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Zehnmall Männerliebe

Zehnmall Männerliebe

Titel: Zehnmall Männerliebe
Autoren: Sissi Kaipurgay
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Okay, diesbezüglich hatten sie mich nicht erwischt, denn ich war stets vorsichtig gewesen. Dass Vladimir ein fetter, ekelhafter und dummer Mann war, hatte mir auch eine verräterische Erektion versagt, wofür ich mehr als dankbar sein konnte. Der Akt an sich – nun, inzwischen war ich Schlimmeres gewohnt und fühlte mich einfach nur ausgebrannt.
     
    „Antreten“, brüllte Vladimir und meinte sowohl mich und meine Kollegen als auch die Häftlinge.
    Diese waren, aufgrund der miesen Behandlung, in schlechter Verfassung. Nur einer – ein Kerl mit blonden, schmutzigen Locken und unnahbarer Haltung – hielt sich aufrecht und guckte mit seinen grünen Augen zu uns herüber, als wolle er uns verfluchen. Christian Weberknecht, ich hatte mir diesen Namen eingeprägt, war in den letzten Nächten das Spielzeug Vladimirs geworden. Seine Schreie verfolgten mich noch immer. Die Hose hing ihm knapp auf den Hüften und Blut rann aus unzähligen Verletzungen. Dennoch – er ging sehr gerade und steif, zugleich fast gelassen, zu seinem Platz.
    Sechs Pfähle, an denen die Männer nachlässig angebunden wurden, bevor man ihnen, ebenso schlampig, Augenbinden anlegte. Ich ging in Position. Christian landete an Pfahl zwei, womit ich für eine harmlose, dennoch schmerzhafte Wunde zuständig war. Verdammt, wieso gerade ich? Mein Gewissen begann eine zähe Diskussion, die mich völlig irre machte, während neben mir Mikael stand und sich in die Hose pinkelte, wie immer, wenn wir hier standen und über das Schicksal von armen Kerlen entschieden.
    „Schieß“, zischte Juri, der erst seit einer Woche dabei war.
    Er war noch leicht erregt durch das Adrenalin und kannte den Schmerz und die Alpträume nicht, die einen unweigerlich – als denkender Mensch – nach wenigen Wochen hier einholten. Außerdem musste er für Vladimir auch noch nicht herhalten, aber dessen Blick zufolge würde sich das nur zu bald ändern. Mein Chef liebte Frischfleisch, weshalb ich schon bald von seiner Gunst erlöst werden würde.
    „Aaaanlegen“, dröhnte Vladimir und wir hoben die Gewehre. „Schiiiiiesst!“, brüllte er anschließend, ein Schuss explodierte und der Gefangene eins ging auf die Knie und sackte ganz langsam nach vorn. Mein Magen verknotete sich und ich spürte den Kotzreiz steigen, während neben mir Mikael dem schon nachgab und Juri sich in die Hosen pisste. Na großartig, die coole Exekutionsmannschaft schwächelte.
    „Verdammt“, knurrte Vladimir. „Kriegt euch wieder ein. Los! Anlegen, Nummer zwei ist dran.“
    Wir gehorchten, denn was waren wir schon? Halbwüchsige, die von ihren Eltern fortgenommen und in eine Art Folterstube getrieben worden waren. Was blieb uns denn, wenn wir es nicht taten? Ich legte an.
    Mikael kotzte weiter und Juri flennte ob seiner nassen Hose. Nummer zwei würde ganz mir gehören. Seine Augenbinde war verrutscht, was anscheinend niemanden störte. Ich zwinkerte ihm zu und dann schoss ich. Die Kugel schlug knapp neben seinem Brustkorb ein, den er – dank unseres kurzen Augenkontaktes – zur Seite bewegt hatte. Wahnsinn! Ich stöhnte erleichtert, sah rüber zum Chef und der knurrte: „Boah! Glück gehabt, beinahe hättest du ihn doch erlegt.“
    Als wäre Christian ein Wildtier. Erlegt. DAS ließ ich mir auf der Zunge zergehen und fühlte angesichts Christians aufrechter Gestalt eine irre Wut, die mir das Blut in den Kopf trieb und meine Muskeln hart werden ließ. Nur mein Gehirn war flach durchflutet, denn ich sprintete zu Christians Nachbarn, duckte mich hinter dessen Leiche und knallte meinen Chef ab. Danach die beiden anderen Schützen, die die Gefangenen bewachten. Die Kollegen ließ ich erst mal aus, denn die hatten mir nichts getan.
    Ich löste Christians Fesseln, der mir danach half, die anderen vier zu befreien. Er richtete sich gerade auf, schnappte sich meine Hand, musterte mich kurz und sagte dann nur: „Komm mit.“
    Diese zwei Worte beinhalteten alles. Den Abschied von meinem Land, meiner Familie und zugleich das Versprechen auf eine Zukunft, wie auch immer diese aussehen würde. Nur sterben – das würde ich ganz sicher nicht, solange dieser Mann auf mich aufpasste. Ich folgte ihm.
    Hinter der Mauer begann, nach zehn Metern Sperrzone, der Urwald. Wir erreichten ihn, noch bevor die ersten Gewehrsalven zu hören waren. Wir rannten und Christian war rücksichtsvoll, was ich daran merkte, dass er nicht außer Atem war, wenn wir kurz pausierten. Schließlich erreichten wir eine Lichtung, und
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