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Zeit der Idioten

Zeit der Idioten

Titel: Zeit der Idioten
Autoren: Bernhard Moshammer
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tut Ihnen leid?«
    »Dass das Leben es nicht gut gemeint hat mit Ihnen. Dass Sie in diese Lage kommen mussten, die ich aber selbstverständlich respektiere. Wie auch immer, interessieren Sie sich für ein spezielles Produkt?«
    »Äh, ich weiß nicht …«
    »Ich hätte da etwas für Sie vorbereitet. Klein, handlich, sehr effektiv.«
    »Ach ja?«
    »Ein präpariertes Notebook. Völlig unauffällig und mehr als einfach zu bedienen. Sie können selbst entscheiden, wie Sie den Auslöser aktivieren möchten. Entweder Sie geben ein bestimmtes Passwort ein, in unserem Falle ›Bummm!‹ Mit drei M und Rufzeichen. Oder Sie lassen das Ding einfach fallen.«
    »Was ist da drin?«
    »HMTD.«
    »Hexamethylentriperoxiddiamin.«
    »Oh, ein Experte. Ich habe davon gehört.«
    »Nein, bin ich nicht.«
    »Wie auch immer. Jedenfalls handelt es sich um ein hochprofessionelles Produkt. Wir haben hochbezahlte, erfahrene Biochemiker, die für uns arbeiten. Keine Rede von diesem dilettantischen, stümperhaften Herumgebastle mit Blondierungsmitteln, Trockenspiritus, Abflussreinigern et cetera. Sie verstehen sicher.«
    »Ja.«
    »Sie sind also interessiert?«
    Da läutet mein Handy wieder.
    »Entschuldigen Sie …«
    »Kein Problem.«
    »Ja«, melde ich mich genervt.
    »Herr Fink, hier spricht Schreiber, Jugendamt St. Pölten. Ich muss Sie informieren, dass Ihnen das Sorgerecht für Sarah Ungar entzogen wurde. Das Mädchen wird heute zu ihren Großeltern ziehen. Diese sind bereits informiert.«
    »Aha.«
    »Es tut mir leid.«
    »Was tut Ihnen leid?«
    »Naja … alles.«
    »Ich lege jetzt auf.«
    Du scheinheiliger, schiacher Exekutivtrampel!
    »Ja«, sage ich entschlossen zum Chef.
    »Wie bitte?«
    »Ja, ich bin interessiert.«
    »Definitiv?«
    How does it feel
… Nein, das ist nicht das Radio, das ist mein Klingelton. Hab ich noch gar nicht erwähnt? Ist ja auch egal. Scheiß Handy.
    »Hallo?«
    »Cornelius! Vogelauer hier. Ich hab gar nicht schlafen können. Mir tut das wirklich leid, aber ich hoffe, du hast das richtig verstanden. Ich soll dir einen Gruß vom Manfred ausrichten. Er hat gesagt, wenn du einmal was brauchst, wenn du umziehst oder jemanden für Malerarbeiten oder so suchst, kannst du ihn jederzeit anrufen. Er würde nichts verlangen. Außer du hast dann einen Welthit geschrieben und bist stinkreich, in Ordnung?«
    »In Ordnung«.
    »Ich komme heute Abend. Und der Manfred auch.«
    »Ja.«
    »Bis dann also.«
    »Bis dann.«
    Blöder Bäckeridiot!
    »Definitiv, Herr –?«
    »Huber, sagen Sie einfach Huber.«
    »Herr Huber. Ich bin interessiert. Definitiv.«
    »Sehr gut. Sie müssten dann nur noch hier unterschreiben, Herr Fink.«
    »Was ist das?«
    »Reine Formsache. Nur für den Fall, dass Sie es sich doch noch überlegen und wir aus irgendwelchen Gründen in Schwierigkeiten kommen sollten. Für diesen Fall haben wir eine kleine, finale Überraschung für Sie in petto. Sie verstehen?«
    »Verstehe.«
    Ich bin zu müde zum Lesen und unterschreibe.
    »Wo haben Sie Ihr Auto geparkt?«
    »Ich bin mit dem Zug gefahren.«
    »Mit dem Zug? Das hat mir keiner gesagt. Und wie gedenken Sie, Ihr magisches Notebook nach Bölling zu transportieren?«
    »Das schaffe ich schon …«
    »Aber die Bahnhöfe sind bewacht.«
    »Ich schaffe das schon.«
    »Sie können das nicht schaffen, das ist unmöglich. Einer unserer Leute wird Sie fahren. Das hätten Sie uns eigentlich vorher sagen sollen, Herr Fink. Aber egal, wir sind flexibel und werden uns um alles kümmern. Ihre Sorgen sind gezählt, Cornelius. Es gibt für alles eine Lösung. Möchten Sie, dass wir uns um alles kümmern?«
    »Was?«
    »Möchten Sie, dass wir uns um alles kümmern?«
    »Ja.«
    »Sie sehen nicht gut aus, Herr Fink. Irgendwie durchsichtig.«
    »Mir geht’s gut.«
    »Sicher? Sie sollten klar im Kopf sein.«
    »Ich bin total klar.«
    »Ich werde jetzt den Fahrer bestellen.«
    Elf Uhr irgendwas. Ich bin irgendwo auf der Autobahn zwischen Wien und Bölling. Mein Fahrer spricht kein Wort Deutsch. Ist auch besser so. Ich sitze auf der Rückbank, neben mir mein neues Notebook, angeschnallt wie ein kleines Kind. Ein wunderbares, sensibles, schwieriges Wesen. Das letzte, mit dem ich mich abgeben werde. Denn alles ist einfach geworden und nichts ist mehr wunderbar.
    Alles ist klar.
    Glasklar.
    Ich habe die Antwort gefunden. Auf alles. Und das, meine Freunde, fühlt sich wirklich gut an. Vergesst alles andere, vergesst die Liebe und den Sex, vergesst Reichtum und Ruhm, vergesst
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