, das musste er zugeben: Er würde wesentlich länger brauchen, hinterher das Deck aufzuwischen und die Innereien mit dem Wasserschlauch durch die Speigatts im Heck zu spülen.
    Außerdem, überlegte George, hatte er noch nie einen Sportfisch ausgenommen, der mit Angelschnur an einen Kampfstuhl gefesselt war. Und auch keinen, der wie am Spieß brüllte, während er ihn ausweidete.
    »George, beweg deinen Arsch mal da weg!«
    Er fuhr zusammen, als er die grobe Stimme von oben hörte. »Ja, Boss.«
    Der sehnige Afrikaner rückte ein Stück zur Seite, so dass er nicht mehr zwischen den Knien den gefesselten Opfers kauerte, sondern sich gegen die äußere Seite seines fixierten linken Oberschenkels lehnte.
    »Und lächeln bitte!«
    George drehte sich um und blickte in die Linse der Kamera, die von der Brücke auf ihn gerichtet war. Er wusste alles über Kameras, und diese war ein Topmodell. Extrem teuer. Er strahlte und entblößte eine dezimierte gelbe Zahnreihe unter seiner Baseballkappe von den New York Yankees.
    Der Boss zog sich mit einem verdrossenen Knurren vom Sucher der teuren Kamera zurück.
    »Doch nicht du, du blöder Kaffer . Ihn will ich. Du sieh lieber zu, dass du mit deiner Arbeit fertig wirst.«
    Georges Grinsen erlosch, und stumm wandte er sich wieder dem offen klaffenden Unterleib des Mannes zu, der mit Handgelenken, Unterarmen, Knöcheln, Oberschenkeln und Knien an die Stahlstreben des Kampfstuhls gefesselt war.
    »Na komm, Dennis!«, rief der Boss fröhlich. »Sag schön ›Cheese‹!« Dann schnaubte er ärgerlich. »George – jetzt heb ihm doch mal den Kopf an, los!«
    George trat hinter den Stuhl, packte ein silbriges Haarbüschel und zog den Kopf, der auf den Brustkorb des gefesselten Mannes gesackt war, nach oben.
    »Noch ein bisschen, noch ein bisschen …«
    Der Boss schwankte leicht, während er das Objektiv einstellte. Er stand auf der mit einer Persenning überdachten Brücke, von der man das ganze Heck überblickte.
    »Der Gute sieht nicht so besonders schlau aus, was, George?«
    George blickte auf das graue Gesicht herab. Der Mund des Mannes war erschlafft, und seine Augäpfel waren nach oben gerollt.
    »Für mich sieht er tot aus, Boss.«
    »M-hm.«
    Der Boss ließ die Kamera sinken und kletterte vorsichtig über eine Stahlleiter von der Brücke aufs Deck. Es war ganz offensichtlich, dass dieser untersetzte Mann kein Seemann war, denn das Schlingern und Rollen des Schiffes ließ ihn über die Planken torkeln wie einen Betrunkenen.
    Doch das hatte George ja von vornherein gewusst. Die Skipper, die sich auf diesem Angelrevier ihren Lebensunterhalt verdienten, kannten jeden Zentimeter des Riffs und wussten haargenau, an welchen Stellen die Korallen mit ihren gezackten Zähnen so dicht unter der Oberfläche lagen, dass sie einem zehn Meter langen zweimotorigen Fischerboot wie der Martha B so leicht die Eingeweide herausreißen konnten, als würde man ein Blatt Papier zerfetzen.
    Der Boss hatte keinen Schimmer.
    George hingegen schon. Nicht umsonst hatte er seit seinem elften Lebensjahr auf diesen Fischerbooten gearbeitet, und deshalb wusste er, wie man auf offener See navigiert, wie man die Strömungen einschätzte und die gefährlichen Brecher vorausahnte, die einen packen und zu Kleinholz zerschmettern konnten.
    Deswegen war er hier.
    Deswegen und wegen der fünfhundert Dollar, die der Boss ihm dafür versprochen hatte, dass er die Martha B durch das Riff steuerte, den weißen Mann auf dem Stuhl ausweidete und keine Fragen stellte.
    George spürte, wie ihn eine Welle der Erregung durchlief, als er an das Geld dachte. Fünfhundert Dollar – das war ein Vermögen in einem Land, in dem
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