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Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)

Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)

Titel: Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)
Autoren: Ellen Renner
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ihm dieses Vergnügen zuteilwerden lasse.
    »Große Entfernungen selbst zu fliegen ist anstrengend, wir können dafür einen Falken oder Adler benutzen. Aber nicht, wenn wir dabei die natürlichen Instinkte des Tiers hemmen. Das ist bereits das dritte Mal, dass Ihr Euren Falken davon abgehalten habt zu töten. Und das hat nichts mit mangelndem Geschick zu tun … was also ist es dann, Lady Zara? Überempfindlichkeit?«
    Ich schüttle den Kopf. Wie soll ich es ihm erklären, wenn ich es selbst nicht verstehe? Die anderen Schüler haben sich in Hörweite versammelt und bilden einen Halbkreis aus Neugier und Schadenfreude. Sich daran zu ergötzen, wie der Tutor die hochnäsige Tochter des Erzmagiers tadelt, gehört zu ihren Lieblingsbeschäftigungen.
    Ich blicke zu dem über ihren Köpfen fliegenden Falken hinauf, der als anmutiger Schatten im Himmel kreist, und höre, wie die Taube in der Nähe nach einem Versteck scharrt.
    »Noch einmal.«
    Ich starre Aluid fassungslos an. Das kann nicht sein Ernst sein. Seinen Geist den fremden Pfaden des Gehirns eines Tieres anzupassen gehört zu den anstrengendsten Praktiken der Magie. Nachdem ich die Übung nun schon dreimal gemacht habe, schmerzt mein Kopf und ich fühle mich so ausgedörrt, als hätte ich gerade in der sengenden Mittagshitze denhöchsten Gipfel der Tornado-Berge erklommen. »N-Nein!«, stottere ich.
    »Ihr weigert Euch?« Aluid richtet sich zu seiner vollen Größe auf. Sein fahles, teigiges Gesicht färbt sich puterrot.
    »Bei allem Respekt, Tutor …«
    Ich fühle, wie er selbst die Führung über den Geist des Falken übernimmt und uns den Befehl erteilt, uns auf die Taube zu stürzen.
    Wäre ich zehn Jahre alt und untalentiert, käme es einer Demütigung gleich. Aber ein Geschöpf der Kontrolle einer sechzehnjährigen Meisterschülerin zu entreißen, ist ein unverzeihlicher Affront. Ungläubiges Lachen dringt an meine Ohren, als die anderen Schüler begreifen, was passiert ist. Der Tutor hat nicht bemerkt, dass ich den Falken noch nicht verlassen habe. Seine geistige Nähe ist so unerträglich, dass ich mit aller Kraft versuche, mein Bewusstsein zurückzuziehen.
    Ich stürze. Wir stürzen. Weiße, panisch flatternde Flügel, als die Taube abhebt. Zu spät. Schwerfällige, fette, warme Beute. Köstliches Blut. Zartes Fleisch.
    Aluids Aufmerksamkeit verlagert sich. Ich spüre, wie er in seiner Gier zu töten mit dem Falken verschmilzt, und habe endlich genügend Raum, um mich zu befreien und in meinen eigenen Körper zurückzuschlüpfen.
    Bilder stürmen auf mich ein: Erinnerungen an ein schreckliches Vergehen, an das Geheimnis, das ich schon so viele Jahre in meinem Herzen trage. Hilflose Wut, Hass, schmerzlicher Verlust – die Begleiter meiner Kindheit nehmen von mir Besitz, und einen entscheidenden Augenblick lang verliere ich die einzige Waffe, die ich habe: Selbstbeherrschung.Ich starre meinen Tutor mit zusammengekniffenen Augen an, blicke dabei jedoch in der Zeit zurück und sehe einen anderen Peiniger vor mir. Und dann hole ich aus und schlage ihnen beiden ins Gesicht.
    Der Falke kreischt auf. Aluids Blick wird wieder klar. Der befreite Raubvogel stößt einen triumphierenden Schrei aus, schwingt sich in die Lüfte und fliegt davon.
    Mein Tutor legt eine Hand auf den flammend roten Abdruck, den meine Hand auf seiner Wange hinterlassen hat. Seine Nasenflügel weiten sich, seine Lippen bilden eine zornige, dünne Linie. Ich sehe ihn entsetzt an, während der alte Albtraum langsam verblasst. Dass ich noch nicht im Staub liege und mich vor Schmerzen winde, ist einzig und allein der Tatsache zu verdanken, dass ich Benedicts Tochter bin. Das Gelächter verstummt. An seine Stelle tritt schockiertes Schweigen. Die anderen Schüler rücken dicht aneinandergedrängt näher. Ich spüre ihre Blicke, höre ihren vor Erwartung schneller gehenden Atem.
    Wie konnte ich nur so dumm sein? Mein Tutor hat mich gedemütigt, aber daran müsste ich gewöhnt sein. Aluid hat die Macht, mir weitaus größere Schmerzen zuzufügen als ich ihm. Aber wird er sie auch benutzen? Ich fürchte, ja. Mit jedem nur mühsam beherrschten Wort, das er hervorstößt, schnürt mein Magen sich enger zusammen.
    »Dieser Vogel war einhundertfünfzig Sesterzen wert.« Der Tutor zieht empört die Luft ein. »Bittet Euren Vater, Euch das Geld vorzustrecken. Aber zuerst berichtet Ihr ihm, dass Ihr gegen das dritte Gebot verstoßen habt. Ich werde Euch in den Palast begleiten.« Ein schmales,
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