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Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)

Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)

Titel: Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)
Autoren: Ellen Renner
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die verblassten Wandteppiche, der Schreibtisch aus Walnussholz, der abgewetzte Lehnstuhl mit den Lederbezügen. Und mittendrin Gerontius. Groß und struppig, das rot geäderte Gesicht, das seine Vorliebe für Wein verrät, von einem weißen Bart eingerahmt und den massigen Körper in eine Robe gehüllt, die schon vor drei Jahrzehnten aus der Mode gekommen ist, sitzt er an seinem Schreibtisch mit einem aufgeschlagenen Buch vor sich.
    Obwohl ich vor Angst fast umkomme, muss ich lächeln. »Du bist der größte Lügner, der mir je begegnet ist. Deine Aufpasser haben dir gesagt, dass ich hier bin. Du hast in deinem ganzen Leben noch keine Vorahnung gehabt.«
    »Da sei dir mal nicht so sicher.« Zwischen verquollenen Lidern trifft mich sein scharfsinniger Blick. »Aber es brauchtkeine Magie, um zu wissen, dass du nicht gekommen bist, um bei einem Gläschen Wein mit mir zu plaudern. Also setz dich und erzähl mir, was dich zu mir führt.«
    Ich ziehe einen Stuhl an seinen Schreibtisch, lasse mich auf die äußerste Kante sinken und balle die Hände zu Fäusten, um gegen die Panik anzukämpfen. Er strahlt eine solche Beständigkeit aus, dieser alte Mann. Sicher ist er schon immer hier gewesen, die Zeit selbst muss ihn geboren haben. Er war der Lieblingstutor meiner Mutter. Vor langer Zeit überbrachte er mir die Nachricht von dem Tod, der mein Leben veränderte. Ihm verdanke ich alles: wer ich bin und dass es mich überhaupt noch gibt. Und als ich jetzt in sein aufgedunsenes und zugleich von Runzeln durchzogenes altes Gesicht schaue, wird mir klar, dass ich ihn liebe. Tränen brennen in meinen Augen, ich blinzle sie weg. Für Liebe ist jetzt kein Platz – nur für Angst.
    »Pyramus«, sage ich. »Er weiß etwas – er ist genau in diesem Moment bei meinem Vater. Hat er herumgeschnüffelt?«
    Der alte Mann bläst die Wangen auf, atmet ganz langsam und geräuschlos wieder aus und nickt dann bedächtig. »Natürlich hat er das. Wann tut er das nicht?«
    »Aber es ist etwas passiert, habe ich recht?« Ich kann es in Gerontius’ Augen sehen. »Sag mir, was es ist.«
    »Je weniger du weißt …«
    »Hör auf, mich zu beschützen! Ich bin nicht meine Mutter. Ich bin die Ausgeburt Benedicts.« Ich starre ihn finster an. »Vergiss das nie. Außerdem bin ich kein Kind mehr.«
    »Nein.« Er betrachtet mich stirnrunzelnd wie ein schmollenderOchsenfrosch. Seine Hände zittern. Er hat Angst. Oh Götter! Ich spüre, wie mein Inneres zu Eis gefriert. Also ist es so schlimm, wie ich befürchtet habe.
    »Du hast recht«, gibt er schließlich seufzend zu. »Und du hättest es ohnehin bald herausgefunden. Vor zwei Tagen ist einer der Erkenntnissuchenden verschwunden. Weder seine Gilde noch seine Familie weiß, wo er ist. Vielleicht hatte er genug und ist einfach abgehauen. Vielleicht liegt er tot in einem Graben. Oder aber er hat uns verraten. Das Problem ist, dass er mein Kontaktmann war. Ich konnte nichts tun, nur warten, doch was du sagst, lässt vermuten, dass ich aufgeflogen bin. Das war’s, Zara … es ist Zeit, dass ich gehe. Dein Vater wird hinter den Namen in meinem Kopf her sein, und wir dürfen nicht zulassen, dass er sie jemals erfährt. Nicht auszudenken, wie es dem armen Mann erginge, wenn er zum Beispiel das über dich herausfinden würde.« Er schnaubt.
    Gerontius bewahrt Fassung, aber ich nehme ihm seine stoische Haltung nicht ab. »Wo willst du hin? Sie werden dich nicht aus der Stadt lassen.«
    »Ich habe Mittel und Wege, mein Kind.« Aber seine Stimme zittert und seine Augen sind feucht. Bei allen Göttern. Ich kann seine Angst riechen. Sie füllt den Raum wie nächtliche Dunstschwaden. Panik flutet meinen Körper, dreht mir den Magen um.
    »Was für Mittel und Wege? Gerontius! … Die Zeit sei mit uns! Was sollen wir denn jetzt tun?«
    Der alte Mann sieht mich an. Dann klappt er bedächtig das Buch zu, in dem er gelesen hat, erhebt sich schwerfällig von seinem Platz, kommt um den Tisch herum und fasstmich an den Schultern. Ich zucke unter der ungewohnt intimen Berührung leicht zusammen.
    »Mir bleibt keine Zeit für Erklärungen.« Sein Blick wandert an mir vorbei, richtet sich wieder nach innen, auf seine eigenen Gedanken. »Ich habe schon vor langer Zeit alles vorbereitet. Danke, dass du mich gewarnt hast. Und jetzt …«, der Griff seiner Finger auf meiner Schulter verstärkt sich, »… verschwinde von hier und halte dich von mir fern, ganz gleich, was passiert. Schwöre es bei der Zeit selbst!«
    Als ich ihn
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