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Zeichen im Schnee

Zeichen im Schnee

Titel: Zeichen im Schnee
Autoren: Melanie McGrath
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für den Staat hatte dazu beigetragen, ihn mehr wie einen hiesigen Landsmann aussehen zu lassen. Diese Verbesserung seines Images hatte ihm sehr geholfen, was sich nicht zuletzt in Form von Wahlkampf-Spenden ausgedrückt hatte. Er war sich bewusst, dass kein noch so schmeichelhaftes Gerede über seine Liebe zum neunundvierzigsten Bundesstaat die wohlhabenden Alteingesessenen von Alaska anspornen würde, für seinen Gouverneurswahlkampf so tief in die Tasche zu greifen, wie sie es nahezu automatisch für Shippon getan hatten, aber es war ihm gelungen, genügend Spenden aufzubringen, um zumindest eine Herausforderung darzustellen. Noch letzte Woche hätte sein Wahlkampfteam auch angesichts der optimistischsten Prognosen gesagt, dass seine Chancen, Shippon auszustechen, äußerst gering seien. Doch das war, bevor die Arbeitslosenzahlen veröffentlicht wurden und die Umfragen zeigten, dass Shippons Stern am Sinken war. Diese Statistiken bargen eine Gelegenheit – die größte Gelegenheit in Chuck Hillingbergs Leben. Aber um die Kampagne durchzuziehen, brauchten sie Geld, und deswegen begab er sich unmittelbar, nachdem er den Startschuss zur Eröffnung des Iditarod-Rennens abgefeuert hatte, zu einem Lunch ins
Sheraton
im Zentrum von Anchorage, für den zehntausend Dollar pro Gedeck zu berappen waren. Seine Rede zum Zweck der Geldbeschaffung hatte er schon x-mal gehalten. Sie beinhaltete das, was Geschäftsleute und Unternehmer immer gerne hörten. Alaska müsse die Staatsausgaben drosseln und neue, innovative Wege finden, damit Privatunternehmen sich entwickeln und wachsen konnten. Aber der Glaube, dass er knapp siegen könnte, hatte seiner Rede neuen Schwung verliehen. Beim Frühstück hatten Marsha, Andy und er beschlossen, dass seine heutige Rede die neue Zuversicht der Wahlkampagne widerspiegeln müsse. Er wollte sich auf das Staatsmotto Alaskas beziehen – «North to the Future», Dem Norden die Zukunft – und sagen, dass diese Zukunft nur ein Gouverneur Chuck Hillingberg gestalten könne.
    Er ging die Stufen des Ü-Wagens hinunter und trat wieder in die kalte Sonne des alaskischen Märzmorgens. Während der fünfzehn Minuten, die er und Marsha sich in dem mobilen Studio aufgehalten hatten, war die Menschenmenge beträchtlich angewachsen, und hinter der Presseabsperrung bemerkte er erfreut eine Reihe Fernsehkameras. Als er an der Absperrung entlangging, fühlte er sich geschmeichelt, weil er freundliche Gesichter entdeckte, Bekannte, die nach vorne drängten, um hallo zu sagen oder ihm die Hand zu schütteln – bis ihm einfiel, dass Andy es ja so arrangiert hatte. Aber egal. Davon wussten die Fernsehteams ja nichts.
    Der Umstand, dass die feierliche Eröffnung des Rennens in Anchorage stattfand, verlieh Chuck einen der wenigen Vorteile gegenüber Tom Shippon, und den gedachte er gründlich für sich auszunutzen. Als Bürgermeister der Stadt war es ihm ein Leichtes, das Rennen zu seiner Sache zu machen, auch wenn der offizielle Start in Wasilla war, und Shippon, der in seiner Gouverneursresidenz in Juneau festsaß, konnte nichts dagegen tun. Das Rennen genoss im Staat hohes Ansehen, war aber auch von nationaler und internationaler Bedeutung. Das Iditarod-Rennen mochte nicht das einzige Hunderennen auf Erden sein, es war aber dasjenige mit dem höchsten Bekanntheitsgrad und für viele das einzige, das wirklich zählte. Auch wer sich überhaupt nicht für Hunderennen interessierte, hatte schon von dem «Great Run of Mercy» gehört. Der heldenhafte Staffellauf hatte fünfeinhalb Tage gedauert, zwanzig Hundeschlittenführer und 150 Hunde hatten eine Strecke von 1085 Kilometern zurückgelegt, um ein Diphterieantitoxin über das alaskische Eis in die ferne Goldgräberstadt Nome zu bringen und so eine Epidemie zu verhindern. Und selbst wenn die Leute die Einzelheiten der Geschichte nicht kannten, hatten viele Balto gesehen, den Leithund des Gespanns der letzten Staffel, der im Central Park von New York in Bronze verewigt ist. Seit dem ersten Rennen, das 1973 zur Erinnerung an den Serumlauf stattfand, war das Iditarod-Rennen gewaltig gewachsen, sowohl im Hinblick auf die Zahl der Teilnehmer als auch – für Chuck noch wichtiger – im Hinblick auf die Bekanntheit. Damals in den 1920 er Jahren wurde die Nachricht von der heldenhaften Fahrt im Radio, dem neuen Medium, übertragen. Heutzutage flogen Fernsehteams aus aller Welt hierher, und da rund um die Uhr gesendet wurde, hatten sie viel Zeit zu füllen. Nur wenige
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