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Zehnmall Männerliebe

Zehnmall Männerliebe

Titel: Zehnmall Männerliebe
Autoren: Sissi Kaipurgay
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leise. Fröhliche Wei h nacht? Es ist Mitte August, aber mir soll’s egal sein. Grinsend laufe ich ins Wohnzimmer, dämpfe das Licht, stelle leise Musik an und pflanze mich auf die Couch.  
     
     
    Es dauert eine geschlagene halbe Stunde, bis sich Karim zu mir gesellt. Er hat sich in ein großes Handtuch gewickelt und sieht jetzt noch jünger aus, als ich angenommen habe. Ve r legen bleibt er vor mir stehen, dabei fallen aus seinen Haaren Wassertropfen auf die nackten Schultern.  
     
    „Sicher, dass du nicht ficken willst?“, fragt er lauernd und lässt das Handtuch los.
     
    Ich glotze und mein kleiner Freund kommt begeistert hoch und will auch gucken. Dieser K a rim sieht lecker aus und ist genau mein Typ, doch dafür habe ich ihn nicht bezahlt. Obwohl mein Schwanz pr o testierend gegen den Stoff hämmert, schüttle ich den Kopf und wende den Blick ab.  
     
    „Okay“, murmelt Karim, bückt sich nach dem Frotteestoff und wickelt sich wieder ein.
     
    „Magst du ein Bier?“ Ich wedele mit der Hand in Richtung Tisch, auf dem ich ein paar Flaschen abg e stellt habe.  
     
    „Danke“, flüstert der Kleine, schnappt sich eine davon und lässt sich neben mich plumpsen.
     
    Nach einer Weile des Schweigens seufze ich tief und wende mich zu ihm.
     
    „Magst du mir erzählen, wie du auf die Straße gekommen bist?“
     
    Karim hat die Wimpern gesenkt, nickt leicht und dann bekomme ich einen niederschmetter n den Bericht. Misshandlungen im Elternhaus, ein Stiefvater, der ihn schließlich hinausgetri e ben hat, Drogen und dann der Strich.  
     
    „Einen Entzug habe ich schon hinter mir“, beendet Karim seine Geschichte. „Im Augenblick bin ich clean.“
     
    Der Kleine ist erst siebzehn und seit zwei Jahren auf der Straße. Bei so viel Elend muss ich schl u cken und kann erst mal nichts sagen. Wir trinken stumm.  
     
    „Und was ist mit dir?“, fragt Karim in die Stille. „Wieso bezahlst du für meine Gesellschaft?“
     
    Ein wunder Punkt. Ich zaudere und antworte schließlich: „Bin nicht der Typ für’s Reden. Mag trotzdem gern jemanden um mich haben.“
     
    Karim nickt und wieder regiert die Stille. Leise rieselt die Musik durch den Raum, Kusche l rock, wie zynisch von mir. Besser als das Ticken der Küchenuhr ist es allemal. Karim bewegt sich und zieht schließlich die Beine aufs S o fa. Ich bemerke, dass ihm kalt ist.  
     
    „Ich hol dir eine Decke“, murmele ich und springe auf.
     
    Der Kleine kuschelt sich in die warme Bettdecke und gähnt verhalten. Das Schweigen ist nicht schlimm, mit ihm ist das auszuhalten. Trotzdem beginne ich zu erzählen. Von meinem langweil i gen Job, dem Problem mit meiner sexuellen Ausrichtung, den Anfeindungen de s halb, weil ich mich weig e re, mein Schwulsein zu verstecken. Meine Familie hat sich von mir abgewandt und der Typ für’s We g gehen bin ich nicht.  
     
    „Bin ich der erste Stricher, den du dir nach Hause holst?“, erkundigt sich K a rim.  
     
    Ich nicke und betrachte meine Fingerspitzen.
     
    „Danke“, flüstert der Kleine. „Danke für dein Vertrauen.“
     
    Fünf Minuten später entgleitet die Bierflasche seinen schlaffen Händen. Er ist eingeschlafen. Ich stell die Flasche auf den Tisch, betrachte ihn noch eine Weile und gehe dann in mein Bett. Fühlt sich irgendwie gut an, dass ich nicht allein in der Wohnung bin …
     
     
    Karim ist fort, als ich am nächsten Tag ins Wohnzimmer getrottet komme. Die Decke und auch das Handtuch liegen ordentlich gefaltet auf der Couch, ansonsten hat er keine Spuren hinterla s sen. Schade. Ich hätte gern noch einen Kaffee mit ihm getrunken. Der Junge gefällt mir und er kann schweigen. Gut, keine untypische Eigenschaft bei Männern, doch jeder schweigt anders, finde ich zumindest.  
     
    Meine letzte Beziehung – und meine einzige – konnte nur maulend stumm sein, was eher una n genehm wirkte und bei mir sofort einen Schuldkomplex auslöste. Karim ist anders und für sein Alter recht reif, kein Wunder bei seinem Leben. Ich bin schon einunddreißig und komme mir – gemessen an ihm – feige vor. Niemals würde ich einen Tag auf der Straße aushalten, geschwe i ge denn, für Geld meinen Körper anbieten. Doch was weiß ich schon vom Leben. Ich ziehe mich an und gehe zur Arbeit.  
     
     
    Nach Feierabend überlege ich, ob ich Karim suchen gehen soll, um mit ihm einen weiteren Abend zu verbringen, lass es dann aber sein. Der Junge ist sein eigener Herr und weiß, wo ich wohne, falls er mich
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