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Zehn Milliarden (German Edition)

Zehn Milliarden (German Edition)

Titel: Zehn Milliarden (German Edition)
Autoren: H. J. Anderegg
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Hand der Mutter. »Ben darf immer alles.«
    »Das stimmt nicht, und das weißt du. Dein Bruder und Dad waren einfach zufällig weiter vorn in der Schlange.« Der Rest der kleinen Familie hatte es gerade noch auf die letzte Fahrt geschafft. Die Frau fuhr mit dem weinenden Mädchen hinunter, um in der Lobby auf ihre beiden Männer zu warten. Niemand wusste, weshalb der Big Shot geschlossen wurde. Vielleicht war schlechtes Wetter im Anzug. Ärgerlich für die meisten, aber kein Grund zur Sorge. Der Normalbetrieb ging weiter im Paralleluniversum des Hotels.
    Die sechzehn Passagiere saßen festgeschnallt in ihren Sitzen am Turm, dessen Spitze 330 Meter in den Himmel ragte, und warteten mit angehaltenem Atem auf den Schuss. Der entfernte Straßenlärm, das pausenlose Jaulen der Polizei- und Krankenwagen, waren hier oben im Freien gut zu hören, doch das kümmerte niemanden. Nur der ungewohnte Lärm der Militärflugzeuge, die wie lästige Fliegen um den Turm zu schwärmen schienen, mochte dem einen oder anderen seltsam vorkommen. Irgendetwas stimmte nicht. Mit lautem Gekreisch schossen sie hinauf. Ihr Geschrei übertönte die Salven der 20 mm Kanonen, und nur die vier Menschen auf der Nordseite des Turms sahen ihr Ende kommen. Getroffen von den Geschossen der Raptor explodierte eine der F/A-18 in einem sprühenden Feuerball vor ihren Augen, der mit irrsinniger Geschwindigkeit auf sie zuraste. Die Trümmer schlugen wie Artilleriegeschosse in den Turm und das Dachgeschoss des Stratosphere. Binnen Sekunden stand die Spitze des Gebäudes in Flammen, der Turm des Big Shot neigte sich, Stahlträger ächzten, Nieten platzten und die Verankerung löste sich mit einem lauten Knall. Turmspitze und Trümmer der oberen Geschosse des Hotels stürzten krachend auf die Straße, gigantische Bomben, die sich neben rauchenden, verkohlten Körperteilen tief in den Boden bohrten. Der letzte Ride war zu Ende. In kurzen Abständen rasten zwei, drei weitere Feuerkugeln, Meteoriten gleich, heulend auf die Massen nieder, zerplatzten noch im Flug und rammten in weitem Umkreis todbringende glühende Splitter in fliehende Menschen, Autos und umliegende Gebäude. Die Umgebung des Stratosphere bis über die West Sahara Avenue hinaus verwandelte sich im Handumdrehen in ein Schlachtfeld. Fassungslose, schockierte Leute ließen alles stehen und liegen, rannten schreiend und blind vor nackter Angst aus ihren Autos, prallten aufeinander, fluchten, weinten, versuchten verzweifelt diesem Armageddon zu entkommen. Wer hinfiel brauchte unsägliches Glück, nicht auf der Stelle zertrampelt zu werden. Ein weiterer Feuerball durchschlug die gläserne Fassade des Hilton im Hintergrund. Eine schwarze Rauchsäule stieg mitten aus dem Nordflügel des Luxushotels. Bald stand das halbe Stadtviertel in Flammen, doch die Trucks der rasch zu Hilfe eilenden Feuerbrigaden steckten genauso fest im totalen Chaos wie alle anderen Fahrzeuge. An ein Durchkommen war nicht zu denken. Die Männer auf den roten Löschfahrzeugen mussten machtlos zusehen, wie sich die Feuer immer weiter ausbreiteten.
    Vic verließ die 215 beim Flughafen im Süden der Stadt. Er folgte den Anweisungen seines Freundes, der den Weg zur Autovermietung noch in frischer Erinnerung hatte. Sie wollten den Wagen hier so schnell wie möglich loswerden. Man war nie sicher, wann die Ordnungshüter wieder Zeit finden würden, sich mit ihnen zu beschäftigen. Das Durcheinander am Flughafen hielt sich noch in Grenzen, doch auch hier war offensichtlich, dass sich die Stadt im Ausnahmezustand befand. Überall schrien Nachrichtensprecherinnen und Sensationsreporter in höchster Aufregung aus den Lautsprechern der Radios und Fernsehgeräte. Von einem zweiten 9/11 war die Rede, von Krieg, Terror, UFOs und Meteoriteneinschlägen. Als er den Schlüssel und die Papiere des Wagens abgab, sah Nick auf dem Bildschirm über dem Schalter, wie ein bekannter Moderator mit grauem Dreitagebart einen Alienexperten befragte. Im Hintergrund wurden Szenen aus dem Hollywoodkracher Indpendence Day eingeblendet.
    »Sie sind gelandet, hmm?«, sagte er zur Dame am Computer. Sie fand das offenbar nicht witzig und antwortete nicht. Nick hoffte, dass Vic und Julie inzwischen eines der Taxis gefunden hatten, die mittlerweile seltener als Diamanten zu sein schienen. Sie mussten zwingend ans andere Ende der Stadt, auch wenn es nicht ohne lästige Umwege ging. Als er das Gelände der Autovermietung verließ, fuhr ein dunkler Wagen an ihm vorbei, der
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