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Zeit des Aufbruchs

Zeit des Aufbruchs

Titel: Zeit des Aufbruchs
Autoren: Raymond E. Feist
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Händen und verneigte sich respektvoll.
    Dann wandte das Licht des Himmels sein Gesicht der Lady zu, die in ihren grün schimmernden Seidengewändern geduldig dastand. »Mara von den Acoma!«
    Die Frau, die ihm einen Thron und die Bürde absoluter Macht geschenkt hatte, schaute auf; ihre Augen waren von unergründlicher Tiefe, ihre Gefühle hinter einer untadeligen tsuranischen Haltung verborgen.
    »Ihr habt das Kaiserreich vor dem Chaos bewahrt«, erklärte Ichindar. Dann wurde sein Ton persönlicher: »Welche Belohnung können wir Euch bieten?«
    Mara errötete wider Willen. »Majestät, um ehrlich zu sein, ich wollte nichts anderes als die Möglichkeit, die Angelegenheiten meiner Familie in Frieden und Wohlstand zu führen. Ich fürchte, ich habe zuviel meiner Ehre eingebüßt, als daß ich eine Belohnung verdiente.«
    »Und doch habt Ihr genau jene Bedürfnisse und die Ehre zurückgestellt, um dem größeren Gut zu dienen«, betonte Ichindar. »Ihr habt uns an vergessene Wahrheiten und wahre Größe erinnert.« Er hielt inne, während er mit seiner goldgerüsteten Hand eine leichte Bewegung durch die Luft machte. »Ihr habt in unsere Zeiten ein Konzept zurückgeholt, das seit Jahrhunderten verschüttet war. Durch Euer Opfer, indem Ihr die Familie für das Wohl der Nation als Ganzes hintanstelltet, habt Ihr die höchste Ehre von allen verdient. Gibt es keine Belohnung, die wir Euch geben können?«
    Jetzt überlegte Mara kaum einen Augenblick. »Majestät, ich bitte Euch um den rechtmäßigen Anspruch auf das Herrenhaus und die Ländereien, die dem Lord der Minwanabi gehörten.«
    Ein dumpfes, unruhiges Raunen ging durch den Saal. Die tsuranische Tradition sah vor, daß ein gefallenes Haus von den Göttern verflucht war und sowohl von Edlen wie auch gewöhnlichen Menschen gemieden wurde. Viele schöne Herrenhäuser waren auf diese Weise verfallen und von Unkraut überwuchert – eine Folge der tiefsitzenden Überzeugung, daß das Glück eines Lords an die Erde gebunden war.
    Der Kaiser machte eine unsichere Geste. »Warum ein Geschenk mit einem solch schlechten Omen, Lady?«
    »Majestät«, sagte sie ernst, »wir haben uns heute hier versammelt, um Veränderungen vorzunehmen. Nach meiner Meinung ist es die größere Beleidigung für den Himmel, wenn wir erlauben, daß ein Wohnsitz von solcher Schönheit verschwendet wird und dem Zerfall anheimfällt. Ich habe keine Furcht vor Unglück. Gewährt mir die Bitte, und ich werde nach den Dienern des Roten Gottes senden, um eine eindeutige Bestätigung zu erhalten, daß Desios Blutschwur erfüllt worden ist. Dann mögen die Priester Chochocans den Besitz segnen, jeden Zoll, wenn nötig, und an dem Tag, wenn der unruhige Geist der Minwanabi in Frieden verbannt ist, werde ich dort mein Heim einrichten.«
    Mara kämpfte gegen Tränen der Erleichterung, als sie fortfuhr: »Zu viele gute Männer und Frauen sind gestorben, Majestät. Andere sind Sklaven, deren Talente verleugnet, deren Fähigkeiten mißachtet werden.« Wehmut bei dem Gedanken an Kevin ergriff sie, doch sie zwang sich, ruhig fortzufahren. »Ich arbeite für eine veränderte Zukunft, und dafür bitte ich, als erste mit einer Tradition brechen zu dürfen, die nur zu Verlusten führt.«
    Ichindar nickte zum Zeichen seiner Einwilligung in ihre verblüffende Forderung. Und in das tiefe Schweigen, das sich ausgebreitet hatte, als jeder anwesende Lord sein Land und seine Leute in einem anderen Licht betrachtete, rief Mara auffordernd: »Diese Verschwendung muß ein Ende haben. Jetzt. Allen, die sich in der Vergangenheit gegen mich gestellt haben, leiste ich diesen Schwur: Kommt zu mir mit Frieden in Euren Herzen, und ich werde den alten Auseinandersetzungen ein Ende bereiten.« Sie blickte Jiro von den Anasati an, doch dieser ließ nicht das winzigste Gefühl erkennen. Das Gesicht unter seinem roten und gelben Helm blieb unergründlich verschlossen.
    Der Kaiser auf dem Podest sah die hin und her wandernden Blicke und die Fragen in den Gesichtern vieler der hier versammelten Edlen. Er ahnte etwas von Maras Gefühlen, und doch verstand er nur einen Bruchteil dessen, was diese tiefgründige und komplexe Frau antrieb. Die Vorstellung eines verzeihenden Sieges bewegte ihn zutiefst. »Lady Mara, Länder sind nur eine ungenügende Entschädigung für das Geschenk der erleuchtenden Gedanken, die Ihr in diesen Rat gebracht habt. Ihr habt Reichtum und Macht, Einfluß und Ansehen. In diesem Augenblick überragt niemand in dieser
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