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Die Traumfängerin - Roberts, N: Traumfängerin

Die Traumfängerin - Roberts, N: Traumfängerin

Titel: Die Traumfängerin - Roberts, N: Traumfängerin
Autoren: Nora Roberts
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1. KAPITEL
    E r hatte eine schimmernde Kristallkugel erwartet, Pentagramme und Kaffeesatz, und auch unzählige Leuchter mit flackernden Kerzen und Räucherstäbchen hätten ihn nicht überrascht. Denn obwohl er es niemals zugeben würde – genau so stellte er es sich bei einer Wahrsagerin vor.
    Als Produzent von Dokumentarfilmen zählten für David Brady eigentlich nur harte Fakten und akribische Recherchen. Jede Reportage, die er an einen Fernsehsender verkaufte, war von allen Seiten beleuchtet und mehrfach überprüft worden, um unanfechtbar und wasserdicht zu sein. Einzig und allein Tatsachen hatten Bedeutung in seinem Tagesgeschäft, und gerade deshalb freute er sich auf das Treffen mit dieser Hellseherin. Endlich einmal etwas anderes als nüchterne Drehbücher, Ablaufpläne und Finanzierungen.
    Doch die Frau, die ihm die Tür des hübschen Bungalows in Newport Beach öffnete, hätte er eher bei einer Runde Bridge erwartet als bei einer Séance. Sie trug nicht einmal einen Turban. Ohne sich die Ernüchterung anmerken zu lassen, trat David näher. Er nahm einen angenehm leichten Duft nach Flieder und Puder wahr, keineswegs den schweren Geruch von Moschus und geheimnisvollen Kräutermixturen. So schnell wollte er die Hoffnung aber nicht aufgeben. Vielleicht war sie ja nur die Haushälterin.
    „Hallo.“ Sie reichte ihm eine schmale, gepflegte Hand und lächelte ihn offenherzig an. „Ich bin Clarissa DeBasse. Sie sind sehr pünktlich, Mr Brady. Treten Sie ein.“
    „Miss DeBasse!“ In Sekundenschnelle begrub David seine unerfüllten Er wartungen und ergriff die dargebote neHand. Schließlich hatte er sich lange genug mit übersinnlichen Fähigkeiten auseinandergesetzt, um zu wissen, dass sich bei vielen Menschen dieses Talent hinter einer normalen, gutbürgerlichen Fassade verbarg. „Woher wussten Sie, wer ich bin? Hat Ihre Kristallkugel es Ihnen verraten?“
    In dem kurzen Augenblick, während ihre Hände sich berührten, konzentrierte sich Clarissa auf die Aura des Mannes, der vor ihr stand. Sie ließ die Eindrücke auf sich wirken, um sie später in Ruhe einordnen zu können. Doch eines spürte sie sofort: Er war ein Mensch, dem sie vertrauen und auf den sie sich verlassen konnte. Das genügte für den Moment. „Natürlich könnte ich Ihnen jetzt etwas von Vorahnungen erzählen“, entgegnete sie lachend. „Tatsächlich aber ist es simple Logik. Ich habe Sie um halb zwei erwartet.“ Um ehrlich zu sein, hatte ihre Agentin sie angerufen und sie an die Verabredung erinnert, sonst hätte sie jetzt noch bis zu den Knien in ihren Gemüsebeeten gesteckt. „Natürlich ist es auch möglich, dass Sie Vertreter für Bürsten und Besen sind und nur zufällig gerade jetzt hier auftauchen. Aber ich vermute, dass Sie Verträge und andere Unterlagen in Ihrer Aktentasche haben. Und ich muss auch nicht hellsehen, um zu ahnen, dass Sie nach der langen Fahrt von Los Angeles hierher gern einen Kaffee hätten.“
    „Da haben Sie recht“, erwiderte David und folgte ihr in das gemütliche Wohnzimmer mit blauen Vorhängen und einem breiten, merklich durchgesessenen Sofa.
    „Setzen Sie sich, Mr Brady. Der Kaffee ist schon fertig.“
    Da die Couch nicht gerade vertrauenerweckend aussah, nahm David lieber in einem der Sessel Platz. Clarissa schenkte Kaffee in zwei nicht zueinanderpassende Porzellanbecher, bot Milch und Zucker an und setzte sich dannentspannt ihm gegenüber. Diskret, aber dennoch genau beobachtete David sie. Er legte großen Wert auf den ersten Eindruck. Clarissa DeBasse wirkte wie jedermanns Lieblingstante: Sie war eine gepflegte, ein wenig rundliche Erscheinung. Ihr Gesicht war weich und hübsch und, obwohl sie die fünfzig schon überschritten hatte, fast faltenlos. Ihr blondes Haar war modisch geschnitten und zeigte keine Spur von Grau, was, wie David vermutete, ihrem Friseur zu verdanken war. Ein bisschen Eitelkeit schadet nicht, dachte er. Als sie ihm jetzt den Becher mit dampfendem Kaffee reichte, bemerkte er die zahlreichen Ringe an ihren Fingern. Wenigstens ein Klischee seiner Vorstellung, das sie erfüllte, stellte er schmunzelnd fest.
    „Miss DeBasse, Sie entsprechen absolut nicht meinen Erwartungen“, gab er freimütig zu, während er dankend die Tasse annahm.
    Äußerst zufrieden lehnte sie sich in ihrem Sessel zurück. „Lassen Sie mich raten: Sie hatten gehofft, ich würde Sie mit einer Kristallkugel in der Hand und einem Raben auf der Schulter empfangen.“
    Die unverhohlene Belustigung in
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